Sarah konnte mich mit ihrer Geschichte sehr überzeugen. Ihr Schreibstil allem voran. Ich stieß immer wieder auf wunderschöne Vergleiche, die unglaublich präzise den Gefühlszustand der Protagonistin beschreiben. Denn darum geht es maßgeblich in „Einmal im Jahr für immer“: Um die Gefühle von Amelie
Red, die um ihren verstorbenen Mann Math trauert. Und es geht um die Frage, wie sie damit umgeht, wie…mehrSarah konnte mich mit ihrer Geschichte sehr überzeugen. Ihr Schreibstil allem voran. Ich stieß immer wieder auf wunderschöne Vergleiche, die unglaublich präzise den Gefühlszustand der Protagonistin beschreiben. Denn darum geht es maßgeblich in „Einmal im Jahr für immer“: Um die Gefühle von Amelie Red, die um ihren verstorbenen Mann Math trauert. Und es geht um die Frage, wie sie damit umgeht, wie und ob sie es überhaupt verkraften kann, ihn verloren zu haben.
Sarah Ricchizzi hat damit ein Thema aufgegriffen, das sie persönlich bereits seit langem sehr nachdenklich macht. Was passiert mit dem eigentlich, wenn ein geliebter Mensch stirbt und man selbst zurückbleibt. Was macht das mit einem? Mit dem Leben, das man führte? Kann man einfach so weitermachen? Kann man vergessen? Darf man überhaupt vergessen? Wird dieses lähmende Gefühl der Trauer jemals nachlassen? Wie kann man den Verlust akzeptieren, ohne selbst völlig daran zu zerbrechen? Sarah macht in ihrem Roman etwas, das ich in der Form noch nicht gelesen habe: Sie konzentriert sich einzig und allein darauf, wie es sich für Amelie anfühlt, ihren Math zu verlieren. Es ist eine äußerst konzentrierte Beobachtung eines Trauerprozesses.
Dabei geht sie aber auch anderen Fragen nach. Schuldgefühlen zum Beispiel. „Einmal im Jahr für immer“ widmet sich dem gesamten Gefühlschaos von Amelie Red und hat mir dabei des Öfteren die Tränen in die Augen getrieben – vor allem auf den letzten Seiten. Im Kontrast dazu steht der Clown, der sie in dieser Phase ihres Lebens herausfordert und sie zurück ins Leben drängt. Doch der Clown ist viel mehr als nur ein Mittel zum Zweck, denn auch er hat seine eigene Geschichte.
Sarah Ricchizzi hat ihre Charaktere sehr vielschichtig angelegt. Ich konnte mich in jeden von ihnen einfühlen, am meisten aber tatsächlich in den Clown. Anfangs weiß man nichts über ihn, doch Stück für Stück kommt mehr über seine eigene Vergangenheit und seine Verbindung zu Math ans Licht. Amelie war mir bisweilen etwas zu passiv. Das ist jedoch nur mein persönliches Empfinden. Sicherlich ist das auch der Tatsache zu schulden, dass Amelie nach dem Tod ihres Mannes nicht arbeiten muss. Sie hatte auch vor seinem Tod nicht mehr gearbeitet, da sie über ein ansehnliches Vermögen verfügen. Dieser Umstand war für mich sehr ungewohnt, da Amelie nicht gezwungen ist, sich mit dem Alltag auseinanderzusetzen. Sie MUSS nicht weitermachen und ihre Trauer verdrängen. Sie kann sich gehen lassen.
Bisweilen war es mir daher etwas zu viel des „sich gehen lassens“. Dies äußert sich auch darin, dass Amelie häufig sehr ähnliche Gedanken durch den Kopf gehen, dass sie immer wieder in dieselbe Gedankenspirale gerät. Ich hätte Amelie manchmal am liebsten kräftig geschüttelt, um sie aus ihrer Lethargie zu reißen. Doch abgesehen davon war ich von „Einmal im Jahr für immer“ vollkommen gefesselt. Und es gab ja immerhin noch den Clown, der diesen Part des „Schüttelns“ des Öfteren übernahm. Der Aufbau der Geschichte ist perfekt, die Entwicklung der Charaktere absolut realistisch und einfühlsam beschrieben. Am meisten beeindruckt hat mich aber das Ende, mit dem sich der Roman noch einmal deutlich von anderen seiner Art abgrenzt.
Fazit
Sarah Ricchizzi hat mit „Einmal im Jahr für immer“ eine sehr emotionale und tiefgründige Geschichte über das Sterben, Verlust, Trauer und Depression geschrieben. Voller Intensität und wundersamen und bisweilen kuriosen Begegnungen, Erlebnissen und Wendungen, doch immer mit starkem Bezug zur Realität. Für mich fehlten lediglich ein wenig die alltäglichen Herausforderungen, wie Beruf und Familie, doch dies hat die Autorin mit voller Absicht so eingerichtet. Die Charaktere sind lebensnah und insbesondere der Clown ganz stark in seiner Entwicklung. Mich hat Sarah Ricchizzi sehr berührt und ich kann dieses Buch nur jedem empfehlen, der gefühlvolle Geschichten mag. Danke, Sarah, dass ich dein Buch lesen durfte!