Studienarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Politik - Region: Naher Osten, Vorderer Orient, Note: 2,3, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Veranstaltung: Grundkurs I: Das parlamentarische System der Türkei und das kemalistische Erbe, Sprache: Deutsch, Abstract: Diese Arbeit befasst sich mit dem Phänomen des türkischen Demokratiemodells, das sich seit der Republikgründung als dualistisch und sehr widersprüchlich aufweist. Einerseits, wurden die demokratischen Grundlagen der modernen Türkei durch das autoritäre Regime von Mustafa Kemal Atatürk aufgebaut, dessen Legitimation historisch begründet in der Krise des Osmanischen Reichs und der damit verbundenen außenpolitischen Aufteilung des Landes lag. Der an seiner Wirkkraft zunehmende Kemalismus betrachtete den Islam als eine Art „Bedrohung der nationalstaatlichen Integrität“ und als einen Störfaktor in den Modernisierungsprozessen. Er versuchte die Religion als wichtigsten Bestandteil der türkischen Kultur ganz zu beseitigen. Andererseits, hat sich dann auch das türkische strikte Laizismusverständnis im Zeitverlauf unter außenpolitischem Druck so transformiert, dass Islam nicht nur wieder an seiner Bedeutung gewann, sondern sich sogar stark politisierte. Wie hat sich aber die Demokratisierung in der Türkei zwischen diesen zwei antagonistischen Strömungen, also dem Kemalismus und dem politischen Islam, entwickelt und zu welchem Ergebnis kommt man heute? Welche politischen Akteure waren an den Transformationsprozessen beteiligt und welche Rolle wurde ihnen beigemessen? Eine objektive komparative Analyse der typischen Kennzeichen des Kemalismus und des politischen Islams in der Türkei ist sehr relevant, denn daraus lässt sich ein gutes Bild nicht nur über die Besonderheiten des türkischen Regierungssystems, sondern auch über die außenpolitischen Perspektiven, wie z.B. im Hinblick auf aktuelle Debatte um den Beitritt der Türkei in die Europäische Union zusammenstellen. Das Ziel meiner Arbeit ist also den Systemwandel in der Türkei unter den zwei oben genannten Gesichtspunkten aufzuklären und dadurch einen Erklärungsversuch für das gegenwärtige Demokratieverständnis zu wagen. Bei der Literaturrecherche lehnte ich mich hauptsächlich an den Werken solcher Autoren wie F.Adanir, G.Seufert, H.Wehling, C.Leggewie, M.Bozdemir, den unterschiedlichen Texten aus unserem Grundkurs I sowie den elektronischen Zeitungen an. Im Folgenden möchte ich auf das kemalistische Konzept, seine Entstehungsursachen, die sechs wichtigsten Grundprinzipien ausführlich eingehen, danach den Stellenwert der Militärs und das Einparteiensystem kurz beschreiben. Im nächsten Schritt wird der politische Islam, seine Hintergründe, Formen und intensive Entwicklung ab 1980 untersucht.