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In den Neunzigern erhielt der alte Dienstleistungsberuf Plattenaufleger plötzlich Kultstatus: Als Alchimisten der Akustik gelten DJs seither. Allmählich entwickelte sich ein neues DJ-Dienstleistungsfeld: Subkulturvertreter in der Hochkultur. So jedenfalls lesen sich die in bester "Spex"-Manier amüsant selbstbezüglichen Disko-Berichte des Elektro-DJs und Popjournalisten Hans Nieswandt. Zunächst macht er sich angesichts des Aufstiegs eines DJs zum Präsidenten von Madagaskar und der durchaus passablen Auftritte Jürgen Trittins als DJ Dosenpfand Gedanken über die innere Verwandtschaft seines Berufsstands mit dem des Politikers: Beide tendierten zur "Verschwendung, von sich und seinen Ressourcen, zum Wohl aller, zum Ruin aller". Doch dann muss Nieswandt bemerken, dass man ihn vor allem als Füllmasse in der industriellen Kulturproduktion schätzt: Nebenfiguren-Auftritt in Wim Wenders' "Palermo Shooting", ein Theater-Auftrag, Shakespeare zu "verrappen", Einladung als Stimme der jungen Generation (mit Mitte vierzig!) bei allerlei Diskussionen und immer wieder Kulturmissionar des Goethe-Instituts. Die soziale Tanzwirtschaft, für die Nieswandt steht, steckt aber gleich doppelt in der Klemme, denn in vielen Teilen der Welt wurde sie längst verdrängt durch kalten, harten Global Tech. Ein Menetekel? Es spricht zumindest einiges dafür, dass heute nicht Selbstverschwendung, sondern Arroganz das Charakteristikum erfolgreicher Politiker ist. (Hans Nieswandt: "DJ Dionysos". Geschichten aus der Diskowelt. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2010. 184 S., br., 8,95 [Euro].) oju
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