Doktor Aira ist kein gewöhnlicher Arzt. Der verarmte, alleinstehende Mann Mitte vierzig ärgert sich über vieles. Auch der Umstand, dass er Wunder vollbringen kann, bringt ihm keine Freude. Ganz im Gegenteil: So richtig glaubt er nämlich gar nicht mehr an Wunder, ja, ein bisschen schämt er sich sogar für seine übernatürliche Gabe. Und wäre da nicht sein Erzfeind Doktor Actyn, Chefarzt für Inneres am Hospital Piñero, der nicht müde wird, Dr. Aira als Scharlatan zu beschimpfen, hätte er vielleicht gar keine Verwendung mehr dafür. Doktor Aira mag ein Meister der paranormalen Medizin sein, doch der Sprachmagier César Aira lässt den allzu menschlichen Wunderheiler in diesem magischen Buch in eine ganz gewöhnliche Falle tappen. Wird Doktor Aira es schaffen, sich gegen Actyn zu behaupten? Und wenn ja, mit welchen Mitteln? Eine wilde, satte Erzählung, die zugleich als Einleitung in das Werk César Airas dient, ja, auch als Essay über seine eigene Poetik gelesen werden kann.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.09.2020Die Lotterie der Formen
Der argentinische Schriftsteller César Aira schreibt mindestens einen Roman pro Jahr, und
auf der ganzen Welt sehen Leser dem surrealistischen Gesamtwerk bei der Entstehung zu
VON WOLFGANG HOTTNER
César Airas Werk ist kaum zu überblicken. Bei einem Schriftsteller über siebzig, der jedes Jahr drei bis vier Kurzromane, Essays und Novellen veröffentlicht, ist das nicht verwunderlich. Airas erstaunliche Produktivität hängt aber nicht nur mit der Kürze der Bücher (im Durchschnitt 100 Seiten) zusammen, sondern auch mit ihrer Entstehung. Meistens beginne er, so Aira selbst, nur mit einer vagen Idee im Kopf, oft bloß einen möglichen Titel vor Augen. Der Rest geschehe dann im Akt der Niederschrift, spontan und frei nach André Bretons surrealistischem Credo: „Schreiben Sie schnell, ohne vorgefasstes Thema, schnell genug, um nichts zu behalten.“ Da Aira nach ein paar Wochen meist auch noch das Interesse an dem Buch verliert, wird das Resultat angeblich nicht einmal Korrektur gelesen. Am Prozess der Veröffentlichung oder Übersetzung nimmt er sowieso keinen Anteil, er ist schon längst woanders.
Dennoch erscheint mindestens einmal im Jahr (in der „Bibliothek Cesar Aira“ von Matthes & Seitz Berlin) eines dieser seltsamen „Heftchen mit festem Einband“ auf Deutsch. Diesmal ein Text aus dem Jahr 1996 über einen Mann von fünfzig Jahren, den leicht paranoiden Wunderheiler Doktor Aira, den seine einzigartige Begabung einsam gemacht hat. Wenn dieser sich nicht der Herausgabe seiner „Wunderheilungs-Heftchen“ widmet, sorgt er sich um seinen Nachruhm. Hinzu kommt die permanent lauernde Gefahr hinzu, von seinem bösartigen Widersacher Doktor Actyn in eine Falle gelockt zu werden, die ihn als Scharlatan entlarven würde. Der geplagte Wunderheiler kommt nicht zur Ruhe, leidet, wie die meisten von Airas Figuren, unter akuter Schlaflosigkeit. Rastlos flaniert er durch das nächtliche Buenos Aires, spricht mit Zedernbäumen, erinnert sich an die frühe Entdeckung seiner ausgewöhnlichen Begabung.
Doktor Airas märchenhafte Träumereien in diesem umständlichen ersten Kapitel werden jäh unterbrochen: ein Krankenwagen taucht auf, darin ein Sterbender in den letzten Zügen, Doktor Airas Hilfe wird dringend benötigt. Doch dieser ist skeptisch, die scheinbare Notlage könnte wieder einmal inszeniert sein, (ist sie letztlich auch). Ein von Actyn hinterhältig aufgefahrenes Theater mit versteckten Kameras, nur dazu da, Airas „Wunderheilungsritual in all seiner Lächerlichkeit“ zu enthüllen. Der Wunderheiler hat sich mit einer Welt abgefunden, in der alles fake sein könnte, die Grenzen von Wahrheit und Fiktion ständig verschwimmen: „Doktor Aira hatte sich, derart ins Visier genommen, daran gewöhnt, wie jemand zu leben, der über vermintes Gelände geht, in seinem Fall Theaterminen, die unablässig explodieren. Glücklicherweise waren es unsichtbare, ungreifbare Explosionen, die ihn wie Luft umhüllten. Aus einem Hinterhalt herauszukommen, bedeutete nichts, denn die Hartnäckigkeit des Feindes war so groß, dass er von einem Hinterhalt in den nächsten geriet, von einer Aufführung in die nächste erwachte; er lebte in einer irrealen Welt.“
In solch unwirklichen Welten spielen viele von Airas Geschichten. In jedem Moment kann der Boden unter den Füßen wegbrechen, der Zufall zu walten beginnen, das Wunderbare seinen Lauf nehmen. Als würde der Erfinder dieser doppelbödigen Universen sich bei aufkommender Langeweile sagen: es geht so nicht weiter, etwas muss passieren! Dieser erzählerische Aktionismus ist zum Merkmal von Airas Schreiben geworden. Deer Leser einem unvorhersehbaren Prozess bei, einer Improvisation in Romanform. Nicht umsonst findet sich stets am Ende von Airas Romanen das Datum ihrer Niederschrift. Airas improvisierte Poetik entwickelt die Handlung in actu und kennt nur eine Richtung: immer weiter, nie zurück, in jedem Motiv steckt das nächste – vom Hundertsten zum Tausendsten. „Alles ist Ereignis und Erinnerung in einem kunterbunten Kontinuum“, so Aira an anderer Stelle über das eigene Schreiben.
Ein solcher Prozess ist anfällig für Redundanzen und Banalitäten, für die bloße Reproduktion des Stereotypen. Improvisationen können immer auch schief gehen, wo sie stets gelängen, wären sie keine mehr. Doch gerade mit der Freiheit des Nichtgefallenwollens spielt Airas Lotterie der Formen immer wieder. Sein umwegiges, sich selbst sabotierendes Erzählen steuert bewusst auf solche Sackgassen zu, nur um sich dann auf erzählerische wundersame Art aus solchen Notlagen zu befreien. Zwischen dem scheinbar unerschütterlichen Vertrauen auf die schriftstellerische Innovation und der Möglichkeit ihrer Abnutzung liegt das darstellerische Risiko, dem sich Aira immer wieder von Neuem aussetzt. Die gefährliche Nähe zum Schwachsinn und zum Selbstplagiat, die dabei stets mitläuft, macht die formale Einzigartigkeit sowie den unverwechselbaren Ton Airas aus.
Improvisation ist aber nicht nur das formale Prinzip von Airas fabelhaften Miniaturen, sie spiegelt sich auch in seinen Figuren. Die Zauberer, Prinzessinnen und Wunderheiler sind Meister (und gelegentlich auch Opfer) des Unvorhersehbaren, der Gelegenheit, des Spiels mit dem Situativen. Als Doktor Aira im dritten Teil des Romans die Wunderheilungen an den Nagel hängen möchte, wird ihm ein verlockendes Angebot unterbreitet. Er soll einen todkranken Millionär vor dem sicheren Tod bewahren. Doktor Aira wittert Geld und Anerkennung und sagt schließlich zu. Am Bett des Sterbenden angelangt, vertraut Doktor Aira spontan darauf, dass ihm etwas einfallen würde, dass das Wunder schon geschehen würde: „Nicht dass er übermäßiges Vertrauen in seine improvisatorischen Fähigkeiten besaß, denn zu misstrauen hatte er im Gegenteil gute Gründe. Aber er wusste, er würde auf die eine oder andere Weise aus der Sache herauskommen, raus kommt man ja immer. Es muss nur Zeit vergehen, und das tat sie ganz unvermeidlich. Streng genommen ging es nicht darum, zu ‚improvisieren‘, vielmehr musste er im waldigen Schatz seiner lebenslangen Überlegungen den entscheidenden Kniff und Gestus finden. Es war weniger Improvisation als mnemotechnische Spontaneität.“
Die darauffolgende Episode gibt diesem Urvertrauen in die Erfindungskunst auf spektakuläre Weise Recht. Sie ist dabei vor allem auch die Inszenierung einer Poetik, die eben genau so, „wie von Zauberhand“, verfährt: Aira, der „philosophische bricoleur“, schlägt einen Hacken nach dem anderen und am Ende ist es kaum möglich zu unterscheiden, ob der ganze erzählerische Aufwand in eine brillante Theorie des Romans oder einfach nur in eine „ziemlich schäbige Antiklimax“ mündet. Dennoch fügt sich eines ins andere, von der Frage nach Leben und Tod gelangt man zu Leibniz‘ Theodizee und zu dem schlagenden Beweis, „dass ein guter Roman ein wahres Wunder ist“. Dass das stimmt, hat Aira selbst unzählige Male in und mit seinen Kurzromanen bewiesen. Und auch wenn am Ende zumindest dieser windige Wunderheiler entzaubert ist, bleibt zu hoffen, dass sein gleichnamiger Autor immer weiterimprovisiert, fabuliert und den Leser bei der allmählichen Verfertigung von brillantem Irrsinn zusehen lässt.
César Aira: Die Wunderheilungen des Doktor Aira. Roman. Aus dem Spanischen von Christian Hansen. Matthes & Seitz, Berlin 2020. 109 Seiten, 16 Euro.
Airas Lotterie der Formen
spielt mit der Freiheit
des Nichtgefallenwollens
Aira führt den
Beweis, dass „ein guter Roman
ein wahres Wunder ist“
Wunderheilungsritual in all seiner Lächerlichkeit: Der argentinische Schriftsteller César Aira nimmt in Santiago de Chile den Manuel-Rojas-Preis für lateinamerikanische Literatur entgegen.
Foto: imago
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Der argentinische Schriftsteller César Aira schreibt mindestens einen Roman pro Jahr, und
auf der ganzen Welt sehen Leser dem surrealistischen Gesamtwerk bei der Entstehung zu
VON WOLFGANG HOTTNER
César Airas Werk ist kaum zu überblicken. Bei einem Schriftsteller über siebzig, der jedes Jahr drei bis vier Kurzromane, Essays und Novellen veröffentlicht, ist das nicht verwunderlich. Airas erstaunliche Produktivität hängt aber nicht nur mit der Kürze der Bücher (im Durchschnitt 100 Seiten) zusammen, sondern auch mit ihrer Entstehung. Meistens beginne er, so Aira selbst, nur mit einer vagen Idee im Kopf, oft bloß einen möglichen Titel vor Augen. Der Rest geschehe dann im Akt der Niederschrift, spontan und frei nach André Bretons surrealistischem Credo: „Schreiben Sie schnell, ohne vorgefasstes Thema, schnell genug, um nichts zu behalten.“ Da Aira nach ein paar Wochen meist auch noch das Interesse an dem Buch verliert, wird das Resultat angeblich nicht einmal Korrektur gelesen. Am Prozess der Veröffentlichung oder Übersetzung nimmt er sowieso keinen Anteil, er ist schon längst woanders.
Dennoch erscheint mindestens einmal im Jahr (in der „Bibliothek Cesar Aira“ von Matthes & Seitz Berlin) eines dieser seltsamen „Heftchen mit festem Einband“ auf Deutsch. Diesmal ein Text aus dem Jahr 1996 über einen Mann von fünfzig Jahren, den leicht paranoiden Wunderheiler Doktor Aira, den seine einzigartige Begabung einsam gemacht hat. Wenn dieser sich nicht der Herausgabe seiner „Wunderheilungs-Heftchen“ widmet, sorgt er sich um seinen Nachruhm. Hinzu kommt die permanent lauernde Gefahr hinzu, von seinem bösartigen Widersacher Doktor Actyn in eine Falle gelockt zu werden, die ihn als Scharlatan entlarven würde. Der geplagte Wunderheiler kommt nicht zur Ruhe, leidet, wie die meisten von Airas Figuren, unter akuter Schlaflosigkeit. Rastlos flaniert er durch das nächtliche Buenos Aires, spricht mit Zedernbäumen, erinnert sich an die frühe Entdeckung seiner ausgewöhnlichen Begabung.
Doktor Airas märchenhafte Träumereien in diesem umständlichen ersten Kapitel werden jäh unterbrochen: ein Krankenwagen taucht auf, darin ein Sterbender in den letzten Zügen, Doktor Airas Hilfe wird dringend benötigt. Doch dieser ist skeptisch, die scheinbare Notlage könnte wieder einmal inszeniert sein, (ist sie letztlich auch). Ein von Actyn hinterhältig aufgefahrenes Theater mit versteckten Kameras, nur dazu da, Airas „Wunderheilungsritual in all seiner Lächerlichkeit“ zu enthüllen. Der Wunderheiler hat sich mit einer Welt abgefunden, in der alles fake sein könnte, die Grenzen von Wahrheit und Fiktion ständig verschwimmen: „Doktor Aira hatte sich, derart ins Visier genommen, daran gewöhnt, wie jemand zu leben, der über vermintes Gelände geht, in seinem Fall Theaterminen, die unablässig explodieren. Glücklicherweise waren es unsichtbare, ungreifbare Explosionen, die ihn wie Luft umhüllten. Aus einem Hinterhalt herauszukommen, bedeutete nichts, denn die Hartnäckigkeit des Feindes war so groß, dass er von einem Hinterhalt in den nächsten geriet, von einer Aufführung in die nächste erwachte; er lebte in einer irrealen Welt.“
In solch unwirklichen Welten spielen viele von Airas Geschichten. In jedem Moment kann der Boden unter den Füßen wegbrechen, der Zufall zu walten beginnen, das Wunderbare seinen Lauf nehmen. Als würde der Erfinder dieser doppelbödigen Universen sich bei aufkommender Langeweile sagen: es geht so nicht weiter, etwas muss passieren! Dieser erzählerische Aktionismus ist zum Merkmal von Airas Schreiben geworden. Deer Leser einem unvorhersehbaren Prozess bei, einer Improvisation in Romanform. Nicht umsonst findet sich stets am Ende von Airas Romanen das Datum ihrer Niederschrift. Airas improvisierte Poetik entwickelt die Handlung in actu und kennt nur eine Richtung: immer weiter, nie zurück, in jedem Motiv steckt das nächste – vom Hundertsten zum Tausendsten. „Alles ist Ereignis und Erinnerung in einem kunterbunten Kontinuum“, so Aira an anderer Stelle über das eigene Schreiben.
Ein solcher Prozess ist anfällig für Redundanzen und Banalitäten, für die bloße Reproduktion des Stereotypen. Improvisationen können immer auch schief gehen, wo sie stets gelängen, wären sie keine mehr. Doch gerade mit der Freiheit des Nichtgefallenwollens spielt Airas Lotterie der Formen immer wieder. Sein umwegiges, sich selbst sabotierendes Erzählen steuert bewusst auf solche Sackgassen zu, nur um sich dann auf erzählerische wundersame Art aus solchen Notlagen zu befreien. Zwischen dem scheinbar unerschütterlichen Vertrauen auf die schriftstellerische Innovation und der Möglichkeit ihrer Abnutzung liegt das darstellerische Risiko, dem sich Aira immer wieder von Neuem aussetzt. Die gefährliche Nähe zum Schwachsinn und zum Selbstplagiat, die dabei stets mitläuft, macht die formale Einzigartigkeit sowie den unverwechselbaren Ton Airas aus.
Improvisation ist aber nicht nur das formale Prinzip von Airas fabelhaften Miniaturen, sie spiegelt sich auch in seinen Figuren. Die Zauberer, Prinzessinnen und Wunderheiler sind Meister (und gelegentlich auch Opfer) des Unvorhersehbaren, der Gelegenheit, des Spiels mit dem Situativen. Als Doktor Aira im dritten Teil des Romans die Wunderheilungen an den Nagel hängen möchte, wird ihm ein verlockendes Angebot unterbreitet. Er soll einen todkranken Millionär vor dem sicheren Tod bewahren. Doktor Aira wittert Geld und Anerkennung und sagt schließlich zu. Am Bett des Sterbenden angelangt, vertraut Doktor Aira spontan darauf, dass ihm etwas einfallen würde, dass das Wunder schon geschehen würde: „Nicht dass er übermäßiges Vertrauen in seine improvisatorischen Fähigkeiten besaß, denn zu misstrauen hatte er im Gegenteil gute Gründe. Aber er wusste, er würde auf die eine oder andere Weise aus der Sache herauskommen, raus kommt man ja immer. Es muss nur Zeit vergehen, und das tat sie ganz unvermeidlich. Streng genommen ging es nicht darum, zu ‚improvisieren‘, vielmehr musste er im waldigen Schatz seiner lebenslangen Überlegungen den entscheidenden Kniff und Gestus finden. Es war weniger Improvisation als mnemotechnische Spontaneität.“
Die darauffolgende Episode gibt diesem Urvertrauen in die Erfindungskunst auf spektakuläre Weise Recht. Sie ist dabei vor allem auch die Inszenierung einer Poetik, die eben genau so, „wie von Zauberhand“, verfährt: Aira, der „philosophische bricoleur“, schlägt einen Hacken nach dem anderen und am Ende ist es kaum möglich zu unterscheiden, ob der ganze erzählerische Aufwand in eine brillante Theorie des Romans oder einfach nur in eine „ziemlich schäbige Antiklimax“ mündet. Dennoch fügt sich eines ins andere, von der Frage nach Leben und Tod gelangt man zu Leibniz‘ Theodizee und zu dem schlagenden Beweis, „dass ein guter Roman ein wahres Wunder ist“. Dass das stimmt, hat Aira selbst unzählige Male in und mit seinen Kurzromanen bewiesen. Und auch wenn am Ende zumindest dieser windige Wunderheiler entzaubert ist, bleibt zu hoffen, dass sein gleichnamiger Autor immer weiterimprovisiert, fabuliert und den Leser bei der allmählichen Verfertigung von brillantem Irrsinn zusehen lässt.
César Aira: Die Wunderheilungen des Doktor Aira. Roman. Aus dem Spanischen von Christian Hansen. Matthes & Seitz, Berlin 2020. 109 Seiten, 16 Euro.
Airas Lotterie der Formen
spielt mit der Freiheit
des Nichtgefallenwollens
Aira führt den
Beweis, dass „ein guter Roman
ein wahres Wunder ist“
Wunderheilungsritual in all seiner Lächerlichkeit: Der argentinische Schriftsteller César Aira nimmt in Santiago de Chile den Manuel-Rojas-Preis für lateinamerikanische Literatur entgegen.
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Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension
Der Protagonist dieses Roman, der im übrigens genauso heißt wie sein Autor, betont derart insitierend, dass es keine Wunder gebe, dass Rezensent Dirk Fuhrig ihm am Ende fast schon nicht mehr glauben will. Herrlich verschroben sei dieser Aira-typische Kurzroman, zugleich philosophisch und erstaunlich aktuell, da er schon 1998, im Jahr der Originalausgabe, über Wahrheit und Lüge nachdenke, und darüber, "wie sich die Wirklichkeit von ihrer Inszenierung unterscheiden lässt". Tja, lässt sie? Es ja gerade die Literatur, die das Wunder schafft, so Fuhrig mit Aira, denn der Autor sei ein Schöpfer und könne eine neue Welt einfach so behaupten. Kein Wunder also, dass sich der Protagonist in die von ihm erwartete Rolle des Wunderheilers fügt, obwohl er gar keiner ist. Oder vielleicht doch?
© Perlentaucher Medien GmbH
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