Studienarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,3, Universität Münster, Sprache: Deutsch, Abstract: Sowohl bei Lessing als auch bei Schiller erkennt man die überragende Bedeutung der Familie als Ort und Bezugspunkt des Dramas. Die Ideologie der Familie als Liebes- und Vertrauensverhältnis, als Maßstab für Stabilität und Harmonie. Auffallend ist jedoch, dass in den jeweiligen Dramen die Mittelpunktstellung der Mutter und der Ehefrau innerhalb der Familie fehlt. Beide Familien werden von dem Vater dominiert. Die Familie Galotti stellt keine ideale Familie dar, da Odoardo Galotti allein auf dem Land wohnt und somit seine Frau Claudia und seine Tochter Emilia allein in der Residenzstadt zurücklässt, die er damit den Gefahren des Hofes aussetzt. Odoardo Galotti schwankt zwischen Herrschaft und Liebe zu seiner Tochter, und erträumt sich eine ideale Familiengemeinschaft. Diese sieht er für seine Tochter verwirklicht, wenn Emilia mit Appiani in „Unschuld und Ruhe“ fern vom Hofe in dessen „väterlichen Tälern“ leben soll (II, 4; S.25). Aber andererseits entspricht er selbst kaum diesem Ideal eines auf Liebe und Empfindung eingestellten Vaters, denn die Gefühlswelt bleibt ihm weitgehend verschlossen: „Weinen konnt’ ich nie!“ (V, 2; S. 75). Odoardo ist geprägt von Misstrauen und Sorge um Emilia. Seine Sorge und die damit verbundene innere Unruhe versucht er vor Claudia nicht zu zeigen, da er seine Autorität bewahren möchte. Emilia geht allein in die Kirche, was Misstrauen beim Vater auslöst, denn „Einer ist genug zu einem Fehltritt!“ (II, 2; S.22). Trotzdem erkundigt er sich nur beiläufig: „Wo ist Emilia?“ (II, 2; S.21) und beantwortet die besorgte Frage selbst mit einer scheinbar einleuchtenden Aussage: „Unstreitig beschäftigt mit dem Putze? -“ (II, 2; S.21). Emilia ist ein bürgerliches Mädchen, dessen Erfahrungshorizont durch die strenge Erziehung und Religiosität bestimmt ist. Ihre Hochachtung vor dem Adel und somit vor dem Prinzen ist tief sitzend, so dass sie nicht einmal einen verächtlichen Blick wagt, als der Prinz sie in der Kirche aufsucht. Sie ist völlig verstört und kommt erst wieder zur Besinnung, als sie sich in der Sicherheit der gewohnten Umgebung weiß, in ihrem Elternhaus. Emilia ist verwirrt nach ihrem Besuch in der Kirche. „Ausgerechnetam Tage der Hochzeit fühlt sie Zuneigung zu einem anderen Mann, dieses ausgerechnet in der Kirche (dem Symbolort für Keuschheit und Reinheit in der Glaubenskonzentration) und ausgerechnet bezogen auf jenen Mann, der als Inkarnation der Verwerflichkeit als Liebhaber und Regent steht. [...]