Brauchen wir Helden? Was sind überhaupt Helden? Gibt es Einvernehmen darüber, wer als Held bzw. Heldin infrage kommt?
Publizist Christoph Giesa beschäftigt sich seit mehr als einem Jahrzehnt mit politischen und gesellschaftlichen Fragen, aktuell mit dem Thema "Helden". Die Abgrenzung, was einen
Helden ausmacht, ist umstritten. Manch einer wird aus falschen Motiven zum Held gekürt. "Wer zu sehr…mehrBrauchen wir Helden? Was sind überhaupt Helden? Gibt es Einvernehmen darüber, wer als Held bzw. Heldin infrage kommt?
Publizist Christoph Giesa beschäftigt sich seit mehr als einem Jahrzehnt mit politischen und gesellschaftlichen Fragen, aktuell mit dem Thema "Helden". Die Abgrenzung, was einen Helden ausmacht, ist umstritten. Manch einer wird aus falschen Motiven zum Held gekürt. "Wer zu sehr auf starke Führer setzt, stellt die Demokratie infrage." (12) Giesa möchte eine Debatte unter Demokraten in Gang setzen, diese zu aktivem Handeln bewegen.
Die liberale Mitte ist gefragt, Umdeutungsversuchen der neurechten Szene entgegenzuwirken. Das gilt für Symbole, wie z.B. die deutsche Fahne als auch für politische Ereignisse (z.B. die Wende) und für historische Persönlichkeiten wie Claus Schenk Graf von Stauffenberg und die Geschwister Scholl. Entsprechendes trifft zu hinsichtlich der Vereinnahmung von Johanna von Orléans durch die Rechten in Frankreich.
Nicht jeden Gedanken des Autors muss man kritiklos hinnehmen. Giesa thematisiert die Täter-Opfer-Umkehr u.a. am Beispiel Russlands. Wenn der Autor daran zweifelt, dass sich Russland durch die Nato-Ost-Erweiterung bedroht fühlt (44), braucht er das Verhalten der Nato einfach nur zu spiegeln und auf den Westen zu beziehen. Hinzu kommt die unterschätzte Asymmetrie des Angsterlebnisses. Die eigene Angst wird höher gewichtet, als die Angst, die durch die eigene Bedrohung beim anderen verursacht wird.
Der Autor hat insbesondere die veränderte rechte Szene im Fokus. "Rechte Bewegungen rollen die Demokratie ohne große Gegenwehr auf, weil ein großer Teil der Zivilgesellschaft zu satt ist, um sich nach dem Gepoltere umzudrehen und die Gefahr zu erkennen." (108) Er möchte bei den Demokraten Emotionen wecken und Begeisterung für die Demokratie hervorrufen, ohne nationalistisch zu wirken. Er möchte, dass Polarisierungen als solche erkannt und Sachverhalte differenziert beurteilt werden.
Wer das Volk über schmutzige Geschäfte und Missstände aufklärt ist ein Held. Wer sich unter persönlichem Risiko für Menschenrechte und Meinungsfreiheit einsetzt, ist ein Held. In diesem Sinne ist Carl von Ossietzky ein Held, aber auch Deniz Yücel und Edward Snowden. Manchmal erfolgt die Anerkennung auch erst Jahre später, wenn sich die Rahmenbedingungen verändert haben. Wirtschaftliche und politische Interessen beeinflussen wesentlich, wie Regierungen zu Helden stehen.
Giesas Ausführungen wirken phasenweise belehrend, aber durchgängig aufklärend. Er macht deutlich, dass liberale Rahmenbedingungen nicht selbstverständlich sind, sondern einen ständigen persönlichen Einsatz erfordern. Macht muss wirksam kontrolliert werden, der Einzelne muss sich in die Politik einmischen und darf sich nicht von Schwarz-Weiß-Bildern vereinnahmen lassen. Je mehr Menschen sich für demokratische Spielregeln einsetzen, umso weniger echte Helden sind erforderlich.