Ein selbstbestimmtes Leben zu führen, ist aufwendiger und anstrengender, als mit dem Strom zu schwimmen oder anderen die Schuld an allem zu geben. Das bezieht sich einerseits auf das Engagement Pias, sich für Frauen stark zu machen, als auch auf ihre Sehnsüchte, die Finn immer stärker in ihr
hervorruft. Seine Neigungen auszuleben bedeutet, den Mut aufzubringen und nicht nur anderen, sondern vor…mehrEin selbstbestimmtes Leben zu führen, ist aufwendiger und anstrengender, als mit dem Strom zu schwimmen oder anderen die Schuld an allem zu geben. Das bezieht sich einerseits auf das Engagement Pias, sich für Frauen stark zu machen, als auch auf ihre Sehnsüchte, die Finn immer stärker in ihr hervorruft. Seine Neigungen auszuleben bedeutet, den Mut aufzubringen und nicht nur anderen, sondern vor allem sich selbst, einzugestehen, was man mag. Pia hält sich hier anfangs sehr bedeckt, denn sie befürchtet, dass etwas zu äußern was sie innerlich immer stärker spürt, ein Zeichen von Schwäche wäre, welche anderen eine Angriffsfläche bieten würde.
BDSM zu praktizieren ist nicht jedermanns Fall. Was mich an den Büchern der Autorin jedoch so fasziniert, ist ihr Feingefühl, die Besonderheiten einer solchen Beziehung hervorzuheben. Die Konfrontation mit "Schmerz" soll eine Reaktion bewusst hervorrufen, die Finn bei Pia sehen möchte. Denn was hier ganz entscheidend ist: Nur wer zu seinen Wünschen und Sehnsüchten steht, lässt eine Reaktion nach außen hin zu, während Pia zu Beginn vehement versucht, ihre Emotionen zu verbergen. Ein Schachzug der von dem Personenschützer nicht unbemerkt bleibt und ihn die Zügel erst recht anspannen lässt, um einen Verlust ihrer Kontrolle zu provozieren. Natürlich hat Pia mit dem Safeword jederzeit die Möglichkeit sein Handeln zu stoppen, doch ebenso gut wie sie, weiß auch Finn, dass sie dafür zu stolz und ihr Verlangen zu groß ist. Er schlägt sie praktisch mit ihren eigenen Mitteln, indem er den von ihr eingeschlagenen Weg zu seinen Gunsten erweitert.
Schreibstil:
Mit "Ein Gorilla für die Nachtigall" von Sara-Maria Lukas, sind die Seiten nur so dahin geflogen. Toll ausgearbeitete Charaktere, ein spannender Handlungsstrang und die Welt des BDSM, die uns hier in ihrer Vielfältigkeit neu offen gelegt wird.
Der Ehrgeiz und der Stolz von Pia haben mir sehr gut gefallen. Sie setzt sich gegen die Ansichten ihres Vaters durch, was trotz der Distanz die zwischen den beiden herrscht, gewiss alles andere als leicht ist, schließlich stellt sich Pia hier bewusst gegen die Ansichten ihres Vaters, dabei streben es "Kinder" an, ihre Eltern mit Stolz zu erfüllen. Den Weg den sie eingeschlagen hat, erfordert deshalb vor allem eins: Mut.
Trotz dieser ausgeprägten Stärke, mangelt es Pia an Selbstvertrauen, was ihre Sehnsüchte anbelangt. Hier fungiert Finn als Katalysator. Er beeinflusst Pia, ohne sie dabei zu verändern. Er fördert das zu Tage, was sie sich selbst verbietet. Er sprengt bewusst ihre Grenzen, damit sie den Weg zu sich selbst finden kann. Ein tolles Duo, deren Kosenamen sprichwörtlich wie die Faust aufs Auge passen. Auch dieses kleine Detail, welches die Autorin in ihren Geschichten immer wieder mit einfließen lässt, trägt zu einer besonderen Atmosphäre bei, die bei mir als Leser, schnell das Gefühl von Vertrautheit hat aufkommen lassen.
Was mir im Verlaufe der Geschichte ein wenig gefehlt hat, war der aktive Part Finns als Personenschützer, denn nur aufgrund der drohenden Gefahr gegenüber Pia, haben sich die Wege der beiden überhaupt gekreuzt. Aufgrund diesen Aufbaus bin ich davon ausgegangen, dass der Plan Pia aus dem Weg zu schaffen zumindest versucht wird umzusetzen und wir einen kleinen Abstecher Richtung "Crime" machen würden. Wie sich herausgestellt hat, wurde das Problem hier zwar weiter verfolgt, jedoch nur passiv, sodass die Gefahr letztendlich nicht das Potenzial ausgeschöpft hat, wie ich zu Beginn der Geschichte vermutet habe.
Trotz diesen kleinen Kritikpunkts, sind die Bücher der Autorin immer wieder eine besondere Reise, die es sich lohnt zu beschreiten, ebenso wie das Wiedersehen bekannter Charaktere, die auch hier wieder aktiv am Geschehen teilnehmen und uns ermöglichen, ihre Entwicklung weiterhin zu verfolgen.