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Tolja möchte am liebsten Selbstmord begehen, aber er weiß, dass er dafür zu feige ist. Darum vergibt er den Auftrag per Postfach an einen professionellen Killer. Als er aber Lena trifft, will er plötzlich nicht mehr sterben. Doch der Profi ist bereits unterwegs.

Produktbeschreibung
Tolja möchte am liebsten Selbstmord begehen, aber er weiß, dass er dafür zu feige ist. Darum vergibt er den Auftrag per Postfach an einen professionellen Killer. Als er aber Lena trifft, will er plötzlich nicht mehr sterben. Doch der Profi ist bereits unterwegs.
Autorenporträt
Andrej Kurkow, geboren 1961 in St. Petersburg, lebt seit seiner Kindheit in Kiew und schreibt in russischer Sprache. Er studierte Fremdsprachen, war Zeitungsredakteur und während des Militärdienstes Gefängniswärter. Danach schrieb er zahlreiche Drehbücher. Seit seinem Roman ¿Picknick auf dem Eis¿ gilt er als einer der wichtigsten zeitgenössischen ukrainischen Autoren. Sein Werk erscheint in 42 Sprachen. Kurkow lebt als freier Schriftsteller mit seiner Familie in der Ukraine.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.08.2001

Der graue Film
Andrej Kurkow besorgt
einen toten Auftragsmörder
Hat man diese Geschichte nicht schon im Kino gesehen? Ein trauriger Russe von Mitte Dreißig beschließt, aus dem Leben zu scheiden, und weil es ihm schwer fällt, selbst Hand an sich zu legen, engagiert er einen Auftragskiller. Dann aber lernt er ein Mädchen kennen, das die Welt weniger grau erscheinen lässt. Nun versucht er, seinem Mörder, den er selbst bezahlt hat, zu entkommen. Die meisten Kinogänger werden bei einer solchen Geschichte an Aki Kaurismäkis „I Hired a Contract Killer” von 1991 denken, einen Film, der spielerisch und witzig mit der Tradition des film noir umgeht. Doch es gibt noch einen anderen Film, der dasselbe Thema verarbeitet. Er stammt aus der Ukraine und trägt den Titel „Ein Freund des Verblichenen”. Im Jahr 1997 lief er in Cannes, mit geringem Erfolg. Die Kritiker warfen ihm damals vor, dass er eben keinen spielerischen und witzigen Umgang mit dem film noir übe, sondern, ganz im Gegenteil, nur trocken und humorlos sei.
Das Drehbuch schrieb der in Kiew lebende Andrej Kurkow, der vor allem mit einem depressiven Pinguin in seinem Roman „Picknick auf dem Eis” Ruhm erlangte. Sein Name steht für gute Unterhaltungsliteratur auf mittlerem Niveau. Und natürlich gibt es ein Buch zum Film, das ebenfalls „Ein Freund des Verblichenen” heißt. Es erschien schon 1996 im Original und liegt jetzt in deutscher Übersetzung vor. Auch diesen Roman kann man keineswegs als witzig oder spielerisch bezeichnen; er ist genauso trocken wie Kurkows andere Bücher. Seine Protagonisten sind melancholisch, grau und wissen nicht, was sie überhaupt auf dieser Welt verloren haben – und das gilt auch für Tolja, den Helden dieses Buches.
Doch natürlich geht etwas schief, der Killer verspätet sich, und bis das Buch glücklich endet – falls man das „stille und fröhliche kleinbürgerliche Leben”, das den Lebensmüden schließlich besiegt, als happy end bezeichnen will –, geschieht noch einiges: Tolja trinkt Kaffee, denkt nach, es regnet, er trinkt bei dichtem Nebel Tee vor seinem Fenster, hat Kopfschmerzen, bekommt eine Grippe, die Tage vergehen, und niemand ruft an. Ein bisschen was passiert aber doch, allerdings so, dass man gar nicht merkt, dass etwas passiert: Toljas Frau, von der er sich schon lange entfremdet hat, zieht zu ihrem Liebhaber, er selbst verliebt sich in eine Prostituierte. Vielleicht hat er aber nur deshalb bessere Laune, weil er dem Tod durch die Verspätung des Mörders entkommen ist.
Und dann: Anstatt seinen Mörder zu benachrichtigen und das Unternehmen abzublasen, engagiert Tolja einen Killer für den Killer. Ersterer erledigt letzteren, und Tolja besucht die Witwe des Toten. Tolja wird zum „Freund des Verblichenen” und schließlich auch von dessen Witwe. So ernst nimmt Tolja die neue Rolle, dass er sich um die noch nicht erledigten Aufträge seines verblichenen „Freundes” kümmert. Tolja erfährt noch zu Lebzeiten eine doppelgängerische Wiedergeburt post mortem. Fortan lebt er ein Stellvertreter- Leben, das sehr zu seinem Charakter als „unbedeutender, nie tief denkender Mensch” passt.
Man darf dieses Buch nicht unterschätzen: Sein eigentümlicher Reiz liegt darin, dass es die Trägheit, Langeweile und Depression, an der der Protagonist leidet, inszeniert. Es tut selbst, wovon es erzählt. Der Roman selbst ist genauso träge, langweilig und depressiv wie Tolja, und es ist diese Trägheit, mit der Tolja am Ende – nach Mord und Totschlag – einer wunderlichen Erlösung entgegentreibt, die ihn um nichts glücklicher als am Anfang zurücklässt. Was will man dazu sagen: ein Werk von befreiender Langeweile? SCHAMMA SCHAHADAT
Andrej Kurkow, Ein Freund des Verblichenen. Roman. Aus dem Russischen von Christa Vogel. Zürich: Diogenes 2001, 141 Seiten, 32,90 Mark.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.04.2002

Wir sind hier nicht in Neapel, Iwan
Kein Auftragsmord nach Ladenschluß: Andrej Kurkow trinkt Tee

In Rußland ist der Winter kalt, das Geld wertlos, die Frauen gehen auf den Strich, die Männer sind Killer oder sie sitzen den ganzen Tag am Küchentisch und starren aus dem Fenster oder ins Wodkaglas. Sie denken darüber nach, was sie nicht sind und was sie nicht können, sie finden alles sinnlos und nennen das "russische Seele", sie warten, daß irgend etwas von selbst kaputtgeht, vielleicht, daß ein Bild von der feuchten Wand fällt, und bezeichnen es als "Schicksal". Dieses Russischsein ist nicht nur eine Erfindung Iwan Gontscharows, der ihm den Namen des Fürsten Oblomow gegeben hat, im Grunde ist es der real existierende russische Traum.

Tolja, der Antiheld des Romans "Ein Freund des Verblichenen" ist ein solcher Russe, obwohl er wie sein Erfinder, der Autor Andrej Kurkow, in Kiew, also der Ukraine lebt. Er ist ein moderner Oblomow in den surrealen Zeiten der postsowjetischen Mafiawirtschaft. Er sitzt in der Küche und bedauert, daß er nicht raucht, weil seine Trostlosigkeit als Rauch eigentlich am schönsten über ihm hängen würde. Statt dessen trinkt er massenhaft Kaffee und Tee. Tolja ist Anfang Dreißig, liebt seine Frau nicht mehr, hat keinen Beruf und will nicht mehr leben. Weil er aber kein Typ für Selbstmord ist, engagiert er sich einen Killer, der dort in Kiew billig zu haben ist.

Doch nun ist Tolja ein Mensch, dem, wie er selbst sagt, immer das Gegenteil einer Rolle zukommt, und deshalb geht auch sein Ableben schief. Das Café, in dem er umgebracht werden soll, schließt an diesem Abend früher als gewöhnlich. Und wieder einmal übernimmt das Schicksal die Regie, diesmal allerdings eine vorteilhafte, denn er hat zwischenzeitlich ein Mädchen kennengelernt, eine Freizeitnutte, die ihm das Leben längst wieder lebenswert gemacht hat. Nun heißt es, den Killer zu stoppen, was nicht einfach durch Auftragsentzug geht, sondern nur durch das Killen des Killers.

Etwas Surreales hat diese ironisch dahinsinnierende Kriminalgeschichte, die in Blockflötenintonation die Motive ihrer großen literarischen Vorgänger nachspielt: Bulgakows apokalyptisch-albtraumhafte Stadtszenerien und Dostojewskis Gedankenschwere. Kurkow aber läßt seinen Tolja so viel Küchenphilosophie über zurückerhaltenes Leben, alte Schuldkomplexe und "die Natur der Wünsche" in seinem Samowar aufkochen, daß man bald nur noch den Wasserkessel blubbern hört, es aber nach nichts mehr schmeckt.

In schnoddriger Übersetzung und oberflächlich lektoriert, folgt dieser Roman all zu routiniert auf die beiden ersten Erfolgswerke des Autors "Picknick auf dem Eis" und "Petrowitsch". "Meine Gedanken kreisten um geringfügige Dinge, nichts Erhabenes, nichts wirklich Philosophisches", kokettiert Tolja einmal. Man soll ihm das natürlich nicht glauben, aber man muß es wohl doch. Am Ende wird Tolja gar zum Doppelgänger, aber auch das kennt man schon aus anderer, besserer Feder.

DORIS MEIERHENRICH.

Andrej Kurkow: "Der Freund des Verblichenen". Diogenes Verlag, Zürich 2001. 142 S., geb., 16,90 [Euro].

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»Andrej Kurkow hat diese gewissen Nebensätze, die so lakonisch sind, dass man von ihm sogar die Gebrauchsanweisung eines Rasenmähers lesen würde.« Bettina Göcmener / Die Welt Die Welt