verdienter Preisträger
Das hatte ich noch nie: Während ich dieses Buch lese, erhält es den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung und ich sage zu Recht. (Sonst lese ich Bücher erst nach der Preisverleihung.)
Ursprünglich glaubte ich, das Buch handle von Reisereportagen. In der Tat
beginnt es mit der wohl schönsten albanischen Stadt Berat, wo ein mohammedanischer Sommelier die…mehrverdienter Preisträger
Das hatte ich noch nie: Während ich dieses Buch lese, erhält es den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung und ich sage zu Recht. (Sonst lese ich Bücher erst nach der Preisverleihung.)
Ursprünglich glaubte ich, das Buch handle von Reisereportagen. In der Tat beginnt es mit der wohl schönsten albanischen Stadt Berat, wo ein mohammedanischer Sommelier die Weine erklärt, obwohl er nie einen Tropfen Alkohol getrunken hat. Auch die Bäcker-Bacher Kreuzung in Salzburg fällt wie die tschechische Stadt Trebic mit einem Judenviertel ohne Juden und Venedig durch die Hintertür in diese Kategorie.
Aber dann, mitten im 1. Kapitel wird es politisch. Erst moniert der Autor, dass fotografierende Neugierige Rettungskräfte behindern, dann beklagt er das die Demut – laut Augustinus die Mutter aller Tugenden – von den Politikern in allen Situationen als unterschätztes Machtmittel gerne benutzt wird. Auch der „Konkurrent“ wird zum „Mitbewerber“ oder gar zum „Marktbegleiter“. Abschließend wundert er sich über die europäische Übersetzungskultur, doch das Englische wird mehr und mehr zu Universalsprache.
Das 2. Kapitel beschreibt zunächst den größten Truppenübungsplatz Österreichs zwischen Döllersheim und Allensteig, der ganze Dörfer den Erdboden gleich machte, dann behandelt es die Kloake als Kulturleistung, bevor die titelgebende Geschichte von einer Mathematikerin spricht, die als Stadtführerin in der Vielvölkerstadt arbeitet. Das Kapitel mit dem Roma-Mädchen Nadica, das in Österreich so schlecht behandelt wurde, dass es zurück nach Serbien möchte.
Im 3.Kapitel thematisiert Gauß das Ende der Habsburger-Monarchie, die sich in den Krieg flüchten musste und vergleicht dann Österreich-Ungarn mit Jugoslawien und der Europäischen Union. Dann beschreibt die Auferstehung der Gotschee, einem Gebiet im Grenzland von Slowenien und Kroatien, im Internet. Der Grenzfluss Pruth, die fiktiven natürlichen Grenzen (Bsp.: Görlitz oder Komorn an der Donau), der unterschiedliche Umgang mit einer Grenze in der Peripherie und im Zentrum, Grenzen gegen Flüchtlinge und Zukunftsaussichten stehen dann im Mittelpunkt. Dann fragt sich Gauß, was der Osten ist und wie Wien in 50 Jahren aussieht. Traditionelle Minderheiten wie die Burgenlandkroaten verschwinden, dafür kommen neue, die z.B. Arabisch sprechen.
Der Schluss des Buches scheint autobiografisch von der Hinwendung des Autors zum Schreiben zu handeln. Erst sein Deutschlehrer, dann seine Leseliste, dann seine Erfahrungen mit der Deutschen Bahn auf einer Lesereise. Für ein Buch über Gallizien hätte er den Titel „Das reiche Land der armen Leute“ gewählt, in Deutschland sei es umgekehrt. Das Werk schließt mit einer Beschreibung einer Wanderung am Monte Pasubio zwischen Südtirol und Venedig, wo Gauß ein Gewitter voraussagt.
Die Füllen an Informationen lassen nur 5 Sterne zu.
Zitat: In meinem Land geht die Krise nicht unter. (Kaiser Franz Joseph 114)