„Ein grüner Junge“ (früher auch unter dem Titel „Der Jüngling“) ist ein relativ unbekannter Roman des russischen Schriftstellers Fjodor Michailowitsch Dostojewski (1821-1881). In seinem vorletzten, 1875 erschienen Roman erzählt Dostojewski die Geschichte des neunzehnjährigen Arkadij Dolgorukij, der
es nicht wahrhaben will, dass er als uneheliches Kind eines verarmten, leichtlebigen Gutsbesitzers…mehr„Ein grüner Junge“ (früher auch unter dem Titel „Der Jüngling“) ist ein relativ unbekannter Roman des russischen Schriftstellers Fjodor Michailowitsch Dostojewski (1821-1881). In seinem vorletzten, 1875 erschienen Roman erzählt Dostojewski die Geschichte des neunzehnjährigen Arkadij Dolgorukij, der es nicht wahrhaben will, dass er als uneheliches Kind eines verarmten, leichtlebigen Gutsbesitzers und einer Gesindemagd aus der besseren Gesellschaft ausgestoßen bleibt. Als Außenseiter ist er permanent Diskriminierungen ausgesetzt. Er geht nach Petersburg, um ein zweiter Rothschild zu werden. Doch er landet in einer aristokratischen Spielhölle, wo der Petersburger Adel aus Geldgier scheußliche Pläne schmiedet und von einer Gemeinheit zur anderen taumelt.
Angesteckt von diesem Ungeist entwickelt sich der junge Arkadij, ursprünglich ein aufge-schlossener Mensch, zu einem phantastischen Streber nach Reichtum. Der Roman besteht aus mehreren Handlungssträngen, die miteinander verschlungen sind. Ein Augenmerk richtet Dostojewski auf die komplizierte Beziehung zwischen dem Vater, selbst ein Opfer dieser hektischen Zeit, und seinem einstmals verstoßenen Sohn. Arkadij selbst achtet zwar den Vater, empfindet aber auch Hass gegen ihn, gibt ihm die Schuld an seiner illegitimen Herkunft. Auch bei seiner ersten verhängnisvollen Liebe wird Arkadij zum Rivalen seines Vaters. Zwei wichtige Dokumente, die in Arkadijs Hände geraten, spielen ebenfalls eine zentrale Rolle. Durch ihren Besitz ist der Jüngling stets im Mittelpunkt der gesellschaftlichen Aufmerksamkeit.
Der Roman, in der Ich-Form geschrieben, ist eine tagebuchähnliche Schilderung und hat die Form einer Chronik, die der junge Arkadij verfasst hat. Hier setzt er sich mit seinen Fehlern, seiner Schuld auseinander. Es ist eine Art Beichte, in der er alles aufdecken möchte. Mit hoher psychologischer Meisterschaft schildert Dostojewski nicht nur den Werdegang seines Protagonisten sondern auch den Zerfall einer Familie.
Bisher war „Ein grüner Junge“ ein eher unterschätzter Roman Dostojewskis. Er erreicht zwar nicht die dramatische Dichte solcher Werke wie „Schuld und Sühne“ oder „Der Idiot“, aber heute gilt er als eines der kühnsten Experimente in der Geschichte des Romans. Das ist auch ein Verdienst der Neuübersetzung von Swetlana Geier, die dafür 2007 mit dem Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Übersetzung ausgezeichnet wurde. Diese Übersetzung, die zum 200. Geburtstag des Dichters bei S. Fischer in einer preiswerten Taschenbuchausgabe erschienen ist, bildete den fulminanten Abschluss ihrer großartigen Dostojewski-Neuübersetzungen, mit denen sie sich über zwei Jahrzehnte beschäftigte.