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4 Kundenbewertungen

Urban, divers, kosmopolitisch, individualistisch - links ist für viele heute vor allem eine Lifestylefrage. Politische Konzepte für sozialen Zusammenhalt bleiben auf der Strecke. Sahra Wagenknecht zeichnet eine Alternative zu einem Linksliberalismus, der sich progressiv wähnt, aber die Gesellschaft weiter spaltet, weil er sich nur für das eigene Milieu interessiert und Diskriminierung aufgrund sozialer Herkunft ignoriert. Sie entwickelt ein Programm, mit dem soziale Politik wieder mehrheitsfähig werden kann. Gemeinsam statt in immer kleineren Minderheitengruppen. »Sahra Wagenknechts Buch ist…mehr

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Produktbeschreibung
Urban, divers, kosmopolitisch, individualistisch - links ist für viele heute vor allem eine Lifestylefrage. Politische Konzepte für sozialen Zusammenhalt bleiben auf der Strecke. Sahra Wagenknecht zeichnet eine Alternative zu einem Linksliberalismus, der sich progressiv wähnt, aber die Gesellschaft weiter spaltet, weil er sich nur für das eigene Milieu interessiert und Diskriminierung aufgrund sozialer Herkunft ignoriert. Sie entwickelt ein Programm, mit dem soziale Politik wieder mehrheitsfähig werden kann. Gemeinsam statt in immer kleineren Minderheitengruppen. »Sahra Wagenknechts Buch ist eine Herausforderung für jeden, egal ob er sich für eher links, liberal oder konservativ hält, die eigenen Argumente zu prüfen, die eigenen Überzeugungen zu korrigieren oder auch beizubehalten.« Monika Maron, Die Welt »Wagenknecht emotionalisiert nicht, sie argumentiert; sie stellt keine Stimmung her, sondern analysiert; sie schwelgt nicht in Betroffenheit, sondern ist erkenntnisgetrieben.« Adam Soboczynski, Die Zeit »Selten fand ich eine politische Gegenwartsanalyse treffender.« Denis Scheck, ARD Druckfrisch

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Autorenporträt
Sahra Wagenknecht ist promovierte Volkswirtin, Publizistin und Politikerin, Mitglied des Bundestags für die Partei Die Linke, für die sie auch im Europäischen Parlament saß. Von 2010 bis 2014 war sie Stellvertretende Parteivorsitzende, von 2015 bis bis 2019 Vorsitzende der Linksfraktion. Sie betreibt einen eigenen Youtube-Kanal, auf dem sie wöchentlich aktuelle Themen kommentiert und schreibt regelmäßig eine »Focus«-Kolumne. Bei Campus sind ihre Dissertation The Limits of Choice und ihre Bücher Freiheit statt Kapitalismus (2012) und Reichtum ohne Gier (2016/2018) erschienen.
Rezensionen
»Sahra Wagenknechts Buch ist eine Herausforderung für jeden, egal ob er sich für eher links, liberal oder konservativ hält, die eigenen Argumente zu prüfen, die eigenen Überzeugungen zu korrigieren oder auch beizubehalten.« Monika Maron, Die Welt, 13. April 2021 »Wagenknecht hat ein Buch geschrieben, das sich mit großem Gewinn und viel Spaß lesen lässt, und das aufgrund seiner Klarheit auch von jenen Menschen verstanden werden kann, die kein sozial- oder geisteswissenschaftliches Studium absolviert haben, wie es sonst bei den meisten linken Diskursen der Fall ist.« Rainer Balcerowiak, Cicero Online, 14. April 2021 »Das Skandalbuch der klugen Marxistin gegen die postmarxistische Lifestyle-Linke. Skandalös scharfsinnig!« Jens Jessen, Die ZEIT, 18.11.2021 »Eine fulminante Abrechnung, die das ganze Gefüge der Gesellschaft betrifft.« Wolfgang Schütz, Augsburger Allgemeine, 14. April 2021 »Wagenknecht emotionalisiert nicht, sie argumentiert; sie stellt keine Stimmung her, sondern analysiert; sie schwelgt nicht in Betroffenheit, sondern ist erkenntnisgetrieben.« Adam Soboczynski, Die Zeit, 15. April 2021 »Ein grundlegendes gesellschaftstheoretisches Werk.« Tobias Becker, Der Spiegel, 16. April 2021 »Wagenknecht hat ein Buch geschrieben, das in den analytischen Passagen überzeugt. Ihr "Gegenprogramm für Gemeinsinn und Zusammenhalt" sieht sie nicht als Gegenprogramm zum Wahlprogramm der Linken, sondern als Gegenprogramm zu einem Verständnis von linker Politik, das sie für falsch hält.« Hans Werner Kilz, Süddeutsche Zeitung, 17. April 2021 »Wagenknechts Gegenprogramm ist für eine Wortführerin der Linken ziemlich spektakulär, aber auch ziemlich klar: Wir brauchen im Interesse gerade der unteren sozialen Hälfte der Bevölkerung in Deutschland eine Wiederbelebung der Solidarität mit dem eigenen Land.« Peter Gauweiler, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21. April 2021 »Wagenknechts Buch ist [...] eine fundierte Gesamtbeschreibung und -analyse von allem, was in Amerika und Europa in den vergangenen Jahrzehnten wirtschaftlich, sozial und politisch schiefgelaufen ist. Es ist flüssig lesbar und gut strukturiert; es verzichtet auf polarisierende Polemik.« Wolfgang Pichler, General-Anzeiger Bonn, 24. April 2021 »Funkelnde Formulierungen machen die Lektüre zu einem Genuss. (...) Die Selbstbewusste und Analysenstarke scheut weder "Beifall von der falschen Seite" noch Wut der Genossen.« Eckhard Jesse, Neue Zürcher Zeitung, 7. Mai 2021 »Eine lesenswerte Analyse des Niedergangs der politischen Linken durch die Entfremdung von ihrer einstigen Wählerschaft.« Tim Herden, MDR, 23. Mai 2021 »Selten fand ich eine politische Gegenwartsanalyse treffender.« Denis Scheck, ARD Druckfrisch, 12. September 2021…mehr

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Rezensent Eckhard Jesse empfiehlt Sahra Wagenknechts "scharfsinniges" Manifest gegen den Linksliberalismus der "Lifestyle-Linken". Dass Wagenknecht noch lange ihrer Partei treu bleibt, möchte er nach diesem Buch allerdings bezweifeln. Zu konservativ Wagenknechts familienpolitische Einlassungen, meint er, und nirgends "kommunistische Positionen". Von der Formulierungskunst der Autorin können sich andere Politker eine Scheibe abschneiden, findet Jesse. Was Wagenknecht als Gegenprogramm offeriert, scheint dem Rezensenten allerdings etwas vage.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.05.2021

Knallhart kultursensibel

Ist Sahra Wagenknecht noch eine Linke? Kritiker ihres Buchs halten ihr politische Fahnenflucht und Mangel an kultureller Sensibilität vor. Das Gegenteil ist richtig.

Kürzlich platzte Huschke Mau der Kragen. Die Ex-Prostituierte, die das Netzwerk Ella gegründet hat, um über die Realitäten der Prostitution aufzuklären, war auf einem Podium wieder einmal als Rassistin bezeichnet worden. Was hatte sie verbrochen? Sie hatte berichtet, dass Freier bestimmte Ethnien fetischisierten, wie die "devote Thai-Frau" oder die "tabulose Osteuropäerin". Das sei "problematisch", wurde ihr von einem kultursensiblen Publikum vorgehalten, weil es "nichtweiße" Frauen herabwürdige. Flugs wurde Mau die Betroffenheit abgesprochen, weil sie seit Jahren nicht mehr im Rotlichtmilieu arbeite - als könnte eine praktizierende Prostituierte ihr Arbeitsumfeld ohne Angst vor Schikanen schildern. Schließlich warf man ihr "Migrantenfeindlichkeit" vor, weil sie erwähnt hatte, dass Frauen aus armen Ländern hierzulande sexuell ausgebeutet würden, was zwar zutrifft, aber offensichtlich hätte beschwiegen werden sollen.

Auf ihrem Blog schrieb Mau, die sich weiter als Linke versteht, einen wütenden Abschiedsbrief an eine Linke, die in ihrer identitätspolitischen Variante nichts anderes als das Sprachrohr von Zuhältern sei. Welcher Bordellbesitzer freut sich nicht über wachsame Aktivisten, die für ihn die schmutzige Realität der Prostitution zur "selbstbestimmten Sexarbeit" verklären und allen ein Sprachverbot erteilen, die von Gewalt und Menschenhandel sprechen? "Ich stehe sprachlos vor einer linken Kultur, die vergessen hat, was strukturelle Kritik, politische Analyse und Kapitalismuskritik ist", schreibt Mau. Diese Leute mögen dort hingehen, wo sie eigentlich zu Hause seien - zur FDP.

Bleibt die Frage: Ist das Kalkül? Oder nur die unbeabsichtigte Nebenfolge einer narzisstischen Realitätsflucht? Sahra Wagenknecht, die ein ganzes Buch dazu geschrieben hat, erteilt all jenen eine Absage, die meinen, das linksliberale Spektrum, der Träger der Identitätspolitik, habe sich nur unbewusst vom Markt korrumpieren lassen. Es sei mehr als das, eine Liebesheirat mit beidseitiger Rendite, und im historischen Rückblick nur der vorläufige Endpunkt eines langen Gestaltwandels der Linken, für den tüchtige Liberalisierer des Finanzmarkts wie Gerhard Schröder, Tony Blair oder Bill Clinton stehen.

Die Lifestyle-Linken, wie Wagenknecht sie nennt, wollen gar keinen Kontakt zu den Leuten, mit denen sie sich vordergründig solidarisieren, im Gegenteil, sie wollen die Unterschicht, die sie verachten, mit moralischen Posen auf Abstand halten. Wagenknecht stellt sie als die neuen Besitzstandswahrer dar, die der globalen Marktwirtschaft den Weg frei machen, indem sie das kalte Vokabular des Neoliberalismus durch schön klingende Worthülsen ersetzen.

Aus Freihandel, Egoismus und Laisser-faire wurden Weltoffenheit, Vielfalt und Toleranz. Wer auf Widersprüche hinweist, wird als Nazi, Rassist oder Hinterwäldler niedergemacht.

Verrat an der Aufklärung

Nun ließe sich darüber diskutieren, wie weit dieser Politikwechsel die Linke (und das bürgerliche Lager) durchdringt und ob sich die von Wagenknecht beobachtete Spaltung nicht auch durch die Mittelschicht selbst zieht. Kritik richtete sich aber vor allem darauf, dass Wagenknecht die Sensibilität für die "neuen" kulturellen Ziele wie Feminismus und Antirassismus vermissen lasse (taz) und den Gegensatz zwischen einer identitätsverliebten Kulturlinken und einer Traditionslinken aufwärme, die ausschließlich an sozialer Gerechtigkeit interessiert sei. Am Ende stand die Frage, ob sie eigentlich noch eine Linke sei (Die Zeit).

Nun besteht die Pointe des Buchs aber gerade darin, dass Wagenknecht Punkt für Punkt nachweist, wie Identitätspolitik dem linksliberalen Milieu materiell nutzt und den kulturellen Minderheiten, die es moralisch mandatiert, schadet. Das geht schon auf das Prinzip der Identitätspolitik zurück, die nicht auf Emanzipation und Gleichheit, sondern auf Ungleichheit zielt, indem sie Menschen in ihre Herkunft verschließt und zu Interessengruppen verschweißt, die nicht miteinander in Dialog treten könnten, weil niemand die Perspektive eines Betroffenen nachvollziehen könne. Damit ist der aufklärerische Vernunftoptimismus ebenso aufgekündigt wie die Idee der Solidarität. Margaret Thatcher hätte es sich nicht besser wünschen können: There is no such thing as society.

Der Vorzug des Buchs liegt darin, dass es konsequent die Kehrseiten dieses schiefen Konzepts in der politischen und wirtschaftlichen Praxis zeigt. Die Freude an Vielfalt erweist sich hier als ziemlich exklusiv. In den Brennpunktvierteln leben eine deklassierte Unterschicht von ehemaligen Industriearbeitern und in kulturelle Sondergruppen aufgeteilte Migranten mehr oder weniger konfliktreich nebeneinander her. Das linksliberale Milieu bleibt in den schicken Vierteln unter sich, ein wirkungsvolles Instrument der Abschottung ist der Mietpreis. Auf dem Arbeitsmarkt macht sich besonders deutlich bemerkbar, wie sehr das Faible für offene Grenzen und uneingeschränkte Migration den Interessen der Unternehmenswelt nach billigen Arbeitskräften dient, die mangels gewerkschaftlicher Organisation keine Lohnforderungen stellen. Die linksliberale Schicht darf sich währenddessen über billigere Konsumprodukte freuen. Identitätspolitik kostet nicht viel, schon gar keine anstrengenden Auseinandersetzungen mit Wirtschaftslobbyisten.

Anwalt der Starken

Die Attacken des linksliberalen Lagers auf den Nationalstaat sind das deutlichste Zeichen seiner innigen Verbindung mit dem Weltmarkt. Wer anders als der Nationalstaat sollte global operierenden Firmen soziale und rechtliche, aber auch umweltpolitische Standards auferlegen? Hier zeigt sich am deutlichsten, wie die moralischen Forderungen des linksliberalen Lagers, würden sie erfüllt, in ihr Gegenteil umschlagen würden. Die geforderte Abkehr vom Nationalstaat würde ja nichts anderes als das Ende von Rechtsstaat, Sozialstaat und Demokratie bedeuten und jenen Gruppen den Schutz entziehen, die den Sozialstaat besonders brauchen. Dass davon auch jene kulturellen Minderheiten überproportional betroffen werden, die man zu schützen vorgibt, kann man sich denken. Es geht diesem Milieu nicht um Politik, folgert Wagenknecht, sondern um die Demonstration moralisch überlegener Haltungen, die in der Praxis ins Gegenteil umschlagen würden, weshalb man insgeheim und manchmal auch explizit darauf setzt, dass dies nicht geschehen möge.

Man kann sich beispielsweise fragen, wie die beschwichtigende Haltung zu radikalen Strömungen des Islams mit dem Ziel der Geschlechteremanzipation zusammengeht. Flüchtlinge und Migranten, die in den Westen flohen, um den Beschränkungen und der Gewalt ihrer Heimatkulturen zu entkommen, treibt dieser Widerspruch regelmäßig zur Verzweiflung. Man kann auch fragen, ob der dominierende Queerfeminismus, der Frauen wie Islamisten im Kampf gegen Rassismus trotz weit auseinanderliegender Interessen unterschiedslos zusammenspannt, überhaupt der Frauenemanzipation dient. Wo es keine Frauen, sondern nur noch Konstrukte gibt, kann auch nicht für ihre Interessen gekämpft werden. Wer an seinem biologischen Geschlecht als Frau festhält, sieht sich heute, wie Joanne K. Rowling, vernichtenden Attacken ausgesetzt. Lässt sich ein gemeinsames Interesse von inzwischen mehr als achthundert absolut gesetzten Geschlechtsidentitäten überhaupt formulieren?

Man hat Wagenknecht, die eine marxistisch inspirierte Analyse mit ordoliberalen Vorstellungen von einer juristisch eingehegten, in kleineren Einheiten wirtschaftenden Ökonomie verbindet, nun gefragt, was sie mit der Linken überhaupt noch zu tun habe und ihr verschiedene Parteien aus dem konservativen Spektrum als neue politische Heimat anempfohlen. Der Konservatismus hat die Auszehrung seiner Traditionswerte durch die Ökonomie, die heute die Linke ereilt, aber schon absolviert und präsentiert sich in erschöpfter Gestalt. Die AfD hat zwar die frustrierte Arbeiterschicht angezogen, lässt sie aber bei sozialpolitischen Forderungen konsequent auflaufen, weil ihr eigentliches Ziel ein national eingehegter Marktliberalismus ist.

Umgekehrt wäre zu fragen, ob sich nicht das identitätspolitische Lager vom Attribut links verabschieden sollte. In der ausgezehrten, zwischen alten und neuen Zielen irrlichternden Sozialdemokratie hat sich die Dahrendorf-Formel breitgemacht, man sei Opfer des eigenen Erfolgs: der erfüllten sozialen Ziele. Das ist nicht mehr als eine Legende, wie Wagenknecht mit Blick auf die Monopolbildung in der Digitalökonomie und die EZB-Schuldenpolitik nachweist, die Banken und Kapitalbesitzern ohne demokratische Grundlage Milliarden Euro zuschiebt - unter dem Applaus linker Parteien, die schon in der Finanzkrise hingenommen hatten, dass der Mittelstand für die Fehler von Investmentbankern geradestehen musste. Dass eine Linke, die an ihren Traditionswerten festhält, weiter gebraucht wird, ist die eigentliche Erkenntnis von Wagenknechts Buch.

THOMAS THIEL

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