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Ein acht Jahre alter Junge erlebt erst in Sizilien, dann in der italienischen Hauptstadt die Schrecken des Zweiten Weltkrieges. Seine Erfahrungen mit deutschen Soldaten, die keineswegs nur negativ waren, eröffneten ihm einen Zugang zur deutschen Kultur, die sein ganzes Leben prägen sollte. Roberto Zapperi schildert den Zusammenprall zweier Welten, den Eindruck, den die technisch perfekten Deutschen in der vormodern geprägten Vorstellungswelt eines Jungen hinterließen, der in Catania, einer armen und provinziellen sizilianischen Stadt geboren wurde und dort aufwuchs; er führt uns über die…mehr

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Produktbeschreibung
Ein acht Jahre alter Junge erlebt erst in Sizilien, dann in der italienischen Hauptstadt die Schrecken des Zweiten Weltkrieges. Seine Erfahrungen mit deutschen Soldaten, die keineswegs nur negativ waren, eröffneten ihm einen Zugang zur deutschen Kultur, die sein ganzes Leben prägen sollte. Roberto Zapperi schildert den Zusammenprall zweier Welten, den Eindruck, den die technisch perfekten Deutschen in der vormodern geprägten Vorstellungswelt eines Jungen hinterließen, der in Catania, einer armen und provinziellen sizilianischen Stadt geboren wurde und dort aufwuchs; er führt uns über die Flucht von der Insel in die Toskana und dann ins von den Amerikanern bombardierte Rom. Seine Erlebnisse verschränken sich mit denen des immer verheerenderen Krieges und differenzieren seine ursprünglich uneingeschränkte Bewunderung für die deutschen Soldaten. Eine bewegende Geschichte, die das Leben einfacher Leute im Italien der 40er Jahre wiederaufleben lässt.


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Autorenporträt
Roberto Zapperi lebt als Privatgelehrter in Rom. Er war 1998 Fellow des Wissenschaftskollegs zu Berlin, 2001 Warburg-Professor in Hamburg und 2008 Gastprofessor an der ETH Zürich. Er ist Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 11.10.2011

Ein Turner kommt mit Telefon
Die Fremdheit zwischen Sizilien und dem übrigen Italien machte ihn zum Historiker:
Roberto Zapperi erzählt kritisch und bewegend von seiner Kindheit Von Gustav Seibt
Dem italienischen Historiker Roberto Zapperi verdanken die Deutschen eines der wichtigsten Bücher über Goethe: Es hat dessen römische Existenz unter einem Decknamen, seine Liebschaft mit einer Römerin, der berühmten „Faustina“, und den politischen Verdacht, unter dem der Vertraute eines kleinen deutschen Souveräns im Umkreis der Kurie lebte, zum ersten Mal nach allen Regeln der Geschichtswissenschaft, dabei fast detektivisch dokumentiert. So eindringlich interpretiert Zapperi auch die römische Kunst des Barock, die Porträtmalerei der Renaissance, die frühneuzeitliche Volkskultur, Leonardos Mona Lisa: immer mit Blick auf reale historische Umstände, Machtinteressen, kirchliche Zensur, versteckte Motive.
Heute ist der 1932 geborene Zapperi, der sich nach langen Jahren bei der italienischen Nationalbiographie (dem „Dizionario Biografico degli Italiani“), als „Privatgelehrten“ bezeichnet, in Deutschland berühmter und anerkannter als in seiner italienischen Heimat, wo wissenschaftlicher Ruhm oft mit Vernetzung in einem hierarchisierten Betrieb und starkem Meinungsdruck erkauft wird. Dies dankt Zapperi auch seiner deutschen Frau, der ebenfalls hochgelehrten Ingeborg Walter, einer Schülerin des Mediävisten Percy Ernst Schramm, die alle seine Bücher in ein makelloses Deutsch übersetzt. So darf man diesen eigenwilligen Geist zur Hälfte einen deutschen gelehrten Schriftsteller nennen.
Aber Zapperi ist Sizilianer, er wurde 1932 in Catania als Sohn eines kleinen Kaufmanns geboren. Wie wird man an einem so fernen Ort zu einem Deutschland so zugewandten Geist? Die „italienische Kindheit“, die Zapperi jetzt kurz vor seinem achtzigsten Geburtstag vorlegt, erzählt dazu eine verschlungene und bewegende Geschichte, wiederum mit allen Künsten kritischer Historie, nur dass der Verfasser sich sein eigenes Leben mit solcher Methodik vornimmt. Der erste Deutsche, den der kleine Roberto als knapp Zehnjähriger kennenlernt, ist ein Soldat, der in seinem Elternhaus eine Telefonleitung zu einer nahen Kommandostation verlegt. Mit athletischem Schwung hat er sich auf den Balkon gehievt und ist, dabei nicht gewaltsam oder unfreundlich vorgehend – noch waren Deutschland und Italien verbündet –, in die Wohnung eingedrungen, stark wie ein Außerirdischer.
In der trägen, von den archaischen Überlieferungen eines nie überwundenen Lehenssystems geprägten sizilianischen Gesellschaft verkörperten diese Fremden den Geist von Ordnung und Ernsthaftigkeit; und diese Faszination haben sie für den jungen Zapperi bis zum Kriegsende nicht verloren, umso weniger, als die so viel weniger zackigen britisch-amerikanischen Alliierten durch Luftangriffe, denen 1944 Zapperis Bruder in Rom zum Opfer fiel, bei der Zivilbevölkerung Schrecken verbreiteten. Zapperi erzählt die Geschichte seiner Familie im Krieg als Überlebenskampf und Flucht, erst vor den Luftangriffen auf Catania, vor denen sie ins toskanische Lucca auswich, dann vor den Wirren des 1943 nach dem Sturz Mussolinis ausgebrochenen deutsch-italienischen Krieges. Dabei entsteht nicht nur ein Bild der tiefen Zerrissenheit Italiens – kaum glaubte man im selben Land zu sein, so unterschiedlich waren Sprache und Sitten in Sizilien, Toscana und Rom – sondern auch die Kriegserfahrung eines klugen, frühreifen Kindes vor den Augen des Lesers. Vor allem das Kapitel über Rom 1944 ist farbig und aufregend.
Es sind die Fremderfahrungen zwischen Sizilien und dem übrigen Italien, die Zapperi zum Historiker machten, wenn auch auf Umwegen. Zu diesem Bildungsweg gehören auch die Enttäuschung und Wiederversöhnung mit Deutschland und den Deutschen. Dabei ist von heute aus besonders interessant, wie lange es selbst in Italien brauchte, bis die Verbrechen und Gräuel der Deutschen ins allgemeine Bewusstsein gelangten und dort die Stellung gewannen, die sie heute für die historische Reflexion haben. Der junge Zapperi, der als Kind die disziplinierten deutschen Soldaten so bewundert hatte, musste lernen, dass sie nicht nur die italienische Zivilbevölkerung mit brutaler Gewalt überzogen hatten, sondern auch für Abtransport und Vernichtung Tausender italienischer Juden, ja für den Holocaust verantwortlich waren. Dabei kam Zapperi nicht aus einer faschistischen Familie, sein Vater hatte sozialistische Neigungen, die Familie der Mutter hing noch einer von magischen Zügen geprägten Volkskultur an. Hier waren also keine politischen Befangenheiten abzuarbeiten.
Als Student in der Nachkriegszeit erlebte Zapperi auch noch den letzten Nachhall des durch die deutschen Verbrechen dann ausgelöschten unermesslichen Einflusses vor allem der deutschen Geschichtswissenschaft in Italien. Federico Chabod, einer seiner Lehrer, hielt ihn zur Lektüre von Ranke und Meinecke an, und so wurde das Erlernen des Deutschen zu einer intellektuellen Pflicht, in dieser italienischen Generation übrigens zum letzten Mal. Dabei lernte Zapperi, nicht zuletzt durch seine spätere Frau, wieder ein anderes Deutschland kennen, er vermochte es, die deutschen Verbrechen in einen größeren Zusammenhang der Kriegsgeschichte einzuordnen.
Das Buch, das mit Reminiszenzen an Goethe und Heine durchzogen ist, schließt also doch mit einem Dank an das heutige Deutschland, das Zapperi Autorenerfolge, Gastprofessuren und eine Akademiemitgliedschaft bescherte, vor allem aber Verlage, die eine lange Reihe wundervoller Bücher von ihm herausbrachten, die es oft auf Italienisch gar nicht gibt. Die Gewinner sind also am Ende doch wieder die Deutschen.
Roberto Zapperi
Eine italienische Kindheit
Aus dem Italienischen von Ingeborg Walter. Verlag C.H. Beck, München 2011. 176 Seiten, 19,95 Euro.
Zu diesem Bildungsweg
gehörten Enttäuschung und
Versöhnung mit den Deutschen
Roberto Zapperi ist heute in Deutschland berühmter als in
Italien. Foto: Alessandra Schellnegger
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Gustav Seibt ist gerührt. Der italienische Historiker Roberto Zapperi ist in Deutschland noch berühmter als in Italien. Das liegt nicht zuletzt an seinem großen Interesse für Deutschland - er hat "eines der wichtigsten Bücher über Goethe" geschrieben, so Seibt. In "Eine italienische Kindheit" erzählt Zapperi, wie es zu diesem Interesse für Deutschland kam: Schuld war ein deutscher Soldat, der sich mit "athletischem Schwung" den Balkon des Elternhauses hievte, um eine Telefonleitung zu verlegen. Grazie und Ordnungssinn - diese Kombination hat Zapperi offenbar nie vergessen. Er musste erst lernen, so Seibt, dass sich die Deutschen während des Zweiten Weltkriegs in Italien auch unglaublich brutal verhielten. Dann wiederum lernte Zapperi an der Universität deutsche Historiker wie Ranke kennen. Seibt lobt vor allem das Kapitel über Rom im Jahr 1944. Für die Deutschen, meint er, ist Zapperi ein Gewinn.

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