Immer wieder zieht es Greta in die "Straße zum 10. Juli" in Santiago de Chile. Es ist die berühmte Straße der Ersatzteilverkäufer. Hier sucht Greta die nötigen Teile, um den Schulbus, in dem ihre einzige Tochter tödlich verunglückte, wieder zusammenzusetzen. Die Suche führt sie zurück in ihre eigene Vergangenheit und in das verlassene Haus ihrer Jugendliebe Juan, das als einziges Gebäude der Gegend trotzig den Abrissplänen einer Baufirma widersteht. Doch Juan ist verschwunden, so wie damals die Freunde der kommunistischen Jugendbewegung zu Zeiten der Militärdiktatur, so wie die Kinder der Colonia Dignidad. Doch irgendwo in einem Loch im Boden werden sie alle gefangen gehalten, all die Verschwundenen. Irgendwo unter der Erde Chiles brodelt es gewaltig. Nona Fernández' Roman mahnt das Schweigen über die nahe Vergangenheit an. Die Verbrechen unter der Militärdiktatur, die weder vor Jugendlichen noch Kindern haltmachten und sogar dankbar an flüchtige Sexualstraftäter outgesourct wurden. (Die Auseinandersetzung mit der Rolle der deutschen Außenpolitik bei der Entstehung der Colonia Dignidad findet gerade ganz aktuell statt.) Alles ist miteinander verwoben, es gibt kein Einzelschicksal, das sich von der kollektiven Geschichte befreien könnte.
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