Um 1800 steht die Ehe in der Krise. In einer allgemeinen Umbruchszeit, in der sowohl der frühmoderne Staat als auch die im Werden begriffene bürgerliche Gesellschaft die eheliche Verbindung als Hebel ›entdecken‹, um ihre jeweiligen Ziele zu realisieren, müssen elementare Fragen zur Stabilisierung der Norm geklärt werden: Welche Funktion soll die Ehe jenseits der göttlichen Heilsordnung erfüllen? Wo, wenn nicht im Paradies liegt ihr Ursprung? Wie lässt sich die bislang religiös begründete innereheliche Hierarchie legitimieren? An welchen Verhaltensmaßgaben sollen sich die Gatten orientieren? Dürfen die Bedingungen der Ehe verhandelbar sein? Mithilfe welches Wertesystems können Geschlechterbeziehungen künftig reglementiert werden? Um diese und weitere Fragen zu klären, kommt es um 1800 zu einer gesamtkulturellen Anstrengung: Rechtsgelehrte, Philosophen, Pädagogen und Poeten arbeiten sich intensiv an der Ehe ab. Das auf diese Weise hervorgebrachte, gleichsam ›ko-kreierte‹ Wissen anhand ausgewählter Debatten zu erschließen, macht sich die vorliegende Arbeit zum Ziel. Sie kombiniert historische Fragestellung und philologische Arbeitsweise, um die zentralen Aussagekomplexe eines ebenso regen wie vielschichtigen Diskurses nachzuvollziehen.