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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
© Perlentaucher Medien GmbH
Der Schriftsteller David Wagner war in Hotels überall in der Welt. Von Stadt zu Stadt ist er gereist, quer durch Deutschland und Europa bis nach China, und hat all seine feinen Beobachtungen festgehalten. Er schreibt keine Hotelkritiken, er sammelt poetische Details: Tischtennisplatte, Tischkicker, Asterix-Hefte und Musikbox im "25Hours Hotel Hamburg Number One" ("Sind wir in eine Jugendherberge geraten?"). Die leere Kondompackung unter dem Zimmertelefon im "Leonardo Hotel" Budapest. Die Initialen J. H., die jemand in der Lehne eines Sessels aus massivem Holz im "Ayre Hotel Caspe" in Barcelona eingeritzt hat (sind es die eignen oder die einer oder eines Geliebten?). Das Klemmbrett, das am Putzwagen des Zimmermädchens im "Best Western Plus Hotel Bahnhof" in Schaffhausen hängt und auf dem die Namen der übrigen Gäste zu lesen sind (Monika Maron wohnt in Zimmer 23, Klaus Modick in der Nummer zwölf). Oder das "Drinking Water"-Schild am dünnrohrigen Wasserhahn im "BFSU Hotel" Peking: Unter dem Waschbecken entdeckt David Wagner dort mehrere hintereinandermontierte Behälter, Schläuche und einen Tank, die er als Wasserreinigungsanlage identifiziert. Ein Schildchen (überall Schilder!) besagt, die Reinigung erfolge durch Umkehrosmose. Er trinkt das Wasser trotzdem nicht. Aber er staunt weiter. Und das ist das Erstaunlichste an Wagners Buch "Ein Zimmer im Hotel", dass er sich trotz der so unterschiedlichen Hotelerfahrungen einen zugewandten, freundlichen Blick bewahrt hat. Wagner, man glaubt es ihm, liebt Hotels. Man glaubt es ihm sogar noch, als er im "Amber Hotel" in Hilden, wo das Teppichmuster Flecken tarnen soll, froh ist, seine Flipflops dabeizuhaben und diesen Teppichboden nicht mit nackten Füßen betreten zu müssen. Eine Übernachtung im Hotel, in London oder Paris, in New York oder Marrakesch, gehört zu den schönsten Geschenken. Für den, der nicht wegwill, reicht "Ein Zimmer im Hotel". Oder, noch schöner, man liest dieses Buch in den Hotels, die David Wagner beschreibt, und setzt seinen Eindrücken die eigenen entgegen. Der französische Schriftsteller Georges Perec hatte einmal vor, alle Ort zu beschreiben, an denen er geschlafen hat. David Wagner hat sich da lieber eingeschränkt. Hotels, in denen Kugelschreiber auf dem Zimmer liegen, seien eher nicht so gute, Hotels, in denen es Bleistifte gibt, eher bessere, sagt der Schriftsteller. Er muss es wissen.
Julia Encke
David Wagner: "Ein Zimmer im Hotel". Rowohlt, 128 Seiten, 18,95 Euro
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