Zu Beginn dieses historischen Romans verlaufen die Handlungsstränge um die Medica, den Ritter und den Mönch parallel. So war ich eine ganze Weile gespannt, was die Drei verbinden könnte. Dieser Ausgangspunkt wurde von Sabine Weigand sehr geschickt gewählt. Der Leser wird Zeuge von christlicher
Gewalt bei den Judenpogromen, von Vorurteilen aufgrund des unterschiedlichen Glaubens und von der…mehrZu Beginn dieses historischen Romans verlaufen die Handlungsstränge um die Medica, den Ritter und den Mönch parallel. So war ich eine ganze Weile gespannt, was die Drei verbinden könnte. Dieser Ausgangspunkt wurde von Sabine Weigand sehr geschickt gewählt. Der Leser wird Zeuge von christlicher Gewalt bei den Judenpogromen, von Vorurteilen aufgrund des unterschiedlichen Glaubens und von der vorlutherischen Reformationsbewegung innerhalb der katholischen Kirche. Die Autorin gibt aber auch einen sehr guten Einblick in die mittelalterliche Medizingeschichte. So kämpft die jüdische Ärztin Sara, sie ist historisch verbürgt, gegen überlieferte, aber unwirksame Heilmethoden an, die nur dem Geldbeutel der sogenannten Heiler gut taten und setzt mutig und erfolgreich auf Neues. Ausführlich werden jüdische Rituale beschrieben und die Unterschiede und Ähnlichkeiten von jüdischem und christlichem Glauben herausgearbeitet. Aber auch die Geschichte des unter dem Eindruck von John Wyclif's Lehren stehenden Jan Hus, der für seine offene Kritik an der verweltlichten Kirche und der Lasterhaftigkeit der Kirchenmänner während des Konzils von Konstanz als Ketzer verbrannt wurde, ist in diesem Roman vortrefflich erzählt worden. Wie bereits in den anderen mir bekannten Romanen von Sabine Weigand sind in diesem die Personen sehr natürlich und menschlich mit Stärken und (nicht immer liebenswerten) Schwächen ausgestattet und passen sich auch sprachlich sehr gut ihrer Zeit an. Neben fiktiven Figuren bereicherten zahlreiche historisch verbürgte die Handlung. Aber alle wirkten real und lebensecht und in ihren Gefühlen sehr glaubhaft und nachvollziehbar. Zwischen den einzelnen Kapitel waren immer wieder Zeitdokumente, Behandlungsanweisungen für die Ärzte und Gedichte eingeschoben. Das lockerte die Handlung nicht nur auf sondern erhöhte die Authentizität des Romans. Besonders gut hat mir das Ende des Romans gefallen. Nachdem im Titel und auch zu Beginn der Handlung die silberne Burg thematisiert wurde, findet sich dieses Motiv zum Ende hin wieder und schließt somit den Handlungskreis. Ungewöhnlich, aber sehr gut , fand ich die Erzählperspektive. Die einzelnen Handlungsstränge berichten in der 3. Person von ihren Protagonisten. Die Erzählart wechselt aber in den eingeschobenen Kapiteln, in denen Sara in der Ich-Form direkt ihre Sicht der Dinge schildert.
"Die silberne Burg" ist ein wirklich hervorragend komponierter und sehr ausgewogener Roman, der alle Anforderungen, die ich an einen wirklich historischen Roman stelle, voll erfüllt. Er ist unterhaltend, spannend, äußerst informativ und historisch korrekt.