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Michail Bulgakows und Alexander Nitzbergs dritter Streich: Eine beißende Satire mit bizarren Science-Fiction-Auswüchsen, die ein weiteres Mal zeigt, wie erschreckend aktuell Bulgakows Texte auch beinahe 100 Jahre nach ihrem Entstehen noch sind. Professor Pfirsichow, an der Moskauer Universität eine echte Institution auf dem Gebiet der Zoologie, macht bei seinen Forschungen eine zufällige Entdeckung: einen »roten Strahl«, der auf alles, was von ihm bestrahlt wird, eine enorm wachstumsbeschleunigende Wirkung zu haben scheint. Angesichts katzengroßer Frösche im Labor bleibt der bahnbrechende Fund…mehr

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Produktbeschreibung
Michail Bulgakows und Alexander Nitzbergs dritter Streich: Eine beißende Satire mit bizarren Science-Fiction-Auswüchsen, die ein weiteres Mal zeigt, wie erschreckend aktuell Bulgakows Texte auch beinahe 100 Jahre nach ihrem Entstehen noch sind. Professor Pfirsichow, an der Moskauer Universität eine echte Institution auf dem Gebiet der Zoologie, macht bei seinen Forschungen eine zufällige Entdeckung: einen »roten Strahl«, der auf alles, was von ihm bestrahlt wird, eine enorm wachstumsbeschleunigende Wirkung zu haben scheint. Angesichts katzengroßer Frösche im Labor bleibt der bahnbrechende Fund nicht lange im Verborgenen: Schon bald entwendet man Pfirsichow seine Gerätschaften und der noch unerprobte Strahl wird fahrlässig eingesetzt: Denn statt der eigentlich vorgesehenen Hühnereier, die mit seiner Hilfe vergrößert und gegen den Hunger auf Moskaus Straßen verwendet werden sollen, lässt ein ebenso skrupel- wie ahnungsloser Funktionär große Mengen Reptilieneier bestrahlen ... Michail Bulgakow schrieb Die verfluchten Eier 1925 - während Stalin im Machtgefüge der Sowjetunion unaufhaltsam aufstieg, entwarf der dem späteren Diktator verhasste Schriftsteller eine bizarre Zukunftsvision (die Erzählung spielt im Jahr 1928), in der ein vermeintlicher »Lebensstrahl« schauderhafte Folgen hat und eine Armee riesenhaft mutierter Schlangen und Echsen Moskau bedroht.In Alexander Nitzbergs Neuübersetzung - nach Meister und Margarita und Das hündische Herz widmet er sich zum dritten Mal einem Werk von Bulgakow - kommt der gesamte Reichtum der Sprache des russischen Jahrhundertautors zur Geltung. Ein Buch, das Witz und Galle spuckt.

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Autorenporträt
Michail Bulgakow (1891-1940) wurde erst lange nach seinem Tod berühmt. Seine wichtigsten Werke durften zu Lebzeiten nicht erscheinen. Der Weltklassiker Meister und Margarita, an dem er die letzten zwölf Jahre vor seinem Tod geschrieben hatte, erschien, zudem in zensierter Fassung, in der UDSSR erst 1968. Die weiße Garde war Bulgakows erster Roman und diente als Grundlage für sein Theaterstück Die Tage der Geschwister Turbin - zu dessen größten Bewunderern Stalin gehört haben soll, der es sich angeblich 15 Mal ansah. Bei Galiani Berlin erschienen von Bulgakow - neu übersetzt von Alexander Nitzberg - Meister und Margarita (2012), Das hündische Herz (2013), Die verfluchten Eier (2014) und Die weiße Garde (2018). Alexander Nitzberg gehört zu den wichtigsten Übersetzern u.a. aus dem Russischen. Er hat mit seinen Gedichten und Übertragungen russischer und englischer Klassiker wie Daniil Charms und Edmund Spenser auf sich aufmerksam gemacht und sorgte zuletzt mit seinen Neuübersetzungen von Bulgakows Meister und Margarita und Das hündische Herz sowie Sawinkows Das fahle Pferd und Das schwarze Pferd für Furore. 2019 erhielt er den Österreichischen Staatspreis für literarisches Übersetzen. Zuletzt erschien Bulgakows Die weiße Garde in einer Neuübersetzung Nitzbergs bei Galiani Berlin (2018).
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Teuflisch brillant findet Tobias Schwartz Michail Bulgakows Kurzroman über Professor Pfirsichow und die roten Wachstumsstrahlen, die menschenfressende Echsen hervorbringen. Ob Bulgakows prophetischer Blick von 1924 bis ins heutige Russland reicht, muss für Schwartz gar nicht beantwortet werden, um das Buch als kraftvolles und böses Sci-Fi-Meisterstück wertzuschätzen. Unter dem expressiv kunstvoll gestalteten Science-Fiction-Text nämlich entdeckt der Rezensent (zusammen mit dem kongenialen Übersetzer und Nachwort-Verfasser Alexander Nitzberg) eine metaphysische, eine teuflische Komponente.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.01.2015

Ich wollt', ich wär' ein Huhn

Überraschungen aus Testosteron: Michail Bulgakows funkensprühendes Frühwerk "Die verfluchten Eier" zeigt den vorstalinistischen Teufelsspuk. Jetzt liegt es in einer kongenialen Neuübersetzung vor.

Das Vergnügen, das die Frühwerke des für seinen Roman "Der Meister und Margarita" berühmten Michail Bulgakow uns Heutigen bereiten, ähnelt der Freude, die einer, der Schostakowitschs große Symphonien aus der Stalin-Zeit im Ohr hat, beim Hören von dessen "Nase" empfindet: Man erlebt den durch tragische Lebenserfahrung gereiften Meister, wie man ihn liebt und bewundert, noch einmal im schäumenden Kräfteüberschuss seiner Jugend, wie den Kampfstier am Anfang der Corrida, vor seinem Zusammenstoß mit dem Picador. Und dank der kongenialen, poetisch bissigen Neuübersetzung von Bulgakows wichtigsten Büchern durch Alexander Nitzberg erreicht dieses testosterongeladene Sprachfeuerwerk heute auch das deutsche Publikum.

Bulgakow war 33 Jahre alt und hatte schon, wie in seinem Alter auch Schostakowitsch, sein muskulöses Satiregenie glänzend unter Beweis gestellt, als er 1924 seinen Kurzroman "Die verfluchten Eier" schrieb, inspiriert von der "Neuen ökonomischen Politik" mit ihrer abenteuerlichen Geschäftemacherei und dem nicht weniger abenteuerlichen Glauben, komplexe Probleme schnell lösen zu können. Eine russische Wissenschaftskoryphäe, die sich über Revolution und Kriegskommunismus hinweg in die "Neue ökonomische Politik" hinübergerettet hat, da plötzlich alles erlaubt scheint, entdeckt einen ausschließlich im Labor erzeugbaren roten Lichtstrahl, der lebendige Organismen furios wachsen und sich vermehren lässt - und das just in der von Bulgakow in die nahe Zukunft von 1928 projizierten Zeit der Handlung, da eine geheimnisvolle Seuche wie auf Satans Kommando sämtliche Hühner im Lande der Sowjets dahinrafft. Der Professor wird berühmt, seine Erfindung soll auf einem Musterlandgut die Hühnerpopulation wieder auferstehen lassen. Doch infolge eines Postfehlers werden die spezialverpackten Hühnereier aus dem Ausland ans hauptstädtische Labor geliefert, während das Landgut die Straußen-, Lurch- und Schlangeneier bekommt, die der Professor für seine weiterführende Forschung bestellt hatte.

In dem zu Unrecht oft als zweitrangig abgetanen Buch persifliert Bulgakow die absehbare kommunistische Zukunft. Er rechnet die wilden zwanziger Jahre in Sowjetrussland mit ihrer Mischung aus entfesseltem Sendungsbewusstsein und leichtsinniger Vergnügungssucht hoch zu einer völlig verantwortungslosen Gesellschaft, die mit Plündererzynismus die Besitztümer der vertriebenen Aristokratie unter sich aufgeteilt, sich der politischen Führung durch geheimdienstliche Finsterlinge anheimgegeben und sich hündisch von deren Auserwähltheitswahn hat anstecken lassen. Das versetzt er in eine Zaubermärchenwelt, wo die rationalen Steuerungsfunktionen ausgeschaltet sind. Wenn Bulgakow in seiner Fabulierekstase dann noch den Theaterrevolutionär Wsewolod Meyerhold, der im Todesjahr des Autors selbst, 1940, in den Kellern des KGB exekutiert wurde, durch einen bühnentechnischen Unfall in einer grotesken Boris-Godunow-Inszenierung schon 1927 ums Leben kommen lässt, so taucht dieser literarische Scherz die "vegetarische" Vorstalinzeit vollends ins Schummerlicht eines Teufelsspuks, die sie in den Augen der Stalinismus-Überlebenden Anna Achmatowa auch im Rückblick tatsächlich war. Bezeichnenderweise ist die Teufelsfigur der Staatssicherheitsagent, der vom Professor dessen Versuchsgeräte requiriert, ein revolutionsbedingt gefallener Engel: Vor dem Krieg war der Mann Flötist.

In Eiern, über die infolge der Hühnerseuche Bulgakows Journalisten, Kabarettisten, Songschreiber obsessiv Witze reißen, stecken - damals wie heute und überall - männliche Potenz, weibliche Fruchtbarkeit und die Überraschungen des Lebens. Als in der Musterkolchose aus Deutschland drei Kisten mit Eiern eintreffen, deren Größe alle Normen sprengt, sind die Kummer gewöhnten Empfänger hell begeistert. "Das nenne ich deutsche Eier!", frohlockt der das Projekt beaufsichtigende Agent. "Das ist mal ein anderes Kaliber als die Eier unserer Bauernlümmel."

Während der Brutzeit zeigt sich zunächst nur die Natur beunruhigt. Trotz schönsten Sommerwetters fliegen alle Vögel davon, die Frösche im Teich verstummen, nur die Hofhunde bellen und können sich nicht beruhigen. Plötzlich entsteigen den strahlenstimulierten Überraschungseiern gewaltige Laufvögel, Riesenschlangen, Megakrokodile, die das Gutspersonal einfach auffressen, aber auch von den Truppen des Geheimdienstes, ja nicht mal von der legendären Reiterarmee des revolutionären Kavallerieführers Budjonny aufgehalten werden können, sondern losmarschieren Richtung Moskau, eifrig Eier legend, sich vermehrend wie ein Flächenbrand, so dass Russlands mythischer Kriegsverbündeter, General Frost, einschreiten muss, angesichts der akuten Notlage sogar ausnahmsweise im August, um das Höllenspektakel zu beenden.

KERSTIN HOLM

Michail Bulgakow: "Die verfluchten Eier". Roman.

Aus dem Russischen übersetzt von Alexander Nitzberg. Galiani Verlag, Berlin 2014. 144 S., geb., 16,99 [Euro].

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