Studienarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich Soziologie - Recht, Kriminalität abw. Verhalten, Note: 1,7, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Veranstaltung: Lebenssituationen und Strafverfolgung homosexueller Männer und Frauen von 1871-1969 in Deutschland, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Verachtung, Ausgrenzung und Verfolgung von Homosexuellen begann nicht etwa in der Zeit der NS-Diktatur in Deutschland, sondern zieht sich seit Jahrhunderten durch die Geschichte. Die gesellschaftliche Haltung gegenüber Homosexualität (der Begriff wurde nicht von Beginn an verwendet, sondern erst im Jahre 1869 in Deutschland geprägt 1 ) entsprach in den verschiedenen Epochen nicht immer der juristischen Sichtweise oder dem medizinischen beziehungsweise dem wissenschaftlichen Entwicklungsstand. Hingegen standen diese sich zeitweise gar konträr gegenüber. Vehementer Gegner von Homosexualität war schon früh die christliche Kirche, da gleichgeschlechtliche Liebe ihrer Auffassung nach gegen die Gesetze Gottes und der Natur verstoße. Bereits im 4. Jahrhundert wurde in den meisten christlichen Staaten gleichgeschlechtliche Liebe zwischen männlichen Personen, häufig aber auch die zwischen Frauen, mit Todesstrafe geahndet. 2 Zur Zeit der Reformation und der Gegenreformation fand sich in deutschen Landen eine weitreichende Verdrängung des Themas Homosexualität, die auch in den Kreisen der christlichen Kirche vorkam. Im 16. Jahrhundert kam es schließlich zu einer Welle der Kriminalisierung, die sich unter anderem in Artikel 116 der Peinlichen Gerichtsordnung 3 Kaiser Karls V. von 1532, der so genannten Carolina, widerspiegelte. 4 Dieser ist zu entnehmen: "So ein Mensch mit einem Vieh, Mann mit Mann, Weib mit Weib, Unkeusch treibet, die haben das Leben verwirkt, und man soll sie der gemeinen Gewohnheit nach mit dem Feuer vom Leben zum dem Tode richten." 5 Formell blieb die Carolina in ihrer ursprünglichen Form zwar bis zur Gründung des Deutschen Reiches im Jahre 1871 bestehen, jedoch entwickelten die Territorialstaaten im Laufe des 18. Jahrhunderts eigenständige Strafrechte. Somit kam es zur Zeit der Aufklärung unter dem Einfluss des napoleonischen Rechts zum ersten Mal zur Entkriminalisierung gleichgeschlechtlicher Handlungen, indem einige deutsche Staaten das Strafmaß für Homosexualität einschränkten oder es gar aufhoben. 6 Im Zeitalter der Aufklärung wurde zum ersten Mal wieder öffentlich über gleichgeschlechtliche Liebe diskutiert. Obwohl sie ihr gegenüber kein Verständnis zeigten, versuchten die Vertreter der Aufklärung das Phänomen des Schwulseins mit reiner Vernunft zu erklären. Hingegen bezeichneten Juristen Homosexualität als unvernünftig, da sie nicht der Fortpflanzung diente. [....]
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