Das eBook schildert das Verlassen der Heimat im Oktober 1946, Aufenthalt und Leben der Flüchtlinge im Quarantänelager in Damgarten, dem heutigen Ribnitz-Damgarten. Insbesondere beschreibt die Autorin das Weihnachtsfest 1946 sowie die Erlebnisse auf dem Flüchtlingstransport im bitterkalten Januar 1947, der für die damals achtjährige Christa, ihre Mutter Herta, ihren Bruder Rüdiger sowie weitere Angehörige der Familie Zein in dem Dorf Altranstädt bei Leipzig ein Ende findet. INHALT: Vorbemerkungen Krieg und Vertreibung Das Lager in Damgarten „Was der „Bäck“ (Bäcker) sagt, wird gemacht.“ Weihnachten im Dänenlager Flucht ins Ungewisse Umsiedler Nachwort Schlussbemerkung LESEPROBE: Wir hatten die dürftigen Baracken des Lagers bereits weit hinter uns gelassen, als vor uns einige Häuser auftauchten, die sich mit ihren mit Stroh gedeckten Dächern ins ufernahe Schilf duckten, als wollten sie dort vor dem eisigen Wind Schutz suchen. Jedenfalls sagte meine Mutter, dass es Stroh wäre. Ich hatte eine solche Bedachung vorher noch nie gesehen und kannte also keine Reetdächer. Bald standen wir vor einem kleinen Haus, in dessen Nähe ein hölzerner Steg bis zum Wasser führte. Meine Mutter klopfte zögernd an. Nur einen Spalt breit wurde die Tür geöffnet. Eine große, kräftige Frau hielt sie fest, damit der Wind nicht seinen kalten Atem in die Hütte blasen konnte. Ihr schmales Gesicht mit dem zurückgekämmten Haar wirkte kantig und streng, aber als sie uns hereinbat, lächelte sie so freundlich, als würde sie schon lange mit uns bekannt sein. „Wir hätten bitte gern etwas Fisch gekauft, wenn es möglich ist“, bat meine Mutter überhöflich. „Woher kommen Sie denn? Bei diesem eisigen Wetter mit der Lütten!“ „Wir kommen aus Damgarten, sind seit Oktober dort im Quarantänelager untergebracht“, erklärte ihr meine Mutter. „Aus dem Dänenlager sind Sie? So weit sind Sie mit dem Kind gelaufen? Dann ist es ja kein Wunder, dass Sie so verfroren aussehen. Setzen Sie sich erst einmal hier her, ich werde Ihnen eine Tasse heißen Tee kochen.“ In der kleinen Stube war es so wohlig warm, wie ich es schon lange nicht mehr gespürt hatte. Ich nahm mein Kopftuch ab, und die Fischerfrau strich mir mitfühlend über das zu dünnen Zöpfen geflochtene dunkle Haar. Die Berührung tat mir gut. Mir gefiel es in der kleinen Stube, und so saß ich glücklich am Tisch, lauschte den Gesprächen der beiden Frauen und trank den nach Kräutern duftenden warmen Tee.