Carlo Levis Cristo si è fermato a Eboli ist einer der großen Klassiker der modernen italienischen Literatur, eindeutig einer Strömung zuordnen lässt sich das Werk jedoch nicht. Die Autoethnographie des Turiner Intellektuellen greift nämlich auf ein komplexes Gedankengebäude zurück, das in Paura della libertà formuliert ist und das Kunst als Medium von Wahrheit und Wissen propagiert. Rosemary Snelling-Gogh leistet mit Dynamische Wahrheit einen grundlegenden Beitrag zur Levi-Forschung, indem sie einerseits den anthropologischen Denkrahmen Levis religionsethnologisch aufarbeitet, andererseits nach dem Einfluss der Theorie auf die Ästhetik der Texte fragt. Konkret sind dabei für Levi Kategorien wie das unfassbare Heilige, die weltordnende Kraft der Religion und die harmonisierende Paradiesvorstellung als grundsätzliche Anthropologika von Belang. Diese findet er in Form von Magie, Ritualen und einem archaischen Denken in Lukanien und eröffnet so den Süden Italiens ethnographisch als ein Eigenes und Fremdes zugleich. Dem anthropologischen Denken folgt die Übersetzung in ein mythologisches Erzählen, das über eine hybride Verschränkung von Perspektiven, Diskursen und Stilmitteln auf die Herstellung einer Sprache zielt, die dem Leser kognitive und affektive Zugänge bieten soll. Mit Levi formuliert steht eine solche Sprache zwischen ambivalenter, ,heiliger' Unsagbarkeit und begriffsrationaler, ,religiöser' Klarheit und ist das Medium einer dynamisch verstandenen ,Wahrheit'. So stellt sich heraus, dass Levi seine eigenen Forderungen an Kunst erfüllt und damit bewusst zur literarischen Anthropologie der Moderne beiträgt.
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