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Die Geschichte der Reichspogromnacht wurde bereits wenige Wochen nach dem 9. November 1938 von dem Journalisten Konrad Heiden akribisch aufgezeichnet. Heiden hatte den Aufstieg des Nationalsozialismus seit seinen Anfängen in München beobachtet und in mehreren Büchern beschrieben. In Paris erreichten den Exilanten die ersten Augenzeugenberichte von den Ereignissen in Deutschland. Er erkannte sofort die Bedeutung der Eskalation der Gewalt und verfasste den zeitgenössischen Bericht "Eine Nacht im November 1938", der 1939 in England unter dem Titel "The New Inquisition" erschien. Sein Text, der…mehr

Produktbeschreibung
Die Geschichte der Reichspogromnacht wurde bereits wenige Wochen nach dem 9. November 1938 von dem Journalisten Konrad Heiden akribisch aufgezeichnet. Heiden hatte den Aufstieg des Nationalsozialismus seit seinen Anfängen in München beobachtet und in mehreren Büchern beschrieben. In Paris erreichten den Exilanten die ersten Augenzeugenberichte von den Ereignissen in Deutschland. Er erkannte sofort die Bedeutung der Eskalation der Gewalt und verfasste den zeitgenössischen Bericht "Eine Nacht im November 1938", der 1939 in England unter dem Titel "The New Inquisition" erschien. Sein Text, der nun nach 75 Jahren erstmals auf Deutsch publiziert wird, ist einer der frühesten Versuche einer einordnenden Gesamtdarstellung des "Zivilisationsbruchs" Reichspogromnacht. Scharfsinnig beschreibt Heiden mit bisweilen bissiger Ironie die Rassenideologie der Nationalsozialisten. Mit Hilfe zahlreicher Berichte von jüdischen Augenzeugen und gestützt auf Zeitungsartikel der NS-Propaganda und der freien Welt schildert er die Vorgeschichte und die mörderischen Ereignisse jener Nacht, die schon für die Zeitgenossen einen entscheidenden Wendepunkt in der Verfolgung der Juden darstellten.

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Autorenporträt
Konrad Heiden (1901 -1966) war Journalist in München, wo er seit den frühen zwanziger Jahren den Aufstieg Hitlers und der NSDAP kritisch beobachtete. 1933 floh Heiden ins Exil. Er lebte lange in Frankreich, bevor er sich 1940 in die USA retten konnte. Heiden hat mehrere Bücher über den Nationalsozialismus und das "Dritte Reich" veröffentlicht, bekannt wurde er vor allem durch seine erfolgreiche Hitler-Biographie 1936/37. Sascha Feuchert, geb. 1971, ist Leiter der Arbeitsstelle Holocaustliteratur an der Justus-Liebig-Universität Gießen und Honorarprofessor für "German Literature" an der Eastern Michigan University, Michigan (USA). Er leitet das Literarische Zentrum in Gießen und ist Vizepräsident des deutschen P.E.N. Markus Roth, geb. 1972, studierte Germanistik, Westslawische Philologie sowie Neuere und Neueste Geschichte in Münster. Er ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Justus-Liebig-Universität Gießen und stellvertretender Leiter der Arbeitsstelle Holocaustliteratur. Veröffentlichung u.a.: Theater nach Auschwitz. George Taboris "Die Kannibalen" im Kontext der Holocaust-Debatten (2003). Christiane Weber, geb. 1984, ist Literaturwissenschaftlerin und Historikerin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.11.2013

Konrad Heiden als Zeuge des Pogroms

Als der deutsch-polnische Jude Herschel Grynszpan den deutschen Botschaftssekretär Ernst von Rath am 7. November 1938 in Paris niederschoss, konnte er nicht ahnen, dass diese Verzweiflungstat von den Nationalsozialisten als Vorwand benutzt werden würde, um einen lange geplanten mörderischen Furor gegen die deutschen Juden zu entfachen. In dem als Reichspogromnacht in die Geschichtsbücher eingegangenen Terror der Nacht des 9. auf den 10. November 1938 wurde eine neue Qualität der antisemitischen Verfolgungspraxis sichtbar. Die Zahl der ermordeten, misshandelten und deportierten Opfer, die zerstörten Synagogen und geraubten Kunstschätze bedeuteten eine neue Stufe der völkischen Rassenpolitik: "Ausschaltung" der Juden aus dem öffentlichen Leben musste von nun an auch in der tödlichen Dimension des Begriffs verstanden werden.

Einer, der diese Systematik des staatlich gelenkten antijüdischen Pogroms erkannt hatte, war der Journalist Konrad Heiden. Im französischen Exil schrieb er innerhalb weniger Wochen nach den Ereignissen der Pogromnacht eine umfassende Quellenstudie der antisemitischen Ausschreitungen. Der 1939 publizierte Bericht ist Chronologie und Analyse des Entrechtungsprozesses der Juden. Nun kann man ihn mit großer Verspätung erstmals auf Deutsch lesen (Konrad Heiden: "Eine Nacht im November 1938". Ein zeitgenössischer Bericht. Wallstein Verlag, Göttingen 2013. 192 S., geb., 19,90 [Euro]).

Für Heiden war klar, dass der Terror jener Nacht nicht unabhängig von dem größeren Kontext politischer Programmatik betrachtet werden konnte, der die antisemitischen Aktionen und Gesetze seit der Machtübergabe an die Nazis 1933 bestimmte. Freilich war es kein Zufall, dass ihm frühzeitig das Ausmaß des Werks der "hochzivilisierten Barbaren" bewusst war: Heiden galt als intimer Kenner der Nazi-Bewegung, hatte die erste, weltweit beachtete Hitler-Biographie verfasst und den Aufstieg der NSDAP mit zahlreichen Interventionen begleitet.

Seine Untersuchung füllt eine Lücke, die viele seiner Zeitgenossen in ihren Abhandlungen über den NS-Staat offengelassen haben: die zentrale Stellung der antisemitischen Weltanschauung im Nationalsozialismus. Zudem schildert er eindrucksvoll die Zunahme des Terrors, belegt durch zahlreiche Augenzeugenberichte jüdischer Flüchtlinge. Besonders die auf die Nacht des 9. November folgenden Tage ließen Heiden konstatieren, dass von den Nationalsozialisten "ein Massenmord gewünscht wird".

OLIVER MARUSCZYK

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Klaus Hillenbrand begrüßt Konrad Heidens Buch über die Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938, das nun erstmals in einer deutschen Ausgabe vorliegt. Er kennt kaum einen "wortgewaltigeren, exakteren und entschiedeneren" Gegner der Nazis als den heute weitgehend vergessenen Autor, der unter anderem eine der ersten Biografien über Hitler verfasst hatte, die 1935 in Zürich erscheinen konnte. Das 1939/40 in englischer, französischer und schwedischer Sprache erschienene Buch "Eine Nacht im November 1938" ist für Hillenbrand eines der bedeutendsten Werke des 1966 im Exil verstorbenen Heiden. Er würdigt das Buch, das zahlreiche Augenzeugenberichte von Opfern des 9./10. November 1938 versammelt, als eindringliches und beklemmendes "Dokument der Nazibarbarei", des Leidens der deutschen Juden und des Wegsehens ihrer Nachbarn.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Jetzt endlich, zum 75. Erinnerungstag an die Pogromnacht, ist dieses entsetzlich drastische und niederschmetternde Büchlein (...) erstmals in Konrad Heidens Sprache lesbar.« (Helmut Lölhöffel, Süddeutsche Zeitung, 05.11.2013)