Als die fünfjährige Alice während der familiären Kaffeerunde gefragt wird, was sie später mal werden wolle, antwortete sie “Sturmführer”, wie dein Onkel, Herr Hocheder. Es schien ihr als der sinnvollste Beruf, denn dass ein ausgewachsener Sturm Anleitung und Kontrolle brauchte, schien ihr nur
logisch. S. 26
Alice, 1947 geboren, wächst mit Bruder und ihren Eltern in Miesbach, nähe München auf.…mehrAls die fünfjährige Alice während der familiären Kaffeerunde gefragt wird, was sie später mal werden wolle, antwortete sie “Sturmführer”, wie dein Onkel, Herr Hocheder. Es schien ihr als der sinnvollste Beruf, denn dass ein ausgewachsener Sturm Anleitung und Kontrolle brauchte, schien ihr nur logisch. S. 26
Alice, 1947 geboren, wächst mit Bruder und ihren Eltern in Miesbach, nähe München auf. Ihr Vater ist viel beschäftigter Arzt und die Mutter schleicht sich morgens aus dem Haus und abends ins Haus, weil sie für ein Frauenboulevardmagazin arbeitet. Die Eltern engagieren Haushälterinnen, die sich um die Kinder kümmern, doch Alice fühlt sich oft unsichtbar. Umso lieber sind ihr die Sonntage, an denen sie sich fast unmerklich auf den Schoß des Vaters schleicht und mit ihm in seine Tageszeitung schaut. Seitdem liebt sie den Geruch von Druckerschwärze und Zigarren. Dass Alice mit fünf Jahren schon lesen kann, weiß niemand und so sieht sie ungebremst durch die Artikel in die Welt hinaus.
Alice ist einundzwanzig, als sie bei der Münchner Lokalzeitung als Volontärin beginnt. Einer ihrer Vorgesetzten schickt sie zu einem Fall. Sie sieht eine nackte Frau im Schnee, die von einer Brücke gestürzt wurde und wird von einer Welle Mitgefühl überrollt. Diese Frau begleitet Alice ein Leben lang, taucht immer dann auf, wenn ihr Leben in einen Umbruch gerät. Dann sitzt sie auf ihrer Bettdecke, oder materialisiert sich aus den dunklen Ecken des Zimmer.
Ihr Mann Karl ist Fotograf und fliegt in alle Länder, um seine Aufträge abzuarbeiten. Deswegen meistert Alice die tägliche Gratwanderung, den Alltag ihrer kleinen Tochter Elsa, mit ihrem eigenen zu verbinden, alleine. Als Alice sich von ihm trennt, geht sie mit Elsa nach München, in das Verlagshaus und arbeitet fortan im Sportresort, wo sie auf einen Aggressor stößt, der zu ungeahnten Machtspielen neigt.
Fazit: Die Autorin Waltraud Horas schrieb über die Lebensereignisse von Maria Von Welser, Gründerin, Redakteurin und Moderatorin des ersten Frauenjournals im deutschen Fernsehen Mona Lisa, und ich halte ein beeindruckendes Zeitzeugnis in den Händen. Waltraud Horas gibt ihrer Protagonistin eine feine Spur Humor, menschliche Wärme und eine große Beobachtungsgabe mit auf den Weg, in eine Welt, in der Männer wichtiger sind als Frauen. Ich las über so viele Ereignisse, die meiner Erinnerung abhanden gekommen waren. Kalter Krieg, Rudi Dutschke, Olympische Spiele in München, Grippe Pandemie und die Überschwemmung an der Lech. In all diesen Ereignissen hat die Protagonistin versucht ihre Aufgabe, ihren Lebensinhalt zu finden und das ist ihr mit Hartnäckigkeit und Biss gelungen. Ein spannendes deutsches Zeitzeugnis und ein schönes Porträt einer großen Frau. Wunderbare Lektüre.