Shenaz Patels Roman zeichnet das Schicksal der Chagossianer nach, einer Volksgruppe, die auf den Inseln des Chagos-Archipels im Indischen Ozean lebte, bis sie ab Mitte der 1960er Jahre von dort vertrieben wurde. Die Chagos-Inseln gehören noch zum britischen Territorium und wurden für 50 Jahre an die USA verpachtet, die dort eine Militärbasis errichtet haben. Von hier wurden und werden Luftangriffe auf den Irak und Afghanistan geflogen. Die Inselbewohner hat man zwangsumgesiedelt – die meisten landeten in Slums in der mauritischen Hauptstadt Port Louis. Die Vertriebenen kämpfen bis heute vor Gericht vergeblich um ihre Rückkehr. Der Roman zeigt aus verschiedenen Perspektiven die Schicksale mehrerer Chagossianer. Da ist Charlesia, die mit ihrer Familie nach Mauritius fährt, da ihr Mann im Krankenhaus behandelt werden muß, und plötzlich und ohne jede Information nicht mehr auf ihre geliebte Insel Diego Garcia zurückkehren kann. Da ist Tony, ein Hafenarbeiter auf Mauritius, der Charlesia immer wieder am Kai stehen sieht, sehnsüchtig aufs Meer starrend. Da ist Désiré, der nach der Verschleppung seiner Mutter auf der Schiffsreise nach Mauritius geboren wird und sich zwischen den Welten fühlt. Und da ist der Schiffskapitän, der Gewissensbisse hat, weil er die Inselbewohner gegen deren Willen wegbrachte, nachdem er jahrelang mit Lebensmittellieferungen zu der isolierten und weitgehend unberührten Insel gekommen war. Die Frage, was es bedeutet, heimatlos und entwurzelt zu sein, ist heute aktueller denn je. Der Roman spürt sensibel den verschiedenen Varianten des Unrechts nach, das den Chagossianern vor rund 50 Jahren widerfahren ist. Frankreich war der Ehrengast der Frankfurter Buchmesse 2017