Studienarbeit aus dem Jahr 2021 im Fachbereich Philosophie - Praktische (Ethik, Ästhetik, Kultur, Natur, Recht, ...), Note: 1,7, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, Veranstaltung: Vertiefungsmodul: Willensschwäche in Antike, Mittelalter und Gegenwart, Sprache: Deutsch, Abstract: Rationalität gilt in der Philosophie seit Anbeginn als zentrales menschliches Merkmal, doch gelegentlich scheint die menschliche Vernunft an ihre Grenzen zu stoßen. Das Phänomen der Willensschwäche ist sicher jedem Menschen aus seinem täglichen Leben hinlänglich bekannt, und wir können dafür beliebig viele Beispiele liefern. Wir verspüren den Wunsch, uns gesünder zu ernähren. Wir denken nach, wir wägen Argumente ab, wir sehen die Vorteile einer nährstoffreichen gegenüber einer zuckerhaltigen Ernährung, und treffen eine Entscheidung: aus guten Gründen ist es ist vernünftig, sich ab sofort besser zu ernähren. Doch kurz darauf, beim Anblick einer leckeren Torte, werfen wir sehenden Auges unsere Entscheidung über den Haufen, essen die Torte, und spüren neben dem Genuss in vielen Fällen zusätzlich ein schlechtes Gewissen, sowie ein Unverständnis gegenüber unseren eigenen Handlungen. Willensschwäche scheint also die Struktur zu haben, dass sich Menschen unter dem Einfluss einer Versuchung gegen ihre besten Gründe entscheiden und sich damit praktisch irrational verhalten. Die Irrationalität liegt in der Diskrepanz zwischen einem handlungsbezogenen Werturteil (es ist besser, sich nährstoffreich zu ernähren) und der tatsächlich vollzogenen Handlung (ich habe jetzt Lust auf diese Torte und esse sie), die offensichtlich das Werturteil nicht abbildet. Philosophisch betrachtet beschäftigen wir uns mit dem Verhältnis von Evaluation und Motivation, der Frage, warum Akteure zwar am meisten für eine Handlung motiviert sein können, diese aber dennoch nicht zwangsläufig ausführen, obwohl dies möglich wäre. Die antiken Diskussionen bei Platon und Aristoteles betrachteten die Willensschwäche im Wesentlichen unter moralphilosophischen Aspekten und als Handeln wider besseres Wissen. 1969 behandelt Donald Davidson Akrasia als ein grundlegendes Problem kausaler Handlungstheorien, indem er die Korrelation der Stärke von Gründen und Ursachen hinterfragt und damit die gesamte Konzeption von Rationalisierungserklärungen als Spielart von Kausalerklärungen in Frage stellt. Sein Aufsatz wurde in der philosophischen Welt breit diskutiert, und auch kritisiert – u.a. von C.C.W. Taylor, der in seinem 1980 in "Mind" veröffentlichten Aufsatz "Plato, Hare and Davidson on Akrasia" die These vertritt, dass selbst wenn Davidson’s logische Schlussfolgerungen korrekt seien, sie nicht erfolgreich zur Lösung des Problems beitrügen. Hat er recht?