Thilo Sarrazin ganz persönlich.
Bei jedem Buch von Thilo Sarrazin (TS) hatte ich den dringenden Wunsch, ein nächstes von ihm zu lesen. Sachlichkeit und praktische Vernunft gegen alle Trugbilder von Ideologien, das zeichnet ihn aus und macht ihn für mich so wertvoll.
In diesem neuen Buch hat
mich das erste Kapitel (Wie das Leben meine Denkstil prägte) über seine Herkunft, Schule , Studium…mehrThilo Sarrazin ganz persönlich.
Bei jedem Buch von Thilo Sarrazin (TS) hatte ich den dringenden Wunsch, ein nächstes von ihm zu lesen. Sachlichkeit und praktische Vernunft gegen alle Trugbilder von Ideologien, das zeichnet ihn aus und macht ihn für mich so wertvoll.
In diesem neuen Buch hat mich das erste Kapitel (Wie das Leben meine Denkstil prägte) über seine Herkunft, Schule , Studium und Arbeit besonders gepackt. Bislang war darüber wenig bekannt, TS war hier eher zurückhaltend bescheiden. Jetzt aber tauchen wir ein in seine persönliche Geschichte mit einer Vielzahl bislang nicht bekannter Details. Alleine dafür hätte sich dieses Buch gelohnt.
Der kleine Thilo lag um 1950 zuhause in Quarantäne und startete notgedrungen seine Lese- bzw. Buchkarriere: Er hatte Scharlach und endlose Langweile. Also brachte er sich das Lesen selbst bei und hörte fortan nicht mehr auf, Bücher zu studieren und alles Übrige, das sich ihm mit gedruckten Buchstaben vermittelte.
Alleine die im ersten Kapitel aufgeführte Lese-Liste macht mir klar, warum TS eine derartige Kapazität des gesunden Menschenverstandes aufweist. Nur eine so erarbeitete, rationale Sachlichkeit wird zur praktischen Vernunft, die man sich von Politikern heute wünschen muss. Dabei erklärt er so wie das Karl Popper vorgegeben hat: "Jeder Intellektuelle hat eine ganz besondere Verantwortung. Er hatte das Privileg und die Gelegenheit zu studieren; dafür schuldet er seinen Mitmenschen, die Ergebnisse seiner Studien in der einfachsten und klarsten und verständlichsten Form darzustellen. Wer es nicht einfach und klar sagen kann, der soll schweigen und weiterarbeiten, bis er es klar kann."
TS setzt in diesem Buch das Oberkommando der postfaktischen Weltmoral unter Beschuss. Keine Ideologie kann jemals Vernunft und Leistung ersetzen, das wird einem mit jeder Zeile klarer. Und doch lässt sich in diesem Buch auch ablesen, warum die Trugbilder des Wünschenswerten leider immer wieder siegen werden.
Wir stehen nach Thilo Sarrazin vor dem Ende der Aufklärung: Der den Sozialismus charakterisierende Gleich-Gültigkeits-Trieb ist zurück und ersetzt sachlich fundiertes Denken durch Wunschträume. So ist die traurige Ausgangslage zusammenzufassen. TS zeigt die feinen Verästelungen eines Systems auf, das heute vor allem durch grüne Lackierungen seine fundamental-fatalistischen Wirkungsstrukturen erhält.
Wer glaubt, wirklich glaubt, tief innerlich und überhaupt etwas Gutes zu tun, ist der allgemeinen Weisheit einer ewig gültigen Ideologie nahe, gefährlich nahe. Noch nie war Deutschland einer alles einstürzenden Sichtweise enger verbunden als aktuell mit der grün-roten, apokalyptischen Religion. Moses Mendelssohn sagte im 18. Jh dazu: «Je edler ein Ding in seiner Vollkommenheit, desto gräßlicher seine Verwesung. So auch mit Kultur und Aufklärung. Je edler in ihrer Blüte, desto abscheulicher in ihrer Verwesung und Verderbtheit.“
Berlin war immer in der deutschen Geschichte ein Vorbild, was dort verwirklicht wurde, kam später ins ganze Land. Ich sehe ähnlich fatalistisch dorthin wie TS und hoffe aber, dass es diesmal gegenteilig verläuft. Wir alle müssen Berlin retten. Vor dem Zugriff der Parteien und jener, die ihre Menscheitsträume dort verwirklichen wollen.
Letzten Endes ist Sachlichkeit immer zugleich tiefe Höflichkeit. Ich kenne niemand, der höflicher wäre als Thilo Sarrazin, dabei mutig und im höchsten Maß verantwortungsbewusst. Arthur Schnitzler sagte: „Es gibt nur drei absolute Tugenden: Sachlichkeit, Mut und Verantwortungsgefühl; diese drei schließen nicht nur alle anderen gewissermaßen in sich ein, sondern ihr Dasein paralysiert sogar manche Untugenden und Schwächen, die gleichzeitig in derselben Seele vorhanden sein mögen.“
Ich wünsche insbesondere Herrn Yüzel, dass er die Zeit erhalten möge, dieses Buch zu studieren.