Es war der größte Triumph des Liberalismus im 19. Jahrhundert, dass Benjamin Disraeli auf dem Höhepunkt des britischen Empires Premierminister werden konnte. Der getaufte Sohn eines jüdischen Literaten verbrachte seine Jugend am unteren Rand der vorviktorianischen aristokratischen Gesellschaft und machte durch skandalöse Liebschaften von sich reden. Hoch verschuldet, vermochte ihn nur seine Wahl zum Unterhausmitglied vor dem Gefängnis zu bewahren. Seine schriftstellerische Begabung verschaffte ihm die Wortgewandtheit, mit der er Zugang zur Macht gewann. Die noch vom Landadel beherrschte konservative Partei musste ihn schließlich als Führer anerkennen. Als Premierminister stand er in einem »ritterlichen«, fast romantischen Verhältnis zur verwitweten Königin Viktoria, das ihm auch in politischer Hinsicht von großem Nutzen war. Seine prägnanten Formulierungen – etwa die von den zwei Nationen: die Nation der Reichen und die der Armen, in die England auseinanderfalle – werden bis heute zitiert und man schätzt ihn als den Staatsmann, der eine konservativ eingestellte, wahlberechtigte Masse antizipierte.