Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Großartig unterhalten lassen hat sich Tobias Lehmkuhl mit Frank Fischers Reisebuch "Die Südharzreise", in dem der Autor seine 24-stündige Fahrt auf der A38 von Leipzig nach Göttingen und retour am Tag der deutschen Einheit 2008 festhält. Nach dem Vorbild Jean-Luc Godards, der in einem Film eine "Bande a part" in etwas über neun Minuten durch den Louvre jagt, fährt Fischer Denkmale und historische Orte ab wie das Völkerschlachtdenkmal, das Haus Novalis' oder auch kuriose Orte wie eine Nietzsche-Tankstelle, teilt der Rezensent mit. Und weil das so lustig zu lesen ist, hätte Lehmkuhl nach eigenen Angaben beinahe übersehen, welch "geballte Ladung Gelehrsamkeit" der Autor in dieser "hypertouristischen" Reise bietet.
© Perlentaucher Medien GmbH
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'Auch Luther und Müntzer begegnen einem auf Fischers flinker Fahrt, außerdem der Geograph August Petermann, der "Büchermörder" Johann Georg Tinius, das Kyffhäuserdenkmal, eine Nietzsche-Tankstelle, der Sport- und Freizeitpark Bördel und noch so manch andere Kuriosität oder Wichtigkeit. Fischer selbst erinnert an die "Bande à part" von Jean-Luc Godard, die Außenseiterbande, die in nur 9 Minuten und 43 Sekunden den gesamten Louvre durcheilt. Dieses "hypertouristische Vorbeirennen" wird von Fischer nun auf den großen Maßstab übertragen. Allerdings, und das macht dieses Büchlein so besonders, hakt er seine Ziele nicht bloß ab. Wenn er auch jedes Mal nur ein paar Sätze verliert, so steckt in jedem doch eine geballte Ladung Gelehrsamkeit. Auch wenn man das vor lauter Lachen nicht leicht bemerkt.'(Tobias Lehmkuhl, Süddeutsche Zeitung)'Erstmal war ich ganz woanders, nämlich auf der "Book Release Party" für Frank Fischers Südharzreise, das ich Ihnen, mit Bezug auf Keuschnigs vortreffliche Besprechung, als lockere, durchaus ironische Lektüre ans Herz legen will. Was Paco "abstrakten Tourismus" nennt, ist nämlich alles andere als das, sondern erreicht nicht selten die freche Sinnlichkeit Heinrich Heines, der bekanntlich ebenfalls eine Harzreise (be)schrieb.'(Alban Nikolai Herbst, Die Dschungel. Anderswelt)'Frank Fischer sammelt dagegen Augenblicke [.] und vermengt sie mit der Prägnanz des Ortes. Vorbild sind Cortázar/Dunlop und ihr 1982 entstandener Bericht einer 33-tägigen Fahrt auf der Autobahn von Paris nach Marseille mit dem Titel "Die Autonauten auf der Kosmobahn". Dieses Buch ist für Fischer der Schlüsseltext des abstrakten Tourismus wobei deutlich wird, dass es sich eben nicht um ein "Road-Movie" handelt, weil hier nicht die Bewegung des/der Protagonisten als Kulisse der jeweiligen Erzählung dient und nur indirekt für einen wie auch immer gearteten Reflexionsprozess wird, sondern die Reise selbst ästhetischer Zweck ist, also auch jenseits trivialem Sightseeing steht.'(Gregor Keuschnig, Begleitschreiben)