Studienarbeit aus dem Jahr 2022 im Fachbereich Musikwissenschaft - Systematische Musikwissenschaft, Note: 1,00, Universität Potsdam (Germanistik), Veranstaltung: Musik und Politik, Exil und Nachkriegszeit : Thomas Manns Doktor Faustus, Sprache: Deutsch, Abstract: Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs, d.h. 1947 veröffentlicht der amerikanische Exilant Thomas Mann seinen umfangreichen Kapitel- bzw. Musik-Roman "Doktor Faustus", in dem der Erzähler Serenus Zeitblom von der faszinierenden und provotierenden Biographie seines Freundes, des deutschen, musikalisch hochbegabten Tonsetzers Adrian Leverkühn erzählt. Leverkühns ganze Lebensgeschichte ist in Deutschland angesiedelt; seine fortwährenden musikalischen Engagements, hinter denen die das zwanzigste Jahrhundert zeitigende Katastrophe und das durchaus zerfallende Deutschland auf ganz metaphorische Weise zurückbleibt, lassen lediglich Gedanken an die sprachlich-literarische Umsetzung der Musik und deren funktionierende Dimension im Text entstehen. Vor allem aber zeigt sich, dass der schon seit seiner Veröffentlichung vieldiskutierte Roman, bestehend aus siebenundvierzig Kapiteln, nämlich im Spiegel musiktheoretischer, musikoliterarischer, politisch-historischer, kulturtheoretischer und philosophischer Perspektiven steht. Da das Romanganze in Thomas Manns "Doktor Faustus" nahezu zwei musikalisch inhaltsheterogene Hauptmusikstücke vor Augen führt, ist das vielsagende "Oratorium Apocalipcis cum figuris" von Interesse in der folgenden angelegten Studie. Dieses Oratorium, das zugleich im vierunddreißigsten Kapitel geschildert und aufgeführt wird, befähigt durch seine erzählerische Kompositionstechnik eine reichliche Gewinnung verschiedener Erkenntnisse im Rahmen des apokalyptischen Diskurses. Auf die Frage hin, inwiefern es Leverkühns religiös visionsbedingtem Chorwerk gelingt, den kulturellen, sozialen und politischen Untergang Deutschlands zu prophezeien, liegt die Vermutung nahe, dass Leverkühn sich durch geniale Kräfte des heterogenen Materials apokalyptischen Diskurses bedient, um diesen Untergang musikalisch in Szene zu setzen. Biblisch-johanneische und babylonische Vernichtungsbilder sind in diesem Sinne eine Art Rehabilitierung des Schicksals des alten Jerusalems bzw. der Israeliten in dem deutschen Kontext, indem die Warnungsfunktion der apokalyptischen Musik ins Spiel kommt. Die Studie wirft in ihrer Gliederung einen angerissenen Blick auf die Deutungsversuche der Musik und Apokalypse und deren Eingang in die Literatur des zwanzigsten Jahrhunderts. Dann wird auf die Analyse von Leverkühns Chorwerk "Apocalipsis cum figuris" eingegangen, indem die Entstehungsgeschichte, vorkommenden Formen und Funktion der apokalyptischen Musik gründlich durchgeforstet werden.