Obgleich die Kinetik von Elektrodenprozessen ein bekanntes Gebiet der Elektrochemie und der physikalischen Chemie ist, lag über dieses Wissensgebiet weder in Deutschland noch im Ausland ein zusammen fassendes Buch vor. Die Lehrbücher der Elektrochemie oder der physi kalischen Chemie widmen der mit der Überspannung verbundenen Kinetik von Elektrodenprozessen meist nur wenige Seiten oder sogar nur wenige Zeilen. Eine Ausnahme macht bisher nur die letzte (2. ) Auf lage des "Lehrbuchs der Elektrochemie" von KoBTÜM, in der dieses Gebiet ausführlicher und nach modernen Gesichtspunkten behandelt wird. Im allgemeinen wird die Ausbildung von Potentialdifferenzen in elektrolytischen Zellen fast ausschließlich auf thermodynamischer Grundlage besprochen. Dieser Standpunkt erscheint unhaltbar, denn er entspricht del' Behandlung chemischer Reaktionen nur mit Hilfe des Massenwirkungsgesetzes. Als Ursache hierfür ist die oft noch übliche, stark veraltete und daher sehr unbefriedigende Konzeption der Elek trodenkinetik anzusehen. Damit dürfte auch zusammenhängen, daß sogar vielen Physikochemikern die Elektrochemie als ein sehr undurch sichtiges Wissensgebiet erscheint. Die elektrochemische Kinetik hat mit Beginn unseres Jahrhunderts wesentliche Impulse durch die Arbeiten von TAFEL und später von BuTLER, V OLMEB und FBUMKIN mit seinen Mitarbeitern erhalten. Diese sehr wichtigen Untersuchungen wurden jedoch fast nur an der Wasser stoffelektrode durchgeführt. Eine allgemeine Kinetik der Elektroden prozesse wurde im wesentlichen erst im letzten Jahrzehnt entwickelt. Heute kann, wenn von der Kristallisationsüberspannung abgesehen wird, von einer gewissen Abrundung unseres Wissens gesprochen werden. Wegen der schnellen Weiterentwicklung unserer Kenntnisse ist der hier behandelte Stoff allerdings nur als Grundlage anzusehen.
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