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Ein Immobilienhai ist Bertolt Brecht nie gewesen. Er hatte Besseres zu tun, um einer der erfolgreichsten Dichter aller Zeiten zu werden. Damit aber daraus was werden konnte, musste es bequem zugehen. Ob im Berlin der zwanziger Jahre, im dänischen, schwedischen, finnischen und kalifornischen Exil, als Staatsdichter im Arbeiter- und Bauernstaat DDR - eine geräumige Wohnung, besser noch: ein behagliches Haus musste sein. Stuhl und Tisch waren wichtig, und auch der fahrbare Untersatz musste stimmen. Ursula Muscheler beschreibt mit Verve, Witz und Präzision, wie bei Brechts Lebensstil eher die alte…mehr

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Produktbeschreibung
Ein Immobilienhai ist Bertolt Brecht nie gewesen. Er hatte Besseres zu tun, um einer der erfolgreichsten Dichter aller Zeiten zu werden. Damit aber daraus was werden konnte, musste es bequem zugehen. Ob im Berlin der zwanziger Jahre, im dänischen, schwedischen, finnischen und kalifornischen Exil, als Staatsdichter im Arbeiter- und Bauernstaat DDR - eine geräumige Wohnung, besser noch: ein behagliches Haus musste sein. Stuhl und Tisch waren wichtig, und auch der fahrbare Untersatz musste stimmen. Ursula Muscheler beschreibt mit Verve, Witz und Präzision, wie bei Brechts Lebensstil eher die alte als die neue Zeit zum Zug kam - und wie die Frauen alles organisierten.

Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in A, B, BG, CY, CZ, D, DK, EW, E, FIN, F, GR, H, IRL, I, LT, L, LR, M, NL, PL, P, R, S, SLO, SK ausgeliefert werden.

Autorenporträt
Ursula Muscheler, promovierte Architektin, lebt in Düsseldorf. Bei Berenberg erschienen zuletzt »Das rote Bauhaus. Eine Geschichte von Hoffnung und Scheitern« (2017) und »Mutter, Muse und Frau Bauhaus. Die Frauen um Walter Gropius« (2018).
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Der Literaturwissenschaftler Detlev Schöttker hat Ursula Muschelers Darstellung von Bertolt Brechts Wohn- und Lebensstil mit Interesse gelesen. Die Architektin schildert darin die verschiedenen Domizile des wichtigen Schriftstellers - das Elternhaus in Augsburg, die in Wilmersdorf und, nach dem Krieg, in der Berliner Chausseestraße bezogenen Wohnungen ebenso wie verschiedene Ferienhäuser und die Stationen von Brechts Exil - und setzt sie mit Brechts Lebensweise in Verbindung. So bevorzugte er, wie Schöttker resümiert, ältere Häuser mit Holzmöbeln und geräumigen Zimmern. Dem Rezensenten gefällt besonders, wie gut sich die Autorin mit Brechts Gedichten auskennt und sie mit seinen Wohnorten in Verbindung setzt; zu kurz kommen ihm zufolge andere Werke wie die "Dreigroschenoper" und "Mutter Courage", die, so Schöttker, eng mit Brechts Wohn- und Lebensstil in Verbindung stehen. Als ein die Literatur zu Brecht bereicherndes Buch kann er Muschelers Monografie dennoch empfehlen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.07.2024

In den Dreigroschendomizilen

Die Beschreibung eines Lebensumfelds gehört zu den Grundlagen von Schriftsteller-Biographien, ohne dass darüber genauer nachgedacht wurde. Wie aber beeinflussen Aufenthaltsorte und Wohnungen das Werk von Autorinnen und Autoren über autobiographische Texte hinaus? Die Architektin Ursula Muscheler hat diese Frage für Bertolt Brecht behandelt, sich also einen weltberühmten Autor vorgenommen, der sich gern in Räumen mit vielen Arbeitstischen oder auch in eigenen Autos fotografieren ließ.

Leitlinie ist die Biographie. Am Anfang der sechzehn Kapitel steht allerdings Brechts Sicht auf das Bauhaus, dem die Verfasserin zuvor zwei Monographien gewidmet hatte. Dieser Einstieg hat seine Berechtigung, da Brecht 1927 eine Erzählung über eine Wohnung mit Stahlrohrmöbeln veröffentlichte und Erwin Piscator, einer seiner Konkurrenten, darin lebte. Muscheler veranschaulicht daran zugleich den Unterschied zwischen der architektonischen Moderne und den Vorlieben Brechts, der gern in älteren Häusern wohnte und sich mit Möbeln aus Holz umgab.

All diese Einrichtungsgegenstände waren nicht nur einfach, sondern auch handwerklich gediegen, sodass Brecht eher Gebrauchtwarenhändler und Tischlerwerkstätten als Möbelgeschäfte aufsuchte. Allerdings fragt Muscheler nicht danach, ob und wie sich solche Vorlieben im Werk widerspiegeln. Dies aber ist der Fall, da Traditionsbezug, Einfachheit und Gebrauchswert Leitideen der Schriften Brechts waren, sodass Lebens- und Schreibweise in diesem Falle übereinstimmen.

Die Darstellung beginnt nach einigen Hinweisen aufs Augsburger Elternhaus mit Brechts Übersiedelung nach Berlin 1925. Hier lebte er zunächst in einer Dachgeschosswohnung im bürgerlichen Wilmersdorf, die ihm seine spätere Frau Helene Weigel überlassen hatte. Zwei überlieferte Fotos mit Freunden und Mitarbeitern, von denen Muscheler leider nur eines bringt, ermöglichen eine Begutachtung der Einrichtung. Nimmt man spätere Fotos hinzu, dann zeigt sich, dass Brecht die Ausstattung seiner Wohnungen mit variablen Möbeln und ausreichendem Platz im Laufe seines Lebens beibehalten hat.

Durch die Einnahmen aus der erfolgreichen Aufführung der "Dreigroschenoper", die seit 1928 im Theater am Schiffbauerdamm gezeigt wurde, konnte Brecht den Umzug der Familie in ein großbürgerliches Mietshaus in Charlottenburg sowie 1932 den Erwerb eines Ferienhauses in Utting am Ammersee finanzieren. Das Bühnenstück lieferte nach der Flucht aus Deutschland ein Jahr später auch die finanzielle Basis für den Kauf eines Hauses in Skovsbostrand bei Svendborg, das Brecht wegen der drohenden Besetzung Dänemark 1939 verließ, um über Schweden, Finnland und die Sowjetunion in die USA auszuwandern, von wo aus er nach Ende des Krieges in die Schweiz ging.

Selbst in Kalifornien, so zeigt Muscheler, bemühte sich Brecht um einen traditionellen europäischen Lebensstil. Als er schließlich 1948 nach Ost-Berlin zurückzog, wo er zusammen mit seiner Frau zwei übereinanderliegende Wohnungen in der Chausseestraße mietete, erwarb er zugleich ein Grundstück mit kleineren Häusern an einem See in Buckow, zwei Autostunden vom Zentrum entfernt. Beide Orte wurden nach Brechts Tod 1956 zu musealen Einrichtungen. Sein Lebensstil ist hier noch gegenwärtig, zumal er die Orte und Einrichtungsgegenstände in Gedichten vergegenwärtigt hat. Es ist eine Qualität des Buches, dass Muscheler diese Texte gut kennt und erhellend zu zitieren weiß.

Ein Defizit ist hingegen, dass weitere Werke und Ideen, die an den verschiedenen Lebensorten Brechts entstanden sind und nur dort entstehen konnten, nicht angemessen berücksichtigt werden. Dazu gehört die erste Wohnung in Berlin, in der nicht nur Werke wie die "Dreigroschenoper" und die Lyrik-Sammlung "Hauspostille" geschrieben wurden, sondern auch erste Überlegungen zum Epischen Theater entstanden sind (F.A.Z vom 23. September 2023). Entsprechendes gilt für das Haus im dänischen Exil, in dem Brecht neben Stücken wie "Mutter Courage und ihre Kinder" auch die vielzitierten "Svendborger Gedichte" schrieb, die NS-Terror, Vertreibung und Widerstand für Generationen von Lesern oder Hörern veranschaulicht haben.

Muschelers Einblicke in Brechts Lebensstil, das zeigen auch die anderen Kapitel, bleiben durch die werkspezifische Zurückhaltung begrenzt. Dennoch bereichert das Buch die vorliegende Literatur durch konzentrierte Blicke auf Häuser und Wohnungen dieses überaus fleißigen und zugleich lebenszugewandten Autors. DETLEV SCHÖTTKER

Ursula Muscheler: "Ein Haus, ein Stuhl, ein Auto". Bertolt Brechts Lebensstil.

Berenberg Verlag, Berlin 2024. 160 S., Abb., geb.,

26,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt am Main.
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