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Eduardo Halfons neuer Roman über ein Familiengeheimnis und die Verlässlichkeit von Erinnerungen. - "Eine Meisterleistung." New York Review of Books
„Er hieß Salomon. Er starb, als er fünf war, ertrunken im Amatitlán-See. So bekam ich es als Kind in Guatemala erzählt.“ Wie passt das zusammen mit dem Foto eines traurigen Jungen im Schnee von New York im Jahr 1940, dessen Kopf aussieht wie der eines Erwachsenen? Um die wahre Geschichte seines Onkel Salomons zu erfahren, fährt der Erzähler zum Haus seiner Großeltern am Amatitlán-See und befragt eine uralte Kräutersammlerin, die von unzähligen…mehr

Produktbeschreibung
Eduardo Halfons neuer Roman über ein Familiengeheimnis und die Verlässlichkeit von Erinnerungen. - "Eine Meisterleistung." New York Review of Books

„Er hieß Salomon. Er starb, als er fünf war, ertrunken im Amatitlán-See. So bekam ich es als Kind in Guatemala erzählt.“ Wie passt das zusammen mit dem Foto eines traurigen Jungen im Schnee von New York im Jahr 1940, dessen Kopf aussieht wie der eines Erwachsenen? Um die wahre Geschichte seines Onkel Salomons zu erfahren, fährt der Erzähler zum Haus seiner Großeltern am Amatitlán-See und befragt eine uralte Kräutersammlerin, die von unzähligen ertrunkenen Kindern weiß, doch nichts von Salomon. Was ist mit dem verschwundenen Onkel passiert und warum schweigt die Familie über sein Schicksal? Eduardo Halfons preisgekrönter Roman ist ein atemberaubendes Duell zwischen Erfindung und Wahrheit.

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Autorenporträt
Eduardo Halfon, 1971 in Guatemala-Stadt geboren, ist einer der wichtigsten Schriftsteller der jüngeren lateinamerikanischen Literatur. Ab 1981 wuchs er in den USA auf. Nach seiner Rückkehr nach Guatemala unterrichtete er als Professor für Literatur an der Universidad Francisco Marroquín. Halfons Bücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt. 2009 erhielt er für seinen Kurzroman La pirueta den Premio de Novela Corta José María Pereda, 2011 ein Guggenheim Fellowship für seine Arbeit an Der polnische Boxer und 2015 den Prix Roger-Caillois für Signor Hoffman. Bei Hanser erschienen Der polnische Boxer (Roman, 2014), Wie mein Zuhause zu verschwinden begann (Hanser Box, 2015), Signor Hoffman (Roman, 2016) und Duell (Roman, 2019). Eduardo Halfon lebt in Paris.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.11.2019

Was geschah mit Onkel Salomon?
Der guatemaltekische Schriftsteller Eduardo Halfon erforscht das Geheimnis seiner Familie
Gleich und Gleich gesellt sich gern, etwaige Folgen tragen die Kinder. Die Eltern des Erzählers tragen das Familiengeheimnis ihrer Väter mit sich herum und rühren nicht daran. Das verbindet. Die Übertragung dieser unerklärten Gefühlserbschaften verursacht dem Sohn Unruhe und Empfindlichkeit. Eduardo Halfon verleiht in seinem Roman „Duell“ dem Erzähler die eigene Biografie sowie den eigenen Namen und schildert die Stadien von Neugierde und Misstrauen, das gewissenhafte Beobachten der Familienmitglieder und dann eine Recherche, die von einem Detail seiner Familie ausgeht: Salomon, der Bruder des Vaters, sei als Kind in dem See ertrunken, bei dem sich das Landhaus der Großeltern befindet, der gewohnte Ferienort der Familie.
Als Kinder malen sich Eduardo und sein jüngerer Bruder den Anblick des ertrunkenen kleinen Salomon aus, doch gesprochen wird in der Familie gemäß einem ungeschriebenen Gesetz darüber nie. Neben den gewalttätigen politischen Unruhen im Guatemala der 1970er-Jahre und der Emigration 1981 in die USA hat die Familie wahrlich genug Themen.
Der eine Großvater war 1919 sechzehnjährig mit seiner Familie von Beirut nach Amerika aufgebrochen und über New York, Haiti, Peru und Mexiko nach Guatemala gelangt, unterwegs starb die Mutter, aber zahlreiche bereits emigrierte Verwandte setzten sich für den jungen Mann und seine Geschwister ein. Er war der Vater des kleinen Salomon. Der andere Großvater überlebte diverse Konzentrationslager und kam 1946 als 25-Jähriger nach Guatemala. Ihn beseelt eine Neigung zu Flugzeugen. Zu seinen Besuchen technischer Museen nimmt er seine lustlosen Enkel mit, aber eines Tages beobachtet Eduardo, wie der Großvater das Flugzeug findet, das er suchte, versteht aber noch nicht, was es damit auf sich hat.
Erst bei einer Europareise und mit Recherchen in KZ-Archiven, die er noch nicht einmal geplant hatte, erfährt er, dass sein Großvater in den Heinkel-Werken als Zwangsarbeiter Kriegsflugzeuge bauen musste, während Familienangehörige im Ghetto von Lodz verhungerten. Noch weniger kann Eduardo ahnen, dass sich bei Onkel Salomon ebenfalls ein unschönes, verdrängtes Geheimnis verbirgt. Immer wieder bringen ihn beliebige Ereignisse und Anblicke zurück zum imaginierten Bild des ertrunkenen Kindes, sodass er sich endlich aufmacht und der Sache auf den Grund gehen will. Er muss feststellen, dass es jede Menge Ertrunkene in dem See gegeben hat, nur keinen kleinen Salomon.
Halfons Erzähler tastet sich behutsam an die Fakten und zum Teil widersprüchlichen Behauptungen heran und gleicht sie ab mit seinen Erinnerungen, erzählt dabei von seiner weit verstreuten Familie, amüsiert mit Anekdoten von seinem zwielichtigen Onkel, der den Jungen fasziniert, und der geschäftstüchtigen Tante mit ihrem Souvenirladen in Miami Beach und zieht seine Leser nach und nach in seinen Bann, sodass man ihm den Besuch bei einer Heilerin oder Voodoo-Wahrsagerin, die manche als Hexe bezeichnen, als ganz normal abnimmt, wie auch schon der Gärtner im Landhaus der Großeltern Eduardo gezeigt hatte, wie man zu den Pflanzen ermutigende und schöne Worte spricht, damit sie wurzeln und wachsen.
Jede dieser an sich unwichtigen Einzelheiten bringt eine neue Facette in die Rekonstruktion der Fakten, mal ist es ein Streit des Vaters mit der Tante um eine angebliche Schuld, mal die Vorwürfe an den Onkel, der mit Zeitungsartikeln über sich und seine Straftaten vor dem kleinen Eduardo angibt. Und immer stellt Eduardo seine Fragen, bekommt aber keine oder ungenügende Antworten.
Mit Epikurs Sentenz, dass es für ein und dasselbe Phänomen unterschiedliche Erklärungen geben kann, öffnet er sich sogar noch die Möglichkeit, vielleicht doch nicht alles zu erfahren. Aber dann nimmt der Vater eine Keilerei zwischen Eduardo und seinem Bruder zum Anlass, Salomons Schicksal zu erzählen: Salomon war ein krankes Kind, das von Eduardos Großeltern aus Hilflosigkeit in eine New Yorker Klinik gesteckt wurde, wo es einsam starb und dann auf einem christlichen statt einem jüdischen Friedhof bestattet wurde. Alle fühlen sich deswegen schuldig, obwohl sie, abgesehen von Salomons Eltern, nichts dafür können. Nach dieser Szene, mit der sich die ganze Unruhe und Recherche gewissermaßen erledigt hat, kommt Halfon noch einmal zurück auf eine nächtliche Sitzung bei der Voodoo-Frau, die, wie ein Kater nach dem Rausch, mit Rückenweh und Nackenstarre und einer unwirklich morbiden Szene am See ihr Ende findet.
Bleibt der irreführende Titel: Im Original heißt das Buch Duelo, „Zweikampf“ oder „Trauer, Leid“. Die Entscheidung für den reißerischen Titel wird die Vertriebsleitung des Verlags begrüßt haben. Wer es liest, kann entdecken, dass es auch ohne Zweikampf geht. Wenn Eduardo am Ende die Fakten herausfindet, sind die nämlich schon längst nicht mehr ausschlaggebend für die Spannung dieses schmalen Buchs. Attraktiv ist die eingehende, feinfühlige und dabei unsentimentale Erzählweise.
RUDOLF VON BITTER
Behutsam tastet sich der
Erzähler an die Fakten und
unklaren Behauptungen heran
Eduardo Halfon: Duell. Roman. Aus dem Spanischen von Luis Ruby. Carl Hanser Verlag, München 2019. 112 Seiten, 18 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Nicht von dem "reißerischen" Titel abschrecken lassen, warnt Rezensent Rudolf von Bitter und erklärt: Um ein "Duell" geht es hier höchstens am Rande. Stattdessen liest er die Familiengeschichte Halfons, der, ausgehend vom ungeklärten Tod seines Onkels Salomon in den vierziger Jahren, immer mehr Familiengeheimnisse ans Licht bringt: Ein Großvater überlebte verschiedene Konzentrationslager und floh 1946 nach Guatemala, während weitere Familienangehörige im Ghetto von Lodz verhungerten; ein anderer Großvater war bereits 1919 von Beirut aus über New York, Peru und Mexiko nach Guatemala gekommen, erfährt der Kritiker. Er bewundert nicht nur Halfons unermüdliche Recherche, sondern vor allem die Feinfühligkeit, mit der sich der guatemaltekische Autor den verschwiegenen Schicksalen seiner Familie nähert. Witzige Anekdoten und die Sogkraft des Romans lassen den Rezensenten eine klare Leseempfehlung aussprechen.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Mit meisterlicher Erzählkraft geht der guatemaltekische Autor Eduardo Halfon in seinem neuen Roman wieder einem Familiengeheimnis nach. [...] Halfon erzählt das in fragmentarischer Kürze und zeichnet dennoch seine Charaktere meisterhaft genau. Raffiniert-poetisch verschränken sich bei ihm Landschaftsbilder mit fantastischen Episoden." David Renke, Süddeutsche Zeitung / SZ Extra, 23.01.20

"[...] 'Duelo', so der spanische Originaltitel, bedeutet sowohl Duell als auch Trauer. Eduardo Halfon gelingt das Kunststück, Trauer spürbar zu machen, ohne sie auszubreiten. Das Verlorene scheint in Auslassungen auf, im plötzlichen Stocken in einem Gespräch, in der Ruhelosigkeit, mit der der Erzähler nach Salomons Geschichte sucht. Auf 110 Seiten erzählt Halfon so viel wie andere auf Hunderten." Martina Läubli, NZZ am Sonntag, 29.01.19

"Halfons Erzähler tastet sich behutsam an die Fakten und zum Teil widersprüchlichen Behauptungen heran und gleicht sie ab mit seinen Erinnerungen, erzählt dabei von seiner weit verstreuten Familie, amüsiert mit Anekdoten von seinem zwielichtigen Onkel, der den Jungen fasziniert, und der geschäftstüchtigen Tante mit ihrem Souvenirladen in Miami Beach und zieht seine Leser nach und nach in seinen Bann." Rudolf von Bitter, Süddeutsche Zeitung, 20.11.19

"Die grosse Erzählkunst des Eduardo Halfon liegt darin, ins Zentrum dieses schmalen Romans ein stummes, totes Kind zu stellen, das zum Angelpunkt der grossen wie der kleinen Geschichte wird." Roman Bucheli, Neue Zürcher Zeitung, 25.10.19

"In 'Duell' beschwört [Halfon] in einem hinreißend charmanten Erzählton eine halb komische, halb tragische Familienmythenwelt, in der Wahrheiten schwer oder überhaupt nicht mehr herauszubekommen sind." Wolfgang Höbel, DER SPIEGEL, 19.10.19

"'Duell' ist schlicht ein ergreifendes, kleines Meisterwerk." Sigrid Brinkmann, Deutschlandfunk Kultur, 12.10.19

"Ein sehr persönlicher Text, der viele Fragen offen lässt und dabei die Grenzen zwischen Autobiografie und Fiktion nur sehr unscharf zieht." Dirk Fuhrig, WDR 3 Mosaik, 25.09.19

"Halfons Erzähler tastet sich behutsam an die Fakten und zum Teil widersprüchlichen Behauptungen heran und gleicht sie ab mit seinen Erinnerungen, erzählt dabei von seiner weit verstreuten Familie, amüsiert mit Anekdoten von seinem zwielichtigen Onkel, der den Jungen fasziniert [...] Attraktiv ist die eingehende, feinfühlige und dabei unsentimentale Erzählweise." Rudolf von Bitter, Süddeutsche Zeitung, 20.11.19

""Duell" ist trotz aller Tragik ein höchst kurzweiliges Buch, das wiederum voller Reflexionen steckt, die unter der erzählten Fläche den Leser in die Tiefe ziehen. Es ist ein weiteres Bruchstück im literarischen Werk des Autors, ein Werk, das das Puzzle der eigenen Familiengeschichte Roman um Roman, Mosaikstein um Mosaikstein, Fiktion um Fiktion vervollständigt." Guy Helminger, Luxemburger Tagblatt, 30.11.20
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