Seit ihrem postum erschienenen Tagebuch gilt Alice James als eine Ikone des frühen Feminismus. Und doch ist ihr Name bis heute weitgehend unbekannt. Erst wenn die Sprache auf ihre Brüder kommt, den Romancier Henry James sowie den Philosophen und Psychologen William James, oder auf Susan Sontag, die ihr ein Theaterstück widmete, weiß man sie einzuordnen. In Simone Scharberts Prosadebüt nimmt Alice James endlich die zentrale Position ein, die ihr zeitlebens nie zustand: Sie selbst ist die Adressatin dieser Anrufung. In einem reißenden Strom von Bildern, Assoziationen und Zitaten wird die Tragödie dieses Lebens greifbar: Die Geschichte einer Frau, die in einem intellektuellen Haushalt aufwächst, der aber der Zugang zu Bildung und Studium verwehrt bleibt. Einer Frau, die gegen das Stigma der Hysterie-Diagnose ankämpft, von den Brüdern benutzt als Material für ihr Schreiben und ihre Studien, von den Ärzten als Testobjekt für pseudowissenschaftliche Therapiemethoden. Einer Frau, in deren dysfunktionalem, von Krinoline, Mieder und gesellschaftlichen Konventionen eingeschnürtem Körper ein intellektuell wacher Geist wohnt.
"Simone Scharberts poetische Spurensuche nach einer verkannten literarischen Vorgängerin hat mich auf eine Art nachhaltig berührt, wie es nur wenige andere Texte geschafft haben, und ich werde seit Jahren nicht müde, sie bei jeder passenden (und unpassenden) Gelegenheit weiterzuempfehlen. Dass dieses Buch nun in einer neuen Ausgabe wieder verfügbar wird, ist ein großes Geschenk." Magda Birkmann, Buchhändlerin (ocelot, Berlin) und Herausgeberin der Reihe "Wiederentdeckte Schätze des 20. Jahrhunderts" bei Rowohlt