Von Prof. Dr. Heini Hediger, Zürich Direktor des Zoologischen Gartens Wer vom Zoo aus Einblick nimmt in die rapide Entwicklung und in den gegen wärtigen Stand der Verhaltensforschung, muß den Eindruck gewinnen, daß oft am Einfachen und Naheliegenden vorbeigesehen wird und daß eher entfernte und komplizierte Probleme die Priorität in der Bearbeitung erhalten. Das scheint einem elementaren Wesenszug menschlicher Forschung überhaupt zu entsprechen. Noch bevor wir die höchsten Gebirge und die tiefsten Tiefen unseres Planeten, das Innerste von Kontinenten und Inseln (z. B. Brasilien, Neuguinea) oder die Pole einigermaßen kennengelernt haben, werden schon Vorstöße in den Weltraum und auf andere Planeten unternommen, und zwar mit gewaltigem Aufwand. Beschämend einfache Fragen der Primitiv-Zoologie unserer Erde sind hingegen heute noch unbeantwortet. So ist z. B. das Breitmaul-Nashorn (Ceratotherium simum) noch in keinem Zoo der Welt gezüchtet worden; dabei handelt es sich um eines der allergrößten Landtiere unserer Erde. Wir wissen heute noch nicht, ob es mit anderen Nashorn-Arten bastardiert werden kann, ob afrikanischer und indi scher Elefant, Gorilla und Schimpanse sich bastardieren lassen, ob die Giraffe schwimmen kann usw. Wenige Menschen haben eine Ahnung davon, daß der Blauwal (BaZaenoptera muscuZus) mit seinen 30 m Körperlänge und 120 Tonnen Gewicht der größte Zeitgenosse auf unserem Erdball ist - dreißig bis vierzig mal die Masse eines Elefanten - und gleichzeitig das größte Geschöpf, das jemals unseren Planeten bewohnt hat. Viel mehr Beachtung findet die Frage nach den Lebewesen auf anderen Himmelskörpern. Das ist symptomatisch für den Menschen und die von ihm betriebene Forschung.
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