Studienarbeit aus dem Jahr 2012 im Fachbereich Medien / Kommunikation - Mediengeschichte, Note: 2,0, Humboldt-Universität zu Berlin (Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft), Veranstaltung: SE Medien, Politik und Religion in der deutsch-deutschen Nachkriegszeit, Sprache: Deutsch, Abstract: Willi Forsts Spielfilm "Die Sünderin" ist der größte Skandal der Filmgeschichte Deutschlands in der Nachkriegszeit (vgl. Burghardt 1996:11). Ein "bis heute ohne Beispiel gebliebener Proteststurm" (13) von Kirche und Öffentlichkeit gegen ihn manifestierte sich nicht nur in Flugblättern und Mahnworten (vgl. 351-357), sondern auch in "Boykottmaßnahmen" (23), "Zwischenrufen, Pfeifkonzerten, [...] Stinkbomben und Tränengas" (26), Demonstrationen (vgl. 27-28) und schließlich in politischen Debatten (vgl. 26), Absetzungen (vgl. 29-31) und Aufführungsverboten (vgl. 31-37). Grund für diesen Protest wurde gesehen im Durchbrechen von Tabus des Films (vgl. 239), in der Verherrlichung & Bejahung von "Prostitution, >wilder Ehe<, Sterbehilfe und Selbstmord" (239) und der damit einhergehenden "entsittlichenden Wirkung" (Burghardt 1996:248) auf seine Zuschauer. Er verstieß "eklatant gegen die Werte und Normen der Gesellschaft der 50er Jahre" (14) und wurde verurteilt als "eine >Sumpfblüte<, die in der >Kloake der Zeit< gedeiht". Von einem anderen Blickwinkel betrachtet ist es genau diese ">Kloake der Zeit<", die der Film widerspiegelt. Er weist viele Parallelen auf zu einem Zeitalter der "Unbestimmtheit des sozialen Status [...] [,] ökonomische[r] Unterversorgung, [...] Instabilität und [...] extreme[r] Diffusität gesellschaftlicher Leitbilder" (Schildt 1995:306), zu einem "Zeitalter des Konsums" (353) und der "Freizeitgesellschaft" (363) sowie zum "Visuelle[n] Zeitalter" (385) der "Reizüberflutung" und des "Sensationalismus" (386) – und scheint als Spiegel dieser "grundverdorbene[n] Gesellschaft, in die ich [(Marina)] da geraten war" ("Die Sünderin" 0:34:52) einen kritischen Blick auf sie zu werfen. Im Sinne der Erklärung Willi Forsts, sein Ziel mit "Die Sünderin" sei es, "«sich nun an brennende Zeitprobleme [zu] wagen» [...] in der Darstellung einer lebensnahen Wirklichkeit" (Burghardt 1996:15) , da das "Publikum [...] nach Problemen der Wirklichkeit [verlange]" (16), wird sich diese Arbeit mit beiden Gesichtspunkten kritisch auseinandersetzen und die Frage zu beantworten versuchen, ob "Die Sünderin" mehr ein zu Recht verrufener Skandal ist oder doch als Spiegel der Gesellschaft der 50er Jahre und als künstlerisches Meisterwerk (vgl. 14) zu den bedeutendsten Filmen seiner Zeit gehört, der schließlich dank seines Skandals zum "kommerziell erfolgreichsten Film [...] im Bundesgebiet nach 1945" (51) wurde.