Studienarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 2, Freie Universität Berlin, Sprache: Deutsch, Abstract: [...] Über die Faszination des Labyrinth für den Menschen schrieb Dür renmatt: „Er entdeckt es immer wieder, es ist ein Abbild dessen, dass er in einer Welt lebt, die er sich selber schafft und in der er sich zurechtfindet.“ Die Tatsache dafür, dass die Affinität dazu in unserem Jahrhundert zugenommen hat, sieht Dürrenmatt darin begründet, dass der Mensch „heute immer mehr labyrinthisch“ lebt, dass die Technik „eine labyrinthische Welt erschaffe. Diese Meinung ist fast allgemein verbreitet. Die mittelalterliche Vorstellung der Welt als Labyrinth, deren Erlösung Christus-Theseus verkörpert, scheint in die Metapher der Welt als Labyrinth umgedeutet worden zu sein. Bei manchen Autoren ist diese Deutung so offensichtlich – besonders auch bei Dürrenmatt – dass sie zu Schlüsselmetapher ihrer Werke wird. Dürrenmatts Umgang mit dem mit dem antiken Minotauros-Mythos weist den Charakter einer eigenartigen und eigenwilligen Interpretation auf. Dürrenmatt äußert sich dazu: „Ich habe die Ballade ganz bewusst auf das Thema der Vereinzelung angelegt, auf den Einze lnen, der nie zu seinem Gegenüber kommt.“ Wie in der Forschungsliteratur festgestellt wurde, sind die fiktionalen Texte des Autors explizit und implizit als Parabeln intendiert. Dürrenmatt betont jedoch die Mehrdeutigkeit seiner Gleichnisse, sodass er seine Texte offen für verschiedene Auslegungen hält und trägt damit der Tatsache Rechnung, dass seine Modelle nicht rein naturwissenschaftlicher sondern künstlerischer Art sind und sich Kraft ihrer Vielschichtigkeit jeder Festlegung auf eine einzige Bedeutungsebene entziehen. Entsprechend unterschiedlich fallen dann auch die zahlreichen Interpretationen in der Dürrenmatt-Literatur aus, die – wenn sie zeitgeschichtliche oder religiöse Analogien aufzeigen wollen – sich der Parabeldeutung widmen und Dürrenmatts kritischskeptische Sicht der Welt den künstlerischen Eigenwelten entnehmen. In der vorliegenden Arbeit sollen die von Dürrenmatt in der Ballade „Minotaurus“ vorgenommenen Veränderungen des antiken Minotauros-Mythos und deren Deutungsmöglichkeit herausgearbeitet werden. Eine Orientierungshilfe wird hierbei der antike Minotauros Mythos liefern. Anhand der Entwicklungsstationen des Minotaurus wird das wechselnde Verhalten des Protagonisten untersucht und in Bezug zu den zentralen Bildern der „Ballade“ - Labyrinth, Spiegel und Tanz - gesetzt werden. Des Weiteren soll herausgestellt werden, was die Entwicklung des Minotaurus ausmacht und bewirkt.