Wie Entscheidungen autobiografiefähig werden, zeigt Sarah Alice Nienhaus in ihrer archivbasierten Studie. Autobiografien gelten als das Produkt einer spontanen Erinnerungsleistung. Doch: Der Blick in die Entstehungskontexte überrascht und destabilisiert diese wirkmächtige Vorstellung nachhaltig. Sarah Alice Nienhaus zeigt anhand materialreicher Analysen, wie Fanny Lewald-Stahr, Paul Heyse und Arthur Schnitzler die Archivwürdigkeit ihres zukünftigen Nachlasses gezielt vorbereiteten und an einer ausgeklügelten Erinnerungspolitik arbeiteten. Statt in Schreibklausur einen nostalgischen Rückblick auf Papier zu bannen, brachten sie ihr »Privatarchiv« in nachweltfähige Form. Werk- und Nachlassentscheidungen knüpften sie an lebenslaufkonstitutive Entscheidungsprozesse, indem sie bislang unter Verschluss gehaltene Schriftstücke publizierten. Dieses präventive Publikationsverfahren verweist auf archivarische, editorische sowie kuratorische Expertisen, die gemeinsam eine Professionalisierung des Schriftstellerberufs dokumentieren. Die Studie erweitert die theorieaffine Autobiografieforschung um eine praxissensible Perspektive, da sie den Erkenntniswert zwischen Autobiografie und Archiv erstmals systematisch auslotet.
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