Der Dönermann und die Badeschlappenschönheit, die gesammelten Ratschläge befreundeter Damen und die Traurigkeit des Kleingedruckten: In den poetischen Welterkundungen von Politycki wird gesagt, besungen und beschimpft, worauf es wirklich ankommt im Leben, die großen Schicksalsschläge wie die verflixten Nichtigkeiten. Voller Wucht, Esprit und Eleganz, unerschrocken und direkt - so alltagsinnig wird derzeit selten gedichtet. Von der deftigen Büttenrede bis zum sublimen Parlando, hier ist unerschrocken in Rhythmus und Reim verwandelt, worauf es wirklich ankommt im Leben, die Liebe und der Tod, die großen Schicksalsschläge wie die verflixten Nichtigkeiten, bei denen sich am Ende alles in einem Schluck Rauch und Nebel verflüchtigt. Und das Schönste daran ist: Mit Politycki zwischen den Sekunden danach und denen davor zu verweilen, heißt immer auch, trotz allem Pathos angesichts der tagtäglichen Katastrophen nicht den Humor zu verlieren, der selbst die schwersten Verse plötzlich ganz leicht macht.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.04.2009Nies den Augenblick
Matthias Politycki schreibt nicht nur Romane, Erzählungen und Essays, sondern auch Gedichte. "Die Sekunden danach" heißt sein neuer Band, und der Titel ist Programm. Hier wird der Augenblick gefeiert, egal, was er zu bieten hat: einen einsamen "Dauerlauf / an jener Küste", eine schöne Unbekannte mit "Sommerkleid in Dunkelblau" oder ein Niesen, "so richtig mit rasantem Vorlauf", das nach "hingebungsvoll geducktem Warten" und "vergeblichem Genestel" mit dem Taschentuch dann doch nicht aus der Nase will. Solche und andere erhabene Momente fängt Politycky zunächst ganz klassisch in Sonetten und Terzinen ein. Und wenn es ihn zuletzt dann doch zur offenen Form drängt, dann nur, weil die Tage einfach zu schnell vergehen, um sich auch noch auf den Kauf eines iPhones "den passenden Reim" und "im wirren Weltgetriebe" einen Vers zu finden, der "für alle Zeiten" Bestand hat. Das, stöhnt der Dichter, ist "nicht zu schaffen". Kein Problem. Mit der Lyrik ist es eben wie mit dem Niesen. Manchmal gelingt es einfach nicht. (Matthias Politycki: "Die Sekunden danach". 88 Gedichte. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2009. 123 S., geb., 17,95 [Euro].) men
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Matthias Politycki schreibt nicht nur Romane, Erzählungen und Essays, sondern auch Gedichte. "Die Sekunden danach" heißt sein neuer Band, und der Titel ist Programm. Hier wird der Augenblick gefeiert, egal, was er zu bieten hat: einen einsamen "Dauerlauf / an jener Küste", eine schöne Unbekannte mit "Sommerkleid in Dunkelblau" oder ein Niesen, "so richtig mit rasantem Vorlauf", das nach "hingebungsvoll geducktem Warten" und "vergeblichem Genestel" mit dem Taschentuch dann doch nicht aus der Nase will. Solche und andere erhabene Momente fängt Politycky zunächst ganz klassisch in Sonetten und Terzinen ein. Und wenn es ihn zuletzt dann doch zur offenen Form drängt, dann nur, weil die Tage einfach zu schnell vergehen, um sich auch noch auf den Kauf eines iPhones "den passenden Reim" und "im wirren Weltgetriebe" einen Vers zu finden, der "für alle Zeiten" Bestand hat. Das, stöhnt der Dichter, ist "nicht zu schaffen". Kein Problem. Mit der Lyrik ist es eben wie mit dem Niesen. Manchmal gelingt es einfach nicht. (Matthias Politycki: "Die Sekunden danach". 88 Gedichte. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2009. 123 S., geb., 17,95 [Euro].) men
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