Nach dem grandiosen Erfolg seines Bestsellers »Der Turm« führt Uwe Tellkamp uns erneut in seine Heimatstadt Dresden. Auf den Stationen dieser Reise wartet eine Fülle von Geschichten, die sich zu einer einzigartigen Erzählung der Stadt zusammenfügen: Wir begegnen der Klavierlehrerin Adolzaide und dem Vorsitzenden der Quittengesellschaft, hören Gesprächen über die Frauenkirche, Dresdner Maler und Architektur zu. Wir lernen Q. kennen, die in der Bunten Republik Neustadt lebt, Brombeeren und die Zahl 19 liebt. Dresden ist ein Stück Italien, und eine Laufmaschenreparatur ist in Wahrheit eine Filiale des Amts zur Wiederherstellung der Schönheit … Die Schwebebahn wird zum Bild des Lebens in seiner sinnlichen Vielfalt, poetisch und humorbegabt. Mit den »Aufzeichnungen eines Rüsselkäfers«.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.01.2011Eine hohe Schule des Sehens
Uwe Tellkamps neues Buch "Die Schwebebahn" spielt wie "Der Turm" in Dresden. Dem Flaneur wird die Stadt dabei zum Medium der Erinnerung - auch an die eigene Kindheit.
Geht man im Winter durch Dresden, wird man nicht immer bester Dinge sein: Die Straßen sind breit, die Wege lang und die Abstände zwischen den Häusern meist so groß, so dass Wind und Kälte wie in der Landschaft zu spüren sind. Für Uwe Tellkamp, der 1968 in Dresden geboren wurde, hier aufwuchs und nach Studien- und Berufsjahren in Leipzig, New York und München 2004 in seine Heimatstadt zurückkehrte, ist die Weite kein Problem. Er liebt die Stadt als Spaziergänger gerade im Winter. "Das Dresden meines Temperaturgedächtnisses", so lautet der erste Satz des neuen Buches, "ist eine Winterstadt voller Fernwärmerohre und Heizungen, von deren Rippen die Farbe abgeplatzt war."
Dass der Autor der "Dresdner Erkundungen" trotz aller Begeisterung für seine Stadt keine touristischen Zwecke verfolgt, wird beim Weiterlesen schnell deutlich. Erinnerung ist das Verfahren, mit dem sich Tellkamp die städtischen Orte aneignet, auch wenn topographische Hinweise vielfach den Ausgangspunkt bilden: "Für den Jungen, der ich war, gab es kaum einen anziehenderen Ort als den Dachboden der Oskar-Pletzsch-Straße 11, Weißer Hirsch, das zweite Haus, nach einem Johannstädter Plattenbau, das auf mich den Eindruck einer Persönlichkeit machte. Wenn die Winde schnauften und das Schneegestöber weiße Mauern um den Elbhang wachsen ließ, knarrten die Dachbalken, als gehörten sie zur ,Hispaniola', dem Schatzinselsegler".
Tellkamp schlägt in diesem zweiten Absatz eine Brücke zu seinem 2008 erschienenen Erfolgsroman "Der Turm", in dem er das Leben des Dresdner Bildungsbürgertums über den Elbhängen in den letzten Jahren der DDR beschreibt. Während die Hauptfigur zu Beginn des Romans mit der Standseilbahn zum Haus der Eltern hinauffährt und sich damit von der Stadt entfernt, nimmt Tellkamp nun die nahe gelegene Schwebebahn zum Titel. Auch dies ist mit Bedacht gewählt. Denn der Aussichtspunkt, zu dem die Bahn führt, ist der Stadt zugewandt und hat mit den Lebensbedingungen des "Turm" nur wenig zu tun. So ist Tellkamps neues Buch keine Fortsetzung des vorausgehenden, sondern bietet einen neuen Blick auf die räumlichen Konstellationen seiner Lebensgeschichte.
Erzähltechnisch knüpft der Autor an seinen zweiten Roman "Der Schlaf aus den Uhren" an. Von ihm ist nur jener Auszug veröffentlicht, für den er 2004 den Klagenfurter Ingeborg-Bachmann-Preis bekommen hat. Auch hier gibt es keine episch konstituierte Handlung, wie in den anderen Romanen, dem Erstlingswerk "Der Hecht, die Träume und das Portugiesische Café" (2000) sowie dem "Eisvogel" (2005). Vergegenwärtigt werden vielmehr fragmentierte Erinnerungen, die der Ich-Erzähler mit Häusern, Plätzen oder Inschriften bei einer Straßenbahnfahrt durch Dresden verbindet (abgedruckt in "Die Besten - Klagenfurter Texte 2004").
Dennoch ist die "Schwebebahn" keine Wiederaufnahme des unveröffentlichten Romans. Zwar tauchen schon im Klagenfurter Text Ortsteile, Ereignisse und Produktnamen auf, denen man auch in der "Schwebebahn" begegnet, doch geht es hier ruhiger zu, da der Erzähler in erster Linie als Spaziergänger unterwegs ist und sich für Orte und Erinnerungen Zeit nimmt. Beschreibungen, die dem ortsunkundigen Leser Orientierung bieten, liefert das Buch allerdings selten, denn der Autor interessiert sich vor allem für solche Phänomene, denen kein anderer Beachtung schenkte oder die es nicht mehr gibt, weil sie nach der Wende von 1989 verschwunden sind: Häuser wie das Lazarett der Roten Armee, Industrieprodukte wie die Schuhcreme "Eg-Gü" oder das Artikulations- und Bewegungsspiel "Frau Ludwigs Trabant", das der Vater zur Freude des Sohnes vorführt.
Tellkamp zeigt also ein ausgeprägtes Interesse für das "Jüngstvergangene" und den "Abfall" der Kultur, das Walter Benjamin in einem 1929 veröffentlichten Essay als Grundimpuls des Surrealismus identifiziert hat: "Er zuerst stieß auf die revolutionären Energien, die im ,Veralteten' erscheinen, in den ersten Eisenkonstruktionen, den ersten Fabrikgebäuden, den frühesten Photos, den Gegenständen, die anfangen auszusterben."
Tellkamp folgt der Idee. Er ist fasziniert von ungewöhnlichen Dienstleistungen, Waren und Industriebauten, zu denen nicht zuletzt die Schwebebahn gehört.
Aber auch weniger attraktive Gebäude werden eingehend charakterisiert: "Die Fleischfabrik: eine gemauerte Schnecke. Eisenrippen unter roher Ziegelverkleidung, dem Schwung der Fabrikstraße folgende Fassaden, die mit Holz verschalte Glaskuppel, früher zu Reklamezwecken beleuchtet." Sieht man von Martin Mosebachs Roman "Westend" ab, gibt es in der neueren deutschen Literatur kein anderes Werk, in dem ein Autor so viel Gespür für Architekturformen zeigt und deren Eigenheiten in Sprache zu bringen vermag. Deshalb ist Tellkamps "Schwebebahn" nicht nur ein surrealistisches Buch über seine Heimatstadt, sondern zugleich eine hohe Schule des Sehens jenseits der Bilder, die Reiseführer und repräsentative Werke zu bieten haben.
Der assoziative Umgang mit der sichtbaren Wirklichkeit und die Aufwertung vernachlässigter Kulturphänomene sind nicht die einzigen Darstellungsweisen, die Tellkamps Buch zu einem legitimen Nachfolger des Surrealismus werden lassen. Wie André Bretons "Nadja" und Louis Aragons "Le paysan de Paris", mit denen die surrealistische Bewegung ein größeres Publikum fand, enthält auch Tellkamps Buch realistische Fotografien, die nicht in einem illustrativen Zusammenhang mit dem Text stehen, sondern eigene Aussagekraft entfalten. Es handelt sich um Aufnahmen von Werner Lieberknecht, die in fünfundzwanzig Jahren entstanden sind.
Auch die Idee des Flaneurs, dem die Stadt zur Landschaft und zum Medium der Erinnerung an die Kindheit wird, hat Tellkamp von den Surrealisten übernommen. Benjamin verdeutlicht das Verfahren in einer Rezension zu Franz Hessels Buch "Spazieren in Berlin", aus dem auch Tellkamp gelernt haben dürfte: "Als Einheimischer zum Bild einer Stadt zu kommen, erfordert andere, tiefere Motive. Motive dessen, der ins Vergangene statt in die Ferne reist, . . . ein Echo von dem, was die Stadt dem Kinde von früh auf erzählte." Der Flaneur werde damit zum "Priester des genius loci", eine Rolle, in die auch Tellkamp geschlüpft ist.
Dennoch geht die literarische Verfahrensweise der "Schwebebahn" in einer Poetik des surrealistischen Romans nicht auf. Der Autor historisiert vielmehr seine Wahrnehmungen, indem er die dreiunddreißig Kapitel teils unmerklich, teil durch konkrete Angaben auf seine Biographie bezieht. Das Buch beginnt mit den Erinnerungen eines Jungen "von zehn oder elf Jahren" um 1978/79 und endet nach mehr als dreißig Jahren in der unmittelbaren Gegenwart kurz vor Abschluss des Buches mit Aussagen über die Zukunft: "Es wird zurückkehren, das Geräusch der ,Hispaniola', nachts, wenn im Dachbodenschatten Flints Mannschaft lauscht, doch das Haus ruhig ist und die Positionslampe im Dachfirst allmählich in die Koordinaten des Polarsterns rückt."
Aus Gaston Bachelards "Poetik des Raumes" weiß man, dass Aufenthalte des Kindes auf dem Dachboden zu den "Bildern des glücklichen Raumes" gehören; Tellkamps "Schwebebahn" lässt deutlich werden, dass solche Bilder auch durch eine Winterstadt hervorgerufen werden können - und dies vielleicht ein Leben lang.
DETLEV SCHÖTTKER
Uwe Tellkamp: "Die Schwebebahn". Dresdner Erkundungen.
Mit Fotografien von Werner Lieberknecht. Insel Verlag, Berlin 2010. 177 S., geb., 19,90 [Euro]
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Uwe Tellkamps neues Buch "Die Schwebebahn" spielt wie "Der Turm" in Dresden. Dem Flaneur wird die Stadt dabei zum Medium der Erinnerung - auch an die eigene Kindheit.
Geht man im Winter durch Dresden, wird man nicht immer bester Dinge sein: Die Straßen sind breit, die Wege lang und die Abstände zwischen den Häusern meist so groß, so dass Wind und Kälte wie in der Landschaft zu spüren sind. Für Uwe Tellkamp, der 1968 in Dresden geboren wurde, hier aufwuchs und nach Studien- und Berufsjahren in Leipzig, New York und München 2004 in seine Heimatstadt zurückkehrte, ist die Weite kein Problem. Er liebt die Stadt als Spaziergänger gerade im Winter. "Das Dresden meines Temperaturgedächtnisses", so lautet der erste Satz des neuen Buches, "ist eine Winterstadt voller Fernwärmerohre und Heizungen, von deren Rippen die Farbe abgeplatzt war."
Dass der Autor der "Dresdner Erkundungen" trotz aller Begeisterung für seine Stadt keine touristischen Zwecke verfolgt, wird beim Weiterlesen schnell deutlich. Erinnerung ist das Verfahren, mit dem sich Tellkamp die städtischen Orte aneignet, auch wenn topographische Hinweise vielfach den Ausgangspunkt bilden: "Für den Jungen, der ich war, gab es kaum einen anziehenderen Ort als den Dachboden der Oskar-Pletzsch-Straße 11, Weißer Hirsch, das zweite Haus, nach einem Johannstädter Plattenbau, das auf mich den Eindruck einer Persönlichkeit machte. Wenn die Winde schnauften und das Schneegestöber weiße Mauern um den Elbhang wachsen ließ, knarrten die Dachbalken, als gehörten sie zur ,Hispaniola', dem Schatzinselsegler".
Tellkamp schlägt in diesem zweiten Absatz eine Brücke zu seinem 2008 erschienenen Erfolgsroman "Der Turm", in dem er das Leben des Dresdner Bildungsbürgertums über den Elbhängen in den letzten Jahren der DDR beschreibt. Während die Hauptfigur zu Beginn des Romans mit der Standseilbahn zum Haus der Eltern hinauffährt und sich damit von der Stadt entfernt, nimmt Tellkamp nun die nahe gelegene Schwebebahn zum Titel. Auch dies ist mit Bedacht gewählt. Denn der Aussichtspunkt, zu dem die Bahn führt, ist der Stadt zugewandt und hat mit den Lebensbedingungen des "Turm" nur wenig zu tun. So ist Tellkamps neues Buch keine Fortsetzung des vorausgehenden, sondern bietet einen neuen Blick auf die räumlichen Konstellationen seiner Lebensgeschichte.
Erzähltechnisch knüpft der Autor an seinen zweiten Roman "Der Schlaf aus den Uhren" an. Von ihm ist nur jener Auszug veröffentlicht, für den er 2004 den Klagenfurter Ingeborg-Bachmann-Preis bekommen hat. Auch hier gibt es keine episch konstituierte Handlung, wie in den anderen Romanen, dem Erstlingswerk "Der Hecht, die Träume und das Portugiesische Café" (2000) sowie dem "Eisvogel" (2005). Vergegenwärtigt werden vielmehr fragmentierte Erinnerungen, die der Ich-Erzähler mit Häusern, Plätzen oder Inschriften bei einer Straßenbahnfahrt durch Dresden verbindet (abgedruckt in "Die Besten - Klagenfurter Texte 2004").
Dennoch ist die "Schwebebahn" keine Wiederaufnahme des unveröffentlichten Romans. Zwar tauchen schon im Klagenfurter Text Ortsteile, Ereignisse und Produktnamen auf, denen man auch in der "Schwebebahn" begegnet, doch geht es hier ruhiger zu, da der Erzähler in erster Linie als Spaziergänger unterwegs ist und sich für Orte und Erinnerungen Zeit nimmt. Beschreibungen, die dem ortsunkundigen Leser Orientierung bieten, liefert das Buch allerdings selten, denn der Autor interessiert sich vor allem für solche Phänomene, denen kein anderer Beachtung schenkte oder die es nicht mehr gibt, weil sie nach der Wende von 1989 verschwunden sind: Häuser wie das Lazarett der Roten Armee, Industrieprodukte wie die Schuhcreme "Eg-Gü" oder das Artikulations- und Bewegungsspiel "Frau Ludwigs Trabant", das der Vater zur Freude des Sohnes vorführt.
Tellkamp zeigt also ein ausgeprägtes Interesse für das "Jüngstvergangene" und den "Abfall" der Kultur, das Walter Benjamin in einem 1929 veröffentlichten Essay als Grundimpuls des Surrealismus identifiziert hat: "Er zuerst stieß auf die revolutionären Energien, die im ,Veralteten' erscheinen, in den ersten Eisenkonstruktionen, den ersten Fabrikgebäuden, den frühesten Photos, den Gegenständen, die anfangen auszusterben."
Tellkamp folgt der Idee. Er ist fasziniert von ungewöhnlichen Dienstleistungen, Waren und Industriebauten, zu denen nicht zuletzt die Schwebebahn gehört.
Aber auch weniger attraktive Gebäude werden eingehend charakterisiert: "Die Fleischfabrik: eine gemauerte Schnecke. Eisenrippen unter roher Ziegelverkleidung, dem Schwung der Fabrikstraße folgende Fassaden, die mit Holz verschalte Glaskuppel, früher zu Reklamezwecken beleuchtet." Sieht man von Martin Mosebachs Roman "Westend" ab, gibt es in der neueren deutschen Literatur kein anderes Werk, in dem ein Autor so viel Gespür für Architekturformen zeigt und deren Eigenheiten in Sprache zu bringen vermag. Deshalb ist Tellkamps "Schwebebahn" nicht nur ein surrealistisches Buch über seine Heimatstadt, sondern zugleich eine hohe Schule des Sehens jenseits der Bilder, die Reiseführer und repräsentative Werke zu bieten haben.
Der assoziative Umgang mit der sichtbaren Wirklichkeit und die Aufwertung vernachlässigter Kulturphänomene sind nicht die einzigen Darstellungsweisen, die Tellkamps Buch zu einem legitimen Nachfolger des Surrealismus werden lassen. Wie André Bretons "Nadja" und Louis Aragons "Le paysan de Paris", mit denen die surrealistische Bewegung ein größeres Publikum fand, enthält auch Tellkamps Buch realistische Fotografien, die nicht in einem illustrativen Zusammenhang mit dem Text stehen, sondern eigene Aussagekraft entfalten. Es handelt sich um Aufnahmen von Werner Lieberknecht, die in fünfundzwanzig Jahren entstanden sind.
Auch die Idee des Flaneurs, dem die Stadt zur Landschaft und zum Medium der Erinnerung an die Kindheit wird, hat Tellkamp von den Surrealisten übernommen. Benjamin verdeutlicht das Verfahren in einer Rezension zu Franz Hessels Buch "Spazieren in Berlin", aus dem auch Tellkamp gelernt haben dürfte: "Als Einheimischer zum Bild einer Stadt zu kommen, erfordert andere, tiefere Motive. Motive dessen, der ins Vergangene statt in die Ferne reist, . . . ein Echo von dem, was die Stadt dem Kinde von früh auf erzählte." Der Flaneur werde damit zum "Priester des genius loci", eine Rolle, in die auch Tellkamp geschlüpft ist.
Dennoch geht die literarische Verfahrensweise der "Schwebebahn" in einer Poetik des surrealistischen Romans nicht auf. Der Autor historisiert vielmehr seine Wahrnehmungen, indem er die dreiunddreißig Kapitel teils unmerklich, teil durch konkrete Angaben auf seine Biographie bezieht. Das Buch beginnt mit den Erinnerungen eines Jungen "von zehn oder elf Jahren" um 1978/79 und endet nach mehr als dreißig Jahren in der unmittelbaren Gegenwart kurz vor Abschluss des Buches mit Aussagen über die Zukunft: "Es wird zurückkehren, das Geräusch der ,Hispaniola', nachts, wenn im Dachbodenschatten Flints Mannschaft lauscht, doch das Haus ruhig ist und die Positionslampe im Dachfirst allmählich in die Koordinaten des Polarsterns rückt."
Aus Gaston Bachelards "Poetik des Raumes" weiß man, dass Aufenthalte des Kindes auf dem Dachboden zu den "Bildern des glücklichen Raumes" gehören; Tellkamps "Schwebebahn" lässt deutlich werden, dass solche Bilder auch durch eine Winterstadt hervorgerufen werden können - und dies vielleicht ein Leben lang.
DETLEV SCHÖTTKER
Uwe Tellkamp: "Die Schwebebahn". Dresdner Erkundungen.
Mit Fotografien von Werner Lieberknecht. Insel Verlag, Berlin 2010. 177 S., geb., 19,90 [Euro]
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.01.2011Stadt und Stil
Uwe Tellkamp erkundet in „Die Schwebebahn“ seine Heimat Dresden und kehrt an die versunkenen Orte seiner Kindheit zurück
Schwärmen – das ist im Deutschen ein seltsames Wort mit einem tief gestaffelten Echoraum. Er verbindet eine physische Bewegungsform, die uns an Bienen denken lässt, und eine seelische Bewegung, die uns an fiebrig erhöhte Geistestemperaturen denken lässt. Und wenn die physische Bewegung sich zum Schwarm formiert, dann muss nur die Substantiv-Schwester Schwärmerei hinzukommen – und schon kann es sein, dass der Bienenplural davonfliegt und nur eine einzige Biene – allenfalls vom Adjektiv „kess“ begleitet – als Schwarm zurückbleibt.
Der Schriftsteller Uwe Tellkamp, 1968 in Dresden geboren, hat mit seinem Roman „Der Turm“ (2008) ein großes Publikum gefunden. Er hat darin von einer Welt erzählt, von der viele nicht wussten, dass es sie überhaupt gab, von einer bürgerlichen Lebenswelt an den Elbhängen seiner Heimatstadt, die, obwohl unzweifelhaft eingebettet in den bröckelnden Sozialismus der späten DDR, zugleich im Abseits angesiedelt zu sein schien.
Zu dieser Welt führte eine Standseilbahn hinauf. Doch gewann sie ihre Strahlkraft nicht lediglich aus ihrer Position der abgelegenen Höhe, sondern vor allem aus dem Stil, in dem der Autor von ihr erzählte. Dieser Stil liebte die exzentrischen Wortungetüme und bizarren Namen, und er liebte das Dickicht schlingpflanzenhaft wuchernder Sätze. Er durchtränkte den Stoff – den eines bürgerlichen Familienromans – statt mit der Ironie, für die dieses Genre von Fontane bis Thomas Mann berühmt war, mit dem Geist der Schwärmerei. Nicht mit der leichthin flatternden Variante freilich, sondern mit der erhöhten Temperatur des ernsten, leidenschaftlichen Enthusiasmus, der in den älteren Regionen des Wortes Schwärmerei nistet, dort, wo die Geisterseher mit dem zweiten Gesicht wohnen. Jetzt hat Uwe Tellkamp dem Enthusiasmus für seine Heimatstadt, der schon am „Turm“ mitschrieb, unmittelbar auf sein Dresden treffen lassen, ohne die Zwischenschicht der Romanform. Das Buch, das daraus hervorging, heißt „Die Schwebebahn. Dresdner Erkundungen“. Es gibt diese Schwebebahn, und man kann von ihr aus die Stadt betrachten. Aber nichts liegt diesem Buch ferner als der panoramatische Blick von einem sich gemächlich bewegenden Punkt aus. Und auch der nach Stadtführer klingende Untertitel ist Maskerade.
Schon der erste Satz lässt keinen Zweifel daran, dass hier die sichtbare Stadt nur die transparente Oberfläche des mythischen Dresden ist , in dem sich alle Vorzeiten versammeln: „Das Dresden meines Temperaturgedächtnisses ist eine Winterstadt voller Fernwärmerohre und Heizungen, von deren Rippen die Farbe abgeplatzt war ; oft lag ich, ein Junge von zehn oder elf Jahren, nachts wach und lauschten den Flüsterstimmen der Gespenster, die in der Braunkohle wohnten und durch die Überredungskünste von Riesaer Sicherheitszündhölzern und Flammat-Kohleanzünder (weiß, hartseifig – oder braun und zäh wie ,Plombenzieher‘-Toffeebonbons ) aus ihren tertiären Schlafstätten gelockt wurden.“
Hier erkundet ein Autor, der die vierzig überschritten hat, die Stätten seiner Jugend, nimmt den Leser mit auf eine Tour, die das Dresden der Gegenwart samt wiedererrichteter Frauenkirche und neu gestaltetem Albertinum mit dem erinnerten Dresden der 1980er und 1990er Jahre verbindet, mit den Markennamen und den Schauplätzen der Kindheit, dem Friseursalon Harand, dem Kosmetiksalon Nofretete, der Laufmaschinen-Reparatur, dem Zigarren-Ziegenbalk etc.
Eine auf die Kuriosa spezialisierte Naturgeschichte der Dinge in der DDR tut sich auf, sie verbindet sich mit der Archäologie verschollener oder verwaister Industrieanlagen und einer aus der privaten Perspektiver erzählten Zeitgeschichte von den Schulhöfen der 1970er Jahre bis zur „Villa Maria“ der oppositionellen Bohème der 1980er Jahre und der Revolutionierung des Alltagslebens nach 1989/90. Einmal tritt, in den Erinnerungen der Älteren im Friseursalon, der General Paulus auf, der nach dem Krieg in Dresden lebte. Er beleuchtet blitzartig, was aus vielen Passagen hervorgeht: dass in einer Stadt, die so zerstört wurde wie Dresden, die Nachkriegszeit sich dehnt.
Aber was immer dieses Buch erzählt, es ist vor allem der Versuch des Autors, die Stadt seiner Herkunft, die Stadt, die er liebt, mit aller Kraft, die ihm zu Gebote steht (und das ist nicht wenig), in den eigenen Individualstil zu bannen. Eine der Quellen dieses Stils ist die barocke Wunderkammer, eines seiner Paradestücke die Schilderung eines Besuchs im Grünen Gewölbe: „Ich sah Todesarten, in Anspruch genommen für nekromantische Gastmähler. Blutrote Korallen entsprossen, flackernd asymmetrisch, ansteckend wie Windpocken, dem Kopf und der kühlen Ruhe Daphnes.“
Zwei Gefahren drohen dem Stil dieses Autors: dass er sich an sich selbst berauscht, bis ihm die Welt, die er verwandeln will, abhanden kommt; und dass ihm die intellektuelle Schaumkrone, die er sich am Scheitelpunkt seiner in Adjektivballungen und Partizipialkonstruktionen daherrauschenden Satzwogen gern aufsetzt, auf unfreiwillig komische Weise verrutscht: „manchmal darf Ironie ihre juckende Schulter am Keilerstamm der Vorurteile scheuern“.
Für die Herkulanerinnen in der Antikensammlung wie überhaupt für die Welt Winckelmanns, auf die sich die Kulturpolitik der DDR berief, hat Tellkamp nur einen spöttischen Seitenblick übrig. Doch in manchen Passagen rächt sich die allzu gründliche Austreibung des Klassizismus. Dann erstarrt der Periodenbau in seltsam ungelenken Posen und muss sich erschöpft an ein Semikolon anlehnen, bis sich die Glieder wieder lockern : „Obwohl ich die Schwarmgeister zur Besinnung mahne und im Flachflug über der Realität zu halten versuche, indem ich mich an das Kinderheim in der Chopinstraße erinnere, bricht der Schock, wenn sie, die ich Quichotte nannte, inmitten ihrer Freundinnen den Schulhof betrat und sich ringsum, als wären sie Magnetwesen mit dem abstoßenden Pol hin zu ihren Mitlebenden, sofort Platz bildete, eine Zone des Verstummens im Schülergequassel, eine Aura der Unerreichbarkeit, bricht dieser Moment, der immense und abrupte Bann, den die Frauen (sie waren keine ,Mädchen‘) erzeugten, mit der Kraft einer Staudammsprengung wieder auf, jenes Bersten einer bis dahin unbekannt gebliebenen Verkrustung, die nur der Schulsport oder eine der üblichen Mutproben ahnungsweise bedrängt hatte;“
Grammatisch geht das – nach zweimaliger Lektüre – auf; stilistisch nicht. Es steckt ein Element von Panik in der ostentativen Sprachlust und Sprachgewalt dieses Autors, die Angst, sich eine Metapher, eine kühne Analogie, einen Sprung vom Höchstmodernen ins Chthonische entgehen zu lassen. Diese Panik gefährdet den Stil Tellkamps. Er braucht in sich das andere Ufer der wogenden Perioden, Sätze wie diesen: „Die Elbe wirkte leicht, die Häuser schwammen davon.“ Die Fotografien von Werner Lieberknecht, über zwanzig Jahre hinweg entstanden, tragen dazu bei, dass Tellkamps Dresden dem Autor – und seinem Leser – nicht davonschwimmt.
LOTHAR MÜLLER
UWE TELLKAMP: Die Schwebebahn. Dresdner Erkundungen. Mit Fotografien von Werner Lieberknecht. Insel Verlag, Berlin 2010. 167 Seiten, 19,90 Euro.
„Das Dresden meines
Temperaturgedächtnisses
ist eine Winterstadt“
„Ich sah Todesarten, in
Anspruch genommen
für nekromantische Gastmähler“
„Das Land driftete, gegen die kontinentale Geographie durch eine Betonmauer abgedichtet. Der Elbhang war ein Pflanzenkorb, vergiftet vom Fluß, der schwarzen Aorta der Stadt.“ Fotografien von Werner Lieberknecht begleiten Uwe Tellkamps „Dresdner Erkundungen“, hier: Blick von der Kunsthochschule, 1991.
Foto: Lieberknecht, Insel Verlag
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Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Uwe Tellkamp erkundet in „Die Schwebebahn“ seine Heimat Dresden und kehrt an die versunkenen Orte seiner Kindheit zurück
Schwärmen – das ist im Deutschen ein seltsames Wort mit einem tief gestaffelten Echoraum. Er verbindet eine physische Bewegungsform, die uns an Bienen denken lässt, und eine seelische Bewegung, die uns an fiebrig erhöhte Geistestemperaturen denken lässt. Und wenn die physische Bewegung sich zum Schwarm formiert, dann muss nur die Substantiv-Schwester Schwärmerei hinzukommen – und schon kann es sein, dass der Bienenplural davonfliegt und nur eine einzige Biene – allenfalls vom Adjektiv „kess“ begleitet – als Schwarm zurückbleibt.
Der Schriftsteller Uwe Tellkamp, 1968 in Dresden geboren, hat mit seinem Roman „Der Turm“ (2008) ein großes Publikum gefunden. Er hat darin von einer Welt erzählt, von der viele nicht wussten, dass es sie überhaupt gab, von einer bürgerlichen Lebenswelt an den Elbhängen seiner Heimatstadt, die, obwohl unzweifelhaft eingebettet in den bröckelnden Sozialismus der späten DDR, zugleich im Abseits angesiedelt zu sein schien.
Zu dieser Welt führte eine Standseilbahn hinauf. Doch gewann sie ihre Strahlkraft nicht lediglich aus ihrer Position der abgelegenen Höhe, sondern vor allem aus dem Stil, in dem der Autor von ihr erzählte. Dieser Stil liebte die exzentrischen Wortungetüme und bizarren Namen, und er liebte das Dickicht schlingpflanzenhaft wuchernder Sätze. Er durchtränkte den Stoff – den eines bürgerlichen Familienromans – statt mit der Ironie, für die dieses Genre von Fontane bis Thomas Mann berühmt war, mit dem Geist der Schwärmerei. Nicht mit der leichthin flatternden Variante freilich, sondern mit der erhöhten Temperatur des ernsten, leidenschaftlichen Enthusiasmus, der in den älteren Regionen des Wortes Schwärmerei nistet, dort, wo die Geisterseher mit dem zweiten Gesicht wohnen. Jetzt hat Uwe Tellkamp dem Enthusiasmus für seine Heimatstadt, der schon am „Turm“ mitschrieb, unmittelbar auf sein Dresden treffen lassen, ohne die Zwischenschicht der Romanform. Das Buch, das daraus hervorging, heißt „Die Schwebebahn. Dresdner Erkundungen“. Es gibt diese Schwebebahn, und man kann von ihr aus die Stadt betrachten. Aber nichts liegt diesem Buch ferner als der panoramatische Blick von einem sich gemächlich bewegenden Punkt aus. Und auch der nach Stadtführer klingende Untertitel ist Maskerade.
Schon der erste Satz lässt keinen Zweifel daran, dass hier die sichtbare Stadt nur die transparente Oberfläche des mythischen Dresden ist , in dem sich alle Vorzeiten versammeln: „Das Dresden meines Temperaturgedächtnisses ist eine Winterstadt voller Fernwärmerohre und Heizungen, von deren Rippen die Farbe abgeplatzt war ; oft lag ich, ein Junge von zehn oder elf Jahren, nachts wach und lauschten den Flüsterstimmen der Gespenster, die in der Braunkohle wohnten und durch die Überredungskünste von Riesaer Sicherheitszündhölzern und Flammat-Kohleanzünder (weiß, hartseifig – oder braun und zäh wie ,Plombenzieher‘-Toffeebonbons ) aus ihren tertiären Schlafstätten gelockt wurden.“
Hier erkundet ein Autor, der die vierzig überschritten hat, die Stätten seiner Jugend, nimmt den Leser mit auf eine Tour, die das Dresden der Gegenwart samt wiedererrichteter Frauenkirche und neu gestaltetem Albertinum mit dem erinnerten Dresden der 1980er und 1990er Jahre verbindet, mit den Markennamen und den Schauplätzen der Kindheit, dem Friseursalon Harand, dem Kosmetiksalon Nofretete, der Laufmaschinen-Reparatur, dem Zigarren-Ziegenbalk etc.
Eine auf die Kuriosa spezialisierte Naturgeschichte der Dinge in der DDR tut sich auf, sie verbindet sich mit der Archäologie verschollener oder verwaister Industrieanlagen und einer aus der privaten Perspektiver erzählten Zeitgeschichte von den Schulhöfen der 1970er Jahre bis zur „Villa Maria“ der oppositionellen Bohème der 1980er Jahre und der Revolutionierung des Alltagslebens nach 1989/90. Einmal tritt, in den Erinnerungen der Älteren im Friseursalon, der General Paulus auf, der nach dem Krieg in Dresden lebte. Er beleuchtet blitzartig, was aus vielen Passagen hervorgeht: dass in einer Stadt, die so zerstört wurde wie Dresden, die Nachkriegszeit sich dehnt.
Aber was immer dieses Buch erzählt, es ist vor allem der Versuch des Autors, die Stadt seiner Herkunft, die Stadt, die er liebt, mit aller Kraft, die ihm zu Gebote steht (und das ist nicht wenig), in den eigenen Individualstil zu bannen. Eine der Quellen dieses Stils ist die barocke Wunderkammer, eines seiner Paradestücke die Schilderung eines Besuchs im Grünen Gewölbe: „Ich sah Todesarten, in Anspruch genommen für nekromantische Gastmähler. Blutrote Korallen entsprossen, flackernd asymmetrisch, ansteckend wie Windpocken, dem Kopf und der kühlen Ruhe Daphnes.“
Zwei Gefahren drohen dem Stil dieses Autors: dass er sich an sich selbst berauscht, bis ihm die Welt, die er verwandeln will, abhanden kommt; und dass ihm die intellektuelle Schaumkrone, die er sich am Scheitelpunkt seiner in Adjektivballungen und Partizipialkonstruktionen daherrauschenden Satzwogen gern aufsetzt, auf unfreiwillig komische Weise verrutscht: „manchmal darf Ironie ihre juckende Schulter am Keilerstamm der Vorurteile scheuern“.
Für die Herkulanerinnen in der Antikensammlung wie überhaupt für die Welt Winckelmanns, auf die sich die Kulturpolitik der DDR berief, hat Tellkamp nur einen spöttischen Seitenblick übrig. Doch in manchen Passagen rächt sich die allzu gründliche Austreibung des Klassizismus. Dann erstarrt der Periodenbau in seltsam ungelenken Posen und muss sich erschöpft an ein Semikolon anlehnen, bis sich die Glieder wieder lockern : „Obwohl ich die Schwarmgeister zur Besinnung mahne und im Flachflug über der Realität zu halten versuche, indem ich mich an das Kinderheim in der Chopinstraße erinnere, bricht der Schock, wenn sie, die ich Quichotte nannte, inmitten ihrer Freundinnen den Schulhof betrat und sich ringsum, als wären sie Magnetwesen mit dem abstoßenden Pol hin zu ihren Mitlebenden, sofort Platz bildete, eine Zone des Verstummens im Schülergequassel, eine Aura der Unerreichbarkeit, bricht dieser Moment, der immense und abrupte Bann, den die Frauen (sie waren keine ,Mädchen‘) erzeugten, mit der Kraft einer Staudammsprengung wieder auf, jenes Bersten einer bis dahin unbekannt gebliebenen Verkrustung, die nur der Schulsport oder eine der üblichen Mutproben ahnungsweise bedrängt hatte;“
Grammatisch geht das – nach zweimaliger Lektüre – auf; stilistisch nicht. Es steckt ein Element von Panik in der ostentativen Sprachlust und Sprachgewalt dieses Autors, die Angst, sich eine Metapher, eine kühne Analogie, einen Sprung vom Höchstmodernen ins Chthonische entgehen zu lassen. Diese Panik gefährdet den Stil Tellkamps. Er braucht in sich das andere Ufer der wogenden Perioden, Sätze wie diesen: „Die Elbe wirkte leicht, die Häuser schwammen davon.“ Die Fotografien von Werner Lieberknecht, über zwanzig Jahre hinweg entstanden, tragen dazu bei, dass Tellkamps Dresden dem Autor – und seinem Leser – nicht davonschwimmt.
LOTHAR MÜLLER
UWE TELLKAMP: Die Schwebebahn. Dresdner Erkundungen. Mit Fotografien von Werner Lieberknecht. Insel Verlag, Berlin 2010. 167 Seiten, 19,90 Euro.
„Das Dresden meines
Temperaturgedächtnisses
ist eine Winterstadt“
„Ich sah Todesarten, in
Anspruch genommen
für nekromantische Gastmähler“
„Das Land driftete, gegen die kontinentale Geographie durch eine Betonmauer abgedichtet. Der Elbhang war ein Pflanzenkorb, vergiftet vom Fluß, der schwarzen Aorta der Stadt.“ Fotografien von Werner Lieberknecht begleiten Uwe Tellkamps „Dresdner Erkundungen“, hier: Blick von der Kunsthochschule, 1991.
Foto: Lieberknecht, Insel Verlag
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Dies jüngste Buch Uwe Tellkamps schließt einerseits an seinen großen "Turm"-Roman an: die real existierende Schwebebahn, die im Zentrum steht, kam darin auch schon vor. Allerdings ist dies nun kein fiktionaler Text. Die Ambitionen des Großwerks jedoch seien auch hier, wie Lothar Müller betont, in jedem Satz spürbar. Er steht ihnen in dieser Rezension, die vor allem eine Analyse der Tellkamp-Rhetorik ist, mit deutlicher Ambivalenz gegenüber. Keineswegs will der Rezensent, wie andernorts schon geschehen, den Stilwillen des Verfassers in Bausch und Bogen verdammen. Dennoch führt er am Detail durchaus vor, wie die Tellkampschen Sätze hier und da über die Klinge springen und auf dem Gebiet des unfreiwillig Komischen landen. "Sprachlust" und "Sprachgewalt" erweisen sich so mal als Fluch, mal als Segen, eindeutig positiv aber urteilt Müller über Werner Lieberknechts Fotografien, die dem Text beigesellt sind.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
»Man könnte den Verdacht haben, Uwe Tellkamp habe nun das Skizzenbuch zu seinem Roman Der Turm veröffentlicht. Die Schwebebahn ist aber ganz sicher kein Roman, wie es Der Turm war. Ein Reiseführer könnte es sein, ... um mit dem Autor Uwe Tellkamp durch die Zeit zu reisen, durch Erinnernungen, Gedanken.« Vorarlberger Nachrichten 20101231
»Ein Dresden-Mosaik, dicht erzählt, aus lauter oft ulkigen, kuriosen Nebensächlichkeiten zusammengesetzt, ein sprachliches Meisterwerk.«