Dr. Daniel Norden freute sich, als Irene Bruck so lebhaft und frisch sein Sprechzimmer betrat. Vor sechs Wochen hatte sich eine verhärmte traurige Frau von ihm verabschiedet, um eine Kur im Sanatorium »Insel der Hoffnung« zu machen. »Sie haben sich gut erholt«, stellte er lächelnd fest. »Sehr gut. Es war wunderschön. Ich bin so froh, dass ich Ihrem Rat gefolgt bin, Herr Doktor. Heinz wird ja nicht wieder lebendig, und ich werde noch gebraucht.« Vor zehn Monaten war ihr Mann an einer unheilbaren Krankheit gestorben. Für die gerade Vierzigjährige war es ein entsetzlicher Schock gewesen, und auch Dr. Norden war sehr erschüttert gewesen, dass wieder einmal eine überaus glückliche Ehe ein so jammervolles Ende nehmen musste. Irene konnte sich nicht fangen, obgleich sie nicht ganz allein zurückblieb. Sie hatte ihre Tochter Dorthe, ein reizendes Mädchen, das alles tat, um die geliebte Mutter aufzurichten, sie hatte den ebenfalls verwitweten Schwager, der im selben Haus wohnte, und auch ihren Neffen Florian, dem sie über viele Jahre liebevoll die Mutter ersetzt hatte. Dorthe und Florian waren wie Geschwister aufgewachsen, sehr verschieden im Naturell zwar, aber der gutmütige Florian hatte der um vier Jahre jüngeren Cousine immer nachgegeben. Ja, Dr. Norden kannte die Verhältnisse der Familien Bruck, und er war sehr froh, dass Irene sich gefangen hatte. »Nun brauchen wir ja keine Medikamente mehr«, sagte er. »Nein, sie sind bereits verbannt«, erwiderte Irene, »aber die >Insel der Hoffnung< wird mich noch öfter sehen. Ihre Schwiegereltern sind einmalig, das muss ich Ihnen doch sagen. Es war wirklich eine wunderbare Zeit. Und hier wurde ich auch mit einer erfreulichen Überraschung empfangen. Dorthe wird sich in Kürze verloben.« »Ist er nett?«, fragte Dr. Norden.
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