Masterarbeit aus dem Jahr 2002 im Fachbereich Germanistik - Gattungen, Note: 1,0, University of Waterloo (Department of German), Sprache: Deutsch, Abstract: 1 Einleitung Wenn sich die Literaturwissenschafler in einem über Friedrich Dürrenmatt einig sind, dann wohl darin, dass er sich nicht fassen lässt. "Die Urteile über ihn spiegeln im allgemeinen Unbehagen, Ratlosigkeit, Mißverständnisse wider" (Oberle 10). Nur allzu oft glaubte man ihn schon als Zyniker, Nihilist, Kommunist, Moralist oder Humorist enttarnt zu haben, und Dürrenmatt tut in seinen theoretischen Schriften, Reden und Interviews ein Übriges, die allgemeine Verwirrung mit immer neuen widersprüchlichen Behauptungen zu schüren. Dabei behandelt er in allen seinen Werken dieselben Motive, so unter anderem das Groteske, Absurde und Paradoxe, die Gerechtigkeit, die Moral und die menschliche Hybris. Es mag gut sein, dass die Ratlosigkeit der Fachwelt darauf zurückzuführen ist, dass Dürrenmatt selbst keine feste Position bezieht, sondern vielmehr mit diesen Motiven spielt, sie in verschiedenen Konstellationen gegeneinander antreten lässt und vom Resultat bisweilen selber überrascht sein mag. Auf der anderen Seite herrscht in der Dürrenmatt-Forschung bereits Uneinigkeit, wenn es um die Definition von in diesem Kontext so wichtigen Begriffen wie "absurd", "paradox" und "grotesk" geht. Wenn sich Dürrenmatt entscheidet, Kriminalromane zu schreiben, dann wählt er damit ein Genre, das nicht minder komplex und verwirrungstiftend ist und mindestens ebensoviele widersprüchliche, ratlose und voreilige Meinungen provoziert hat wie er selbst. Bis heute liegt keine umfassende Gattungstheoretie vor und auch hier herrscht eine terminologische Unordnung: Begriffe wie Kriminalroman, Kriminalerzählung, Detektivroman, Verbrechensdichtung und Thriller werden mal als völlig verschiedene Gattungen, mal als verwandte Subgenres und mal als synonyme Bezeichnungen gebraucht. Wenn Dürrenmatt seinem dritten Kriminalroman, dem Versprechen, dann auch noch den Untertitel "Requiem auf den Kriminalroman" verpasst, drängt sich der Eindruck auf, er tue dies nur, um die germanistische Fachwelt zu verhöhnen. [...]