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In Martin R. Deans Roman "Ein Stück Himmel" wird eine alte Freundschaft durch ein Unglück auf die Probe gestellt
Viele Arztromane und noch viel mehr Filme aus dem Medizinmilieu beginnen ähnlich: Nach einem Unfall oder einem vergleichbaren Zusammenbruch des Helden kommt Rettung im vorletzten Augenblick. Notaufnahme, eine riskante Operation, Genesung in der Reha folgen. Mit dem neuen Leben beginnen meist auch eine neue Liebe und damit die Aussicht auf ein happy ending.
Der Schweizer Schriftsteller Martin R. Dean war bisher nicht für diese populäre Sorte von Unterhaltung bekannt. Seine Bücher wurden dem (magischen) Surrealismus zugeordnet und vor allem in seinem Heimatland mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Hat er mit "Ein Stück Himmel" nun den Sprung in die Realität gewagt? Den Klinikalltag beschreibt er darin jedenfalls so, als hätte er ihn selbst erlebt. Eine selbstbewusste, originelle und dazu noch hübsche Physiotherapeutin ist eine Bereicherung des gewohnten Musters.
Der Protagonist Sam hat Glück. Nach einem Unfall ist er zufällig in das Krankenhaus eingeliefert worden, in dem Florian, sein bester Freund, als Narkosearzt arbeitet. Dieser kümmert sich um ihn, muss ihm aber auch sagen, dass Sam auch nach erfolgreicher Operation querschnittsgelähmt bleiben wird. Erinnern an glückliche Zeiten in ihrer Jugend - viel mehr kann er nicht tun, um dem Freund aus dessen Verzweiflung zu helfen. Damals war Florian durch seine extreme Schüchternheit der Schwache in beider engen Beziehung. Sam, den Künstler, hat er bewundert und beneidet wegen der Leichtigkeit, mit der jener sich in fremden Ländern bewegte und mühelos Frauen eroberte. So stellte Florian sich Freiheit vor.
Die alte Freundschaft dieser beiden so verschiedenen Männer muss sich in der Gegenwart nicht nur durch geduldiges Rollstuhlschieben bewähren. Als Leitmotiv für den Roman ist sie jedoch nicht spannend genug; die Liebesgeschichten aus der Vergangenheit ähneln sich außerdem zu sehr und haben ihren Reiz verloren. Sam kann den ermutigenden Ratschlägen seines Freundes nicht folgen. Es gelingt ihm nicht, sein Leben trotz Behinderung als sinnvoll zu akzeptieren. Die Frage, "wie viel das Leben lebenswert ist, wenn nicht mehr gelebt werden kann", und was glücklich macht, hat Sam auf seine Weise schon beantwortet.
Martin R. Dean hat sich bei einer Reihe von Experten kundig gemacht über die Leiden von Querschnittsgelähmten; zuweilen benutzt er in seinem Roman selbst die Fachsprache der Mediziner. Das stört. Den Zustand zwischen Hoffnung und Verzweiflung beschreibt er jedoch derart eindringlich, dass ihm die Anteilnahme der Leser gewiss ist. MARIA FRISÉ
Martin R. Dean: "Ein Stück Himmel". Roman.
Atlantis Verlag, Zürich 2022. 232 S., geb., 24,- Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
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