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Wenn Michael Martin nach seiner Kameraausrüstung gefragt wird, verbirgt sich dahinter vermutlich weniger Interesse an der Qualität seiner Aufnahmen als an der Frage, wie es kommt, dass ihn seine Apparate weder bei siedendheißen Temperaturen in den Sandwüsten Afrikas noch in der froststarren Kälte der vereisten Arktis je im Stich gelassen haben. Dabei muss die Frage vielmehr lauten: Wie hat er das ausgehalten? Michael Martin nennt sich selbst einen Geografen, doch wenn er bei seinen Lichtbildervorträgen auf die Bühne tritt, hat man zugleich einen lupenreinen Abenteurer vor sich, der zwar alles dafür tut, seine atemraubenden Erlebnisse mit feiner Selbstironie herunterzuspielen, die letzten Wildnisregionen der Welt aber durch seine Fotografien in die höchsten Regionen des Sublimen hebt. Mehr Drama als bei ihm kennt die Landschaftsfotografie kaum irgendwo. "Die Welt im Sucher" nennt er nun eine Autobiographie, die eher am Rande illustriert ist, dafür dem Geschichtenerzähler viel Raum gibt. Und wer ihn je erlebt hat, kommt nicht umhin, in jeder Zeile jene Begeisterung mitzulesen, die sonst aus seinem Blick hervortritt. Michael Martin berichtet von seiner Zeit als Schulbub in Gersthofen und den ersten Aufnahmen mit einer Kodak Instamatic, über seine selbstmörderischen Motorradtouren durch die Sahara bis zu seiner ausgeklügelten Weltreise im Jahr 2018. Dabei verliert er sich bisweilen in angenehmen Plaudereien, lässt es jedoch nicht an Kritik und Sorge fehlen, wenn er seine Erkenntnisse über Desertifikation und Klimawandel ausbreitet, scheut sich nicht vor Begriffen wie Konfliktpotential und Kommunalpolitik und gesteht inmitten seiner Weltbetrachtung zugleich ein Gefühl von Wehmut angesichts eines Wandels ebenso des "Motivs Mensch" wie des "Motivs Landschaft" im Laufe der über vierzig Jahre, die er nunmehr als Fotograf unterwegs ist. Es ist das Buch passagenweise aber auch ein Ratgeber für Extremreisende, wenn Michael Martin seine Erfahrungen teilt, wie er die Reiseziele auswählt, wie exakt er die Touren vorbereitet und wie er dennoch unterwegs immer wieder auf die Kunst der Improvisation angewiesen ist. Da führt er sogar aus, wie sich mit einfachsten Mitteln und etwas Geschick Papiere herstellen lassen, die an afrikanischen Grenzübergängen als authentische Dokumente durchgehen. Und ja, am Ende gewährt er auch einen Blick in seinen Kamerarucksack, erklärt, welche Teile er nicht mehr braucht und wogegen er demnächst die gesamte Ausrüstung austauschen wird. Wohin die nächste Reise geht, behält er hingegen für sich. F.L.
"Die Welt im Sucher - Abenteuer eines Fotografen" von Michael Martin. Knesebeck Verlag, München 2021. 240 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Gebunden, 22 Euro.
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