Die oft gelobte Kühnheit Musilscher Psychologie zeichnet schon dies erste Werk aus. Es ist die ungewöhnliche, subtile Pubertätsstudie, in der Musil seine Erfahrungen als Kadett einer k.u.k. österreichischen Militärerziehungsanstalt auswertete. Eine scharfsichtig genaue, glasklare Interpretation jugendlichen Wachstums, die zugleich das Bild kommender Diktatur und der Vergewaltigung des einzelnen durch das System visionär vorzeichnet.
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Über Robert Musils Zögling Törless ist schon viel geschrieben worden, Jens Jessens Rezension unterstreicht deshalb vor allem die Modernität dieses fast hundert Jahre alten Buches. Hier werde beschrieben, was aktuelle Beispiele belegen: Schule habe immer auch eine schwarze Seite, die selbst die aufgeklärteste Pädagogik nicht beseitigen könne. Jessen beschreibt, wie Musil Schule als gesellschaftlichen Mikrokosmos vorführe, in dem der Einzelne der Gruppe zum Opfer falle. So sei die Tatsache, dass ein unschuldiger, kindlicher Außenseiter schließlich Gefallen am Quälen und Unterdrücken finde, so vorhersehbar wie das Ergebnis einer chemischen Reaktion, erläutert Jessen. Der Roman ist häufig als Vorschau der totalitären Systeme des 20. Jahrhunderts interpretiert worden, Jessen findet jedoch, Musil erzähle die Geschichte weniger politisch als vielmehr wie ein Naturprozess. Somit sei der Roman für diejenigen, die sich vom Glauben an die Besserung der Gesellschaft nicht abbringen lassen, wohl unerträglich, vermutet der Rezensent, für die Außenseiter hingegen ein bitterer Trost.
© Perlentaucher Medien GmbH
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