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Eine Krise nach der anderen: Michael Goodwins Comic "Economix" fängt stark an, ermüdet dann aber durch Einseitigkeit
Die Wirtschaft ist eine Biene: Sie schwirrt überall herum, ohne sie funktioniert die Welt nicht - aber die meisten wollen nichts mit ihr zu tun haben. Sobald sie in die Nähe kommt, weichen sie aus. Ihren Honig genießen sie, ohne viele Gedanken daran zu verschwenden, wer ihn hervorgebracht hat. Beachtung erfährt sie erst, wenn sie piekst.
2008 hat die Wirtschaft ordentlich gepiekst. Doch die Berührungsängste sind für die meisten Menschen - und noch mehr für Kinder - immer noch enorm. Wieso nur denken alle, das Normalste der Welt - Geld bekommen und ausgeben, Dinge produzieren und kaufen - sei etwas, das sie nicht verstehen? Oder das zum Gähnen ist? Es ist also höchste Zeit für einen Comic, der sich mit der Ökonomie befasst. Denn Wirtschaft ist amüsant, unterhaltsam, dramatisch (man denke nur an die Krisen). Die Ideen vieler Ökonomen sind leicht zu verstehen. Und ein Comic taugt bestens, um Berührungsängste zu überwinden. Bei Kindern wie Erwachsenen.
"Economix" ist so ein Versuch, ein Schwarz-Weiß-Comic, der seinen Lesern in erster Linie die Geschichte der Weltwirtschaft und ihrer großen Denker nahebringen will. Anfangs schafft er das auch überzeugend. Adam Smith, Karl Marx, John Maynard Keynes, ihre Ideen sind hier in ihren Grundzügen erläutert, ohne dass es mathematischer Formeln bedürfte. Und ohne dass es allzu theoretisch wird (ein Comic braucht Menschen, Eisenbahnen, Fabrikschlote). Besonders gut ist, dass die Gedanken der Ökonomen stets eingebettet werden in das Wirtschaftsgeschehen ihrer Zeit. So wird klar, wieso John Maynard Keynes gerade inmitten der Weltwirtschaftskrise berühmt wurde und "der zornige "Ökonom" Karl Marx gerade Mitte des 19. Jahrhunderts die Ausbeutung der Arbeiter anprangerte. Dabei sind die Bilder stark, die Texte gut verständlich, wenn auch sicher erst für Jugendliche geeignet. Amüsant ist der Comic leider weniger, dafür dramatisch.
Doch je weiter man im Buch fortliest, desto mehr geht das stete Drama dem Leser auf die Nerven. Denn das hat zwei Probleme. Erstens geht es irgendwann fast nur noch um die Wirtschaftsgeschichte Amerikas. Zweitens wird das Buch immer einseitiger. Der Autor und sein Zeichner schlagen sich völlig auf eine Seite: die der extremen Antikapitalisten à la Occupy Wall Street. Und das so sehr, dass es schon langweilig ist. Wenn es um Griechenland geht, werden nur prügelnde Polizisten gezeigt. Wenn es um Banker oder republikanische Politiker geht, nur feist grinsende Männer, denen das Geld aus den Taschen quillt. So wie der Comic schwarz-weiß ist, ist die Welt darin schwarz-weiß. Schade. Denn so ein Buch mag man nicht seinen Kindern geben.
LISA NIENHAUS
Michael Goodwin: "Economix".
Aus dem Amerikanischen von Edmund Jacoby. Verlag Jacoby & Stuart, Berlin 2013. 304 S., br.., 19,95 [Euro]. Ab 12 J.
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