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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
© Perlentaucher Medien GmbH
Chris Offutt schickt seinen Ermittler zurück in die Kentucky Hills auf die Spur eines Umweltskandals
Mick Hardin redet nicht viel. Das tut in seiner Heimat Kentucky kaum jemand. Für ein paar Wochen ist der Kriminalermittler der US Army zurück am Ort seiner Kindheit, untergekommen bei seiner Schwester Linda, bei der er sein verletztes Bein nach einem Sprengstoffanschlag auskurieren will. Er trainiert jeden Tag, sonst fehlt seinem Leben gerade ein größerer Sinn. In seiner Reisetasche liegen die Scheidungspapiere, die er unterzeichnen soll, bei den Schmerzmitteln hat er sich von Fentanyl zu Morphium "hochgearbeitet", sie schmecken ihm etwas zu gut, lassen sie ihn doch sowohl die Schmerzen als auch das Ehe-Aus vergessen. So ist es eine willkommene Abwechslung, als ihn Shifty Kissick bittet, den Tod ihres Sohnes Barney aufzuklären.
Barney war ein stadtbekannter Drogendealer, für die örtliche Polizei ist der Fall schnell abgeschlossen. Doch die Mutter sieht Ungereimtheiten. Als Hardin sie fragt, warum sie ausgerechnet auf ihn verfallen sei, antwortet sie: "Weil es dir egal ist." Hardin überlegt nicht lang: "Sie hatte recht - ihm waren ihr Sohn und die Gesetzeshüter egal. Wurde in den Bergen von Kentucky jemand ermordet, zog das unweigerlich weitere Morde nach sich. Ihm war nur eins wichtig: dass möglichst viele Menschen weiterleben konnten."
Chris Offutt kehrt mit "Ein dreckiges Geschäft", der zweiten deutschen Übersetzung nach "Unbarmherziges Land" (F.A.Z. vom 4. Oktober 2021), abermals zurück in seine Heimat. Der amerikanische Schriftsteller ist selbst in den Bergen Kentuckys aufgewachsen. Sein Blick auf deren Einwohner ist dabei so herb wie diese. Wenn er sie in knappen Worten beschreibt, wird schnell klar, er liebt seine Heimat, aber verklärt hier nichts. Vom Heimatkrimi sind seine Geschichten also weit entfernt. Von Kleinkriminellen bis zu den Familienclans, die die illegalen Geschäfte der Gegend unter sich aufgeteilt haben, vom Taxifahrer, der lieber Rennfahrer wäre, bis zu Hardins Schwester Linda, die mitten im Wahlkampf um das Amt des Sheriffs steckt, entwickelt Offutt immer wieder Figuren, die Klischees unterlaufen.
Allen voran der wortkarge Mick Hardin selbst, der zwar durch und durch Soldat ist (am besten kommt er mit seiner Schwester klar, wenn sie ihm genaue Anweisungen gibt, was er im Haushalt machen soll), aber ein Auge für die Natur hat. Als er bei einem Gespräch im Leichenschauhaus einen Goldfink gegen das Fensterglas fliegen sieht, belebt er den Vogel wieder. Ein anderes Mal dient die Beobachtung einer gescheckten Walddrossel, die Ameisen aus einem Haufen pickt und sich damit über das Gefieder reibt, als Auslöser einer Erinnerung an den Großvater, bei dem Hardin im Wald aufgewachsen ist und der ihn zum ersten Mal auf dieses Vogelverhalten aufmerksam gemacht hat.
Die Natur wird so zur weiteren Figur in dieser Erzählung. Und Hardins Ermittlung kommt einem großen Umweltskandal immer näher, der diese Idylle bedroht. MARIA WIESNER
Chris Offutt: "Ein dreckiges Geschäft". Ein Kentucky-Krimi.
Aus dem Amerikanischen von Anke Caroline Burger. Tropen Verlag, Stuttgart 2023.
272 S., br., 17.- Euro.
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