Ich habe recht lange gebraucht, um die Rezension zu schreiben, weil ich nicht wusste, wie ich dem Roman gerecht werden kann. „Dream Count“ ist kein Roman, der sich in eine einfache Kategorie einordnen lässt – und genau darin liegt seine literarische Kraft. Chimamanda Ngozi Adichie gelingt es, auf
mehreren Ebenen gleichzeitig zu erzählen: poetisch und politisch, zart und schonungslos, persönlich…mehrIch habe recht lange gebraucht, um die Rezension zu schreiben, weil ich nicht wusste, wie ich dem Roman gerecht werden kann. „Dream Count“ ist kein Roman, der sich in eine einfache Kategorie einordnen lässt – und genau darin liegt seine literarische Kraft. Chimamanda Ngozi Adichie gelingt es, auf mehreren Ebenen gleichzeitig zu erzählen: poetisch und politisch, zart und schonungslos, persönlich und universell.
Statt durch eine lineare Handlung entfaltet sich der Text in vier weibliche Stimmen, die miteinander verwoben sind, ohne sich gegenseitig zu erklären: Wir begleiten Chia, Zikora, Kadiatou und Omelogor bei ihrer Suche nach der großen Liebe, nach einem besseren Leben und dem eigenen Weg. Alle gehen mit den Herausforderungen von Frauen um, gehören aber unterschiedlichen Klassen an: Während Chia sich keine Gedanken um ein regelmäßiges Einkommen machen muss, muss Kadiatou neben ihrer Arbeit als Haushälterin von Chia noch in einem Hotel arbeiten. Zudem bewegen sich alle zwischen verschiedenen Welten: Chia und Zikora sind aus Nigeria in die USA gezogen, um dort zu studieren und zu arbeiten, Kadiatou hat aus Guinea kommend Asyl in den USA bekommen und Omelogor lebt nach einem kurzen Studienaufenthalt in den USA wieder in Nigeria. Und obwohl die Frauen sich alle in ganz anderen Lebenswelten bewegen, konnte ich immer wieder Situationen erkennen, die sicher viele Frauen schon erlebt haben.
Diese Vielstimmigkeit habe ich auch als Form von literarischem Widerstand gegen die Vereinfachung weiblicher Lebenserfahrung gelesen. Was hier verhandelt wird – Sexismus, Migration, Rassismus, soziale Ungleichheit, Begehren, Körper, Freundschaft, Arbeit, Gewalt – wird niemals mit dem moralischen Zeigefinger vermittelt, niemals vereinfachend, sondern immer so, dass Verbindungen, Widersprüche und Ambivalenzen deutlich werden. Über Menschen, die meinen, die Welt verstanden zu haben, wird sich stattdessen lustig gemacht und sie werden als scheinheilig entlarvt. Dabei liest sich der Text dennoch leicht, flüssig und unterhaltsam. Es gibt außerdem immer wieder Momente der Komik und Situationen, in denen sich Frauen gegenseitig unterstützen und fördern. Ein Nachwort der Autorin, in der sie ihre Geschichte in einen aktuellen Kontext einordnet, hat die Lektüre für mich perfekt abgerundet.
Für alle, die sich für Literatur interessieren, die Einblicke in vielfältige Perspektiven gibt – formal, inhaltlich, emotional – ist „Dream Count“ eine dringende Leseempfehlung. Ein vielstimmiger, eindringlicher Roman über weibliche Erfahrung, Macht und Verletzlichkeit!