Studienarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich Germanistik - Ältere Deutsche Literatur, Mediävistik, Note: 1,0, Humboldt-Universität zu Berlin (Philosophische Fakultät II), Veranstaltung: Hauptseminar: Gottfried von Straßburg: Tristan, Sprache: Deutsch, Abstract: An der Tristan-Überlieferung in Europa fällt zunächst auf, vor allem auch mit Blick in die Neuzeit, dass sich dieser mittelalterliche Stoff über Jahrhunderte hinweg halten konnte und auf unterschiedlichste Arten und gattungsübergreifend ohne Unterlass weiter bearbeitet wurde. Dieses Phänomen ist in der europäischen Literatur bemerkenswert. Wobei allerdings nicht vernachlässigt werden soll, dass dem Artusroman als Vorläufer des modernen Romans keine unerhebliche Rolle zukommt und dieser, gleichfalls auf keltischem Erzählgut (matière de Bretagne) fußend, ebenfalls seine Wurzeln in der europäischen Kultur hat. Es bestehen Verbindungen zwischen dem Tristan-Stoff und dem roman courtois, wie zahlreiche Tristanfassungen belegen, und auch stoffliche Einflüsse des antikisierenden Romans sowie des Heldenepos spielen eine Rolle, wie die vorliegende Untersuchung herausarbeiten wird. Die spezielleren Eigenheiten der zu untersuchenden Tristanfassungen werden zugunsten einer exemplarischen Bearbeitung in den Hintergrund gerückt, um den Fokus auf die Unterschiede in der Liebesthematik und den gesellschaftsbezogenen Fragestellungen zu richten. Die beispiellose Verbreitung des Tristan in Europa könnte man als Indiz für erste Europäisierungsprozesse werten. Inwieweit diese Annahme berechtigt ist, soll durch einen Blick auf die Thesen des sog. New Historicism, der sich auf die nähere Untersuchung des "aus Diskursfäden gesponnene dichte[n] Gewebe[s] der Kultur bzw. Geschichte" richtet "und einzelne Fäden daraus [verfolgt], um jeweils ein Stück Komplexität, Unordnung, Polyphonie, Alogik und Vitalität der Geschichte zu rekonstruieren", ermittelt werden. Erforderlich ist neben einer geschichtlichen Einordnung eine Übersicht der Zusammenhänge der Stoffverarbeitungen, die allerdings auf wenige aus dem Tristanstoff hervorgegangene Werke beschränkt bleiben soll, um eine gewisse Übersicht abseits der Fülle des eigentlich umfangreicheren Gesamtbestands an Tristanbearbeitungen zu wahren. Zum Zwecke einer Grundlegung beschäftigt sich die Untersuchung zunächst mit der rekonstruierten ,Estoire', um von hieraus zwei weitere französische Tristanfassungen in den Blick zu nehmen und dann überzugehen zu den deutschen Bearbeitungen, die der Stoff im europäischen Mittelalter erfahren hat. Abschließend soll noch einmal über die Frage nachgedacht werden, ob die europäische Überlieferung des Tristan über politisch-dynastische Strukturen als Anzeichen erster ,Europäisierungsprozesse' gelten kann.
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