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GROSSER ACHILL. GLÄNZENDER ACHILL, STRAHLENDER ACHILL, GOTTGLEICHER ACHILL ... WIR NANNTEN IHN NIE SO; WIR NANNTEN IHN »DEN SCHLÄCHTER«. Briseis trifft ein grausames Schicksal: Einst Königin von Lyrnessos, findet sie sich nach der Einnahme der Stadt als Sklavin an der Seite des großen Achill wieder, dem Zerstörer ihrer Heimat und Mörder ihrer Familie. Im Heerlager vor Troja wird sie zum Spielball gelangweilter und frustrierter Krieger und Könige. Doch Briseis gibt sich mit der Rolle der Besiegten nicht zufrieden. Schafft sie es, in dieser von Männern beherrschten Welt zu überleben und…mehr

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Produktbeschreibung
GROSSER ACHILL. GLÄNZENDER ACHILL, STRAHLENDER ACHILL, GOTTGLEICHER ACHILL ... WIR NANNTEN IHN NIE SO; WIR NANNTEN IHN »DEN SCHLÄCHTER«. Briseis trifft ein grausames Schicksal: Einst Königin von Lyrnessos, findet sie sich nach der Einnahme der Stadt als Sklavin an der Seite des großen Achill wieder, dem Zerstörer ihrer Heimat und Mörder ihrer Familie. Im Heerlager vor Troja wird sie zum Spielball gelangweilter und frustrierter Krieger und Könige. Doch Briseis gibt sich mit der Rolle der Besiegten nicht zufrieden. Schafft sie es, in dieser von Männern beherrschten Welt zu überleben und Schöpferin ihrer eigenen Geschichte zu werden? Pat Barker lässt in ihrem preisgekrönten Meisterwerk diese atemberaubende Frau endlich aus der Stille treten, um ihre Geschichte und die des Trojanischen Krieges neu zu erzählen. »Eine brillante Nacherzählung des Trojanischen Krieges; bewegend, wichtig, kraftvoll, unvergesslich.« - The Guardian

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Autorenporträt
Pat Barker hat ihre literarische Karriere erst in ihren Vierzigern gestartet, als sie einen Kurzgeschichtenkurs besucht hat. Von ihrer Schreiblehrerin Angela Carter wurde sie ermutigt, weiterzuschreiben, weswegen sie ihre Geschichten an Verleger geschickt hat. 35 Jahre später hat sie nun 15 Romane veröffentlicht und viele Preise gewonnen, u. a. den höchsten Preis Großbritanniens, den Booker Prize.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.08.2021

Mit dem Schock der Bräute
Pat Barker und Natalie Haynes ergänzen die Ilias um weibliche Perspektiven

In der Schrift "Über das Erhabene", vermutlich aus dem ersten Jahrhundert nach Christus, vergleicht der uns unbekannte Autor Ilias und Odyssee miteinander: Die Odyssee zeige, wie im Alter die poetische Kraft abnehme; an die Stelle dramatischer Handlung sei das Erzählerische getreten. Als Autor der Odyssee sei Homer wie die untergehende Sonne, noch voller Größe, aber ohne die frühere Intensität. Dieses Urteil ist repräsentativ für die Antike - man schätzte die Ilias allgemein mehr als die Odyssee. In der Gegenwart verhält es sich umgekehrt. Die Abenteuer des Odysseus sind uns vertrauter als der Kampf um Troja. Nicht nur für Adorno und Horkheimer ist Odysseus ein Prototyp des modernen Menschen, der sich mit List und Technik in der Welt behauptet. Mit der erfolgreichen Rückkehr eines Helden nach Abenteuern und Prüfungen hat die Odyssee der westlichen Kultur auch ein grundlegendes Plotmuster geliefert. Einzelne Widersacher des Odysseus haben sich verselbständigt und leben wie Skylla und Charybdis im Sprichwort fort. Auch wer Homer nicht kennt, spricht von Sirenen und bezeichnet eine Irrfahrt als Odyssee.

Die Ilias findet weniger Beachtung, aber auch sie hat Gegenwartsautoren und -künstler angeregt. Das Karibik-Epos "Omeros" brachte Derek Walcott 1992 den Nobelpreis ein, Wolfgang Petersens Film "Troy" erreichte 2004 ein Millionenpublikum. Peter Sloterdijk besann sich auf den Zorn des Achill, um die Austreibung der thymotischen Energien aus der Gegenwart zu beklagen. Aber Sloterdijks Plädoyer illustriert, wie fremd uns heute die Welt der Ilias ist, hilft ihm die archaische Welt der homerischen Helden doch, die Provokation seiner These zu steigern. Umso bemerkenswerter ist, dass nun in kurzer Folge zwei literarische Nacherzählungen des Trojanischen Kriegs erschienen sind, "The Silence of the Girls" von Pat Barker (2018) und "A Thousand Ships" von Natalie Haynes (2019). Das erste der beiden Bücher ist schon in deutscher Übersetzung erhältlich ("Die Stille der Frauen". Lago Verlag, München 2020. 416 S., geb., 19,99 Euro).

Beide Bücher treibt ein feministischer Impuls: Sowohl Haynes als auch Barker entwickeln weibliche Perspektiven in der von Männern dominierten Welt des homerischen Epos. Sie gehen aber denkbar verschieden vor. Barker wählt die Perspektive der Briseis, die sie zur Icherzählerin der meisten Kapitel macht. Eine kluge Wahl, entzündet sich an Briseis doch der zentrale Streit der Ilias: Als Agamemnon aus seiner Beute die Tochter des Apollonpriesters Chryses zurückgeben muss, nimmt er Achill dessen Sklavin Briseis weg. Voller Zorn zieht sich Achill zurück und kehrt erst wieder in die Schlacht zurück, nachdem sein Intimus Patroklos gefallen ist. Mit der Figur der Briseis kann Barker einen alternativen Blickwinkel auf die Haupthandlung der Ilias entwickeln. Einzelne in der dritten Person erzählte Kapitel nähern sich auch Achills Perspektive an. Verstörend in seiner Mischung aus Brutalität und Menschlichkeit, erinnert Achill an Siegfried Sassoon, den Helden von Barkers preisgekrönter Romantrilogie "Regeneration" über den Ersten Weltkrieg. Doch Barkers neues Buch konzentriert sich darauf, wie der Krieg von Frauen erlebt wird. Sie werden von den Helden wie Objekte hin- und hergeschoben, immer wieder bekommen sie zu hören: "Silence becomes women." Barker bricht dieses Schweigen, indem sie Briseis eine Stimme gibt.

Anders als "The Silence of the Girls" ist "A Thousand Ships" multiperspektivisch. Der Titel spielt auf das berühmte Zitat über Helena aus Christopher Marlowes Faust-Tragödie an: "Was this the face that launched a thousand ships?" Eine Vielzahl weiblicher Figuren kommt zu Wort, von den Moiren und olympischen Göttinnen bis zu Sklavinnen, die Homer nur kurz erwähnt. Haynes lässt auch die Muse Kalliope auftreten, die sich den Wünschen des Dichters standhaft widersetzt und statt der männlichen den weiblichen Figuren folgt. Erzählt Barker linear von der Gefangennahme der Briseis bis zum Tod des Achill, so verflicht Haynes mehrere Stränge miteinander, ohne eine sequenzielle Handlung aufzubauen. Ein Handlungsstrang, der Leser von Bruno Latour entzücken dürfte, geht in der Zeit zurück bis zu Gaias Klage über die Überbevölkerung und den Beschluss des Zeus, durch einen Krieg Abhilfe zu schaffen. Eine andere Gruppe von Kapiteln entfaltet das Schicksal der kriegsgefangenen Trojanerinnen bis zur Ankunft von Kassandra in Mykene und Klytämnestras Rache an Agamemnon. Eine Serie von Penelopes Briefen an Odysseus wiederum blendet die Geschichte von dessen Rückkehr ein.

So postmodern die Programme von Barker und Haynes auch wirken mögen, die Schriftstellerinnen knüpfen mit ihren Nacherzählungen doch bei antiken Werken an, die Lücken im homerischen Epos füllten und Randfiguren ins Zentrum rückten. Beide Autorinnen sind den "Troerinnen" verpflichtet, einer Tragödie des Euripides über das Leid der trojanischen Frauen nach dem Fall ihrer Stadt. Die Aktualität dieses Stücks hatte schon Charlotte Delbo entdeckt; ihr Drama "Qui Rapportera Ces Paroles?" aus dem Jahr 1966 nutzt die "Troerinnen" als Folie, um die Situation von Frauen im Konzentrationslager zu dramatisieren. Die Briefe der Penelope in "A Thousand Ships" greifen Ovids "Heroides" auf, eine Sammlung von Briefen mythischer Frauen an ihre abwesenden Männer, die mit einer Nachricht der Penelope an den verschollenen Odysseus beginnt. Auch Barkers Fokus auf Briseis folgt einem antiken Interesse an dieser Figur: Vor allem die lateinischen Elegiker stellen die erotische Beziehung zwischen Achill und Briseis in den Mittelpunkt des Trojanischen Kriegs.

Barker und Haynes treiben das Spiel mit antiker Kunst und Literatur verschieden weit. Auch wenn "The Silence of the Girls" vor dem Beginn der Ilias ansetzt und über ihr Ende hinausgeht, ist die Ilias doch der Hauptbezugspunkt. Der lineare Plot mit einer einzelnen weiblichen Heldin dürfte auch Leser ansprechen, denen die antike Mythologie fremd ist. "A Thousand Ships" hingegen eröffnet ein Vexierspiel mit antiken Quellen, mit der Odyssee und dem epischen Zyklus ebenso wie mit der Ilias, mit weiteren Tragödien des Euripides, mit der Orestie des Aischylos und Vergils Aeneis, aber auch mit antiken Artefakten, von denen Haynes einige im Nachwort erwähnt.

Der Reiz der Lektüre besteht hier eher in der hellenistisch anmutenden Intertextualität als in einer mitreißenden Handlungsdarstellung. So verschieden die beiden Bücher auch sind, sie kommen im Versuch überein, das Heroische neu zu definieren, und dürften deswegen auf das Interesse aller stoßen, die sich über unsere postheroische Zeit Gedanken machen. Sowohl Barker als auch Haynes bezeichnen die weiblichen Opfer des Kriegs explizit als Heldinnen und stellen sie den gewalttätigen Heroen bei Homer gegenüber.

Wird jedoch diese Gegenüberstellung der Ilias gerecht? Sicherlich, Achill zeichnet sich durch seine Kraft und Brutalität aus, aber es ist nicht die körperliche Überlegenheit, die ihn zum Helden macht. Zum Helden wird Achill dadurch, dass er sich für einen vorzeitigen Tod entscheidet. Achill tötet Hektor im vollen Bewusstsein, damit auch sein eigenes Ende zu besiegeln. Wie eine große Gewitterwolke lastet Achills Tod über dem Ende der Ilias, nicht erzählt, aber von einem immer dichter werdenden Netz von Vorverweisen heraufbeschworen. Schon antike Kommentatoren bemerkten das Pathos, das Homer durch den vorzeitigen Tod seines Helden erzeugt: Die condicio humana spitzt sich in der condicio heroica zu. Die Ilias ist nicht nur das Gedicht der Gewalt, als das sie Simone Weil interpretierte, sie ist auch und vor allem das Epos menschlicher Fragilität. JONAS GRETHLEIN

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