Der Kern einer supplicatio war das kollektive Gebet der Stadtbevölkerung an die je nach Anlass zuständigen Gottheiten. Es konnte als Bitte vor Kriegen oder neuen Zeitabschnitten formuliert sein, aber auch zur Sühnung von Prodigien oder im Zuge militärischer Krisen. In der Rückschau dankte man den Gottheiten nach erfolgreichen Schlachten oder herausragenden Ereignissen. Im Zentrum der Studie steht erstmals die entwicklungsgeschichtliche Betrachtung dieses Ritualkomplexes. Über eine detaillierte Auswertung der einschlägigen literarischen und epigraphischen Quellen wird gezeigt, welchen Einfluss die supplicatio als wiederkehrendes, integratives und anpassungsfähiges Element auf soziale und politische Umbrüche hatte. Beginnend mit den ersten bekannten Bezeugungen über Veranstaltungen im fünften vorchristlichen Jahrhundert wird bis zum Ende der Römischen Republik analysiert, wie die supplicatio auf aktuelle Bedürfnisse ausgerichtet wurde.