Ein halbnackter Fremder tanzt zwischen den Gräbern des Eferdinger Pfarrfriedhofs. Es ist November 1954, ein nasskalter Tag, und Dragan Džomba ist auf der Suche. Vor dem Friedhofstor stehen die Bürger – aufgebracht, misstrauisch, neugierig. Nur der Dechant nähert sich dem Serben und gibt ihm schließlich Quartier im Pfarrhof. Dragan spricht nicht viel, immer wieder zieht es ihn hinaus zum Lagerfriedhof nahe der Donau. Dort, wo es kaum Spuren der Vergangenheit gibt, sucht Dragan aber genau diese. Er bezieht die Hütte auf dem "Serbenfriedhof", schließt Freundschaften, erlebt Anfeindung und Argwohn. Jahre später, alt geworden, sitzt er im Gasthof "Zum roten Krebs" am Stammtisch. Dem Fremden bleibt das Fremde haften, das Seltsame. Ab und zu stellt ihm die zehnjährige Wirtstochter ein Bier hin. Sie ist in ihren Tagträumen daheim und fühlt eine Verbindung zu dem Mann, der nach Wald und Erde duftet, der vor ihr da war und weiß, welche Geschichte sich unter den Feldern verbirgt. Mit "Dschomba" schreibt sich Karin Peschka das Wissen um die Vergangenheit jenes Ortes, in dem sie aufgewachsen ist, in die eigene Biografie. Sie erzählt vom Leben in einer kleinen Stadt, von Begegnungen, von Lebenswegen und -wendungen, und ein wenig davon, wie es ist, als Wirtstochter aufzuwachsen.
Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension
Ein wenig muss man sich wohl an Karin Peschkas spezielle Erzählweise gewöhnen, erklärt Rezensentin Katharina Herrmann. Wer sich diese Mühe macht, wird jedoch umso reicher belohnt - mit einem großartigen Roman über das große Schweigen. In "Dschomba" beginnt dieses große Schweigen zu bröckeln, als eines Tages ein Mann namens Dzomba auf dem alten sogenannten "Serbenfriedhof" auftaucht und zwischen den Gräbern zu tanzen beginnt. Er ist auf der Suche nach seinem Bruder, der hier vor vielen Jahren als Kriegsgefangener in einem Lager lebte, von dem heute niemand mehr spricht und an das nichts erinnert - außer eben seit neustem Dzomba, der Serbe, der sich, indem er alte Wunden aufreißt, so einige Feinde in der kleinen oberösterreichischen Stadt macht. Gewöhnungsbedürftig an diesem Roman ist vor allem die Sprache, lesen wir. Es ist ein rauer, ein "karger" Ton, dessen sich die Autorin bedient, mit vielen mundartlichen Anteilen. Vor allem aber lässt Peschka ihre Sätze immer wieder im Nichts verlaufen, die Sprache "bricht ab" oder lässt Lücken, um Verdrängtes und manchmal gänzlich Unsagbares zu markieren - ein Konzept, das aufgeht, wie die Rezensentin findet. Hier wird tatsächlich das Schweigen in Worte gefasst, so Herrmann.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH